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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 9.1914

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Meyer, Theodor A.: Die Persönlichkeit des Künstlers im Kunstwerk und ihre ästhetische Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.3043#0053

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III.

Die Persönlichkeit des Künstlers im Kunstwerk
und ihre ästhetische Bedeutung1).

Von
Theodor A. Meyer.

Zwei Erscheinungen der modernen Kunstentwicklung haben auf
das ästhetische Denken der Gegenwart einen besonders tiefgehenden
Einfluß ausgeübt: die l'art-pour-l'art-Ma\erei, wie sie sich in Frank-
reich gebildet hat und durch begeisterte Apostel auch in Deutschland
als die einzige der Gegenwart würdige Kunst verkündet worden ist, und
die zunehmende Vorliebe für die Wiedergabe häßlicher Gegenstände.
Hatte früher der Künstler Stoffe von möglichst tiefem Gehalt zu
wählen gesucht, so sah man sich nun einer Fülle von Bildwerken
gegenüber, die es mit unverkennbarer Deutlichkeit aussprachen, daß
sie mit ihrem Gegenstand nichts, aber auch gar nichts besagen wollten,
daß es ihnen einzig und allein um die Darstellung zu tun sei; und
wenn zu anderen Zeiten die Kunst häßlichen Vorwürfen aus dem
Wege ging, so wurden nun die Künstler immer zahlreicher, die vor
der Abbildung auch des Häßlichsten nicht zurückschreckten, sei es,
daß auch das Häßlichste noch ihre Teilnahme erweckte, oder daß
ihnen bei einem lediglich auf die Darstellung gerichteten Streben der
Gegenstand gleichgültig geworden war.

Diese umfassende Verwendung des Nichtigen und des Häßlichen
hat die alte Inhaltsästhetik, die auch noch heute so erfolgreiche Ver-
treter wie Lipps und Volkelt hat, ins Gedränge gebracht. Wie will
man angesichts der Artistenkunst und der Nichtigkeit ihrer Gegen-
stände den Grundgedanken der Inhaltsästhetik aufrecht erhalten, daß
uns die Kunst in den von ihr wiedergegebenen Stoffen einen erleb-
baren geistigen Inhalt vermittelt? Und die Bevorzugung des Häßlichen
in der Kunst der Gegenwart bedroht die weitere Lehre, die sich ge-
wöhnlich an jenen Grundgedanken anschließt, die Lehre, daß sich
dieser Inhalt von anderen geistigen Inhalten unseres Bewußtseins da-
durch unterscheide, daß er schön sei. Die alte Methode der Inhalts-

') Vortrag, gehalten auf dem Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunstwissen-
schaft.
 
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