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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 9.1914

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Doehlemann, Karl: Über dekorative Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.3043#0397

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ÜBER DEKORATIVE MALEREI. 391

fläche anzusehen. Die Begrenzung des Raumes tritt dann aber schein-
bar ebensoviel hinter die vordere Pfeilerfläche zurück, wie diese eigent-
lich vor der Wandfläche gedacht ist. Die Wand wird für unsere
Vorstellung zurückgeschoben: wir haben den Eindruck einer Vergröße-
rung des Raumes. Derartige Wandmalereien treten schon in den
pompejanischen Zimmern auf, die infolge ihrer Kleinheit eine gewisse
Vergrößerung allerdings gut vertragen konnten.

Fast überflüssig scheint es zu bemerken, daß natürlich auf der
gleichen Wand die verschiedenen Systeme der Malerei nebeneinander
zur Verwendung kommen können. So zeigt z. B. die Wand des
Palazzo Labia (Abb. 1) außer der illusionistischen Malerei in der Mitte
auch gleichzeitig in den Portalen, Pilastern und Gesimsen plastische
Malerei in üppigster Verwendung. Endlich könnte man einwenden,
daß es uns gleichgültig sein kann, wo die Bildebene zu denken ist.
In der Tat weiß jeder Praktiker, daß man bei der Darstellung eines
Objektes die Bildebene oft ganz beliebig wählt, so daß sie das Objekt
durchschneidet. In dem schließlichen Bild spielt sie gar keine Rolle
mehr. Aber bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich speziell
um Wandmalerei: wir haben also eine ganz bestimmte, feste Ebene
vor uns, und die Forderung nach räumlicher Klarheit bedingt es dann,
daß wir alle Objekte in ihrer Lagenbeziehung gegen die Wandfläche
uns klar vorstellen müssen. Die Klarheit der räumlichen Anordnung
ist in diesem Falle ein wesentlicher Bestandteil der Schönheit der
Darstellung.
 
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