dramen betrifft, so hüte man sich Folgerungen im Sinne eines politi-
schen Systems aus ihnen zu ziehen. Shakespeare verlangte es ebenso-
wenig nach einer politischen Harmonie wie nach einer kosmischen.
Die Disharmonie, die Zwiespältigkeit zu ertragen war er
hier wie dort stark genug. Sein Weltbild war ein kriegerisches, Leiden-
schaften in zu kleinen Raum gepfercht und nun voll Wut ineinander
verbissen, Wille gegen Willen, Macht gegen Macht, Anspruch gegen
Anspruch. Gesetze und politische Maximen sind für die Alltäglichkeit
da. Wo aber, unberechenbar, in den Jahrhunderten ein solcher Mann
aufsteigt, da macht er sich selbst das Gesetz. Die Einzigkeit ihres
Daseins gibt seinen einzigen Menschen recht. »Ob Rom im Tiber
schmilzt, die weite Halle Des Reichs aus Fugen fällt: hier ist mein
Raum. Länder sind Lehm, und unsre kotige Erde Nährt Tier wie
Menschen gleich. Des Lebens Adel Ist, so tun: wenn solch beider-
seitig Paar Und solche Zwei es tun, worin — die Welt Mach ich bei
Strafe haftbar, dies zu wissen — Wir ohnegleichen stehn.« In dieser
Einzigkeit liegt der Sinn ihres Daseins: sich durchsetzen, das Bewußt-
sein ihrer Größe und ihrer Macht zum Ausdruck bringen, dem unver-
söhnlichen Gegensatz des Einzelnen und der Allgemeinheit zum Trotz
auf Kosten tausendfältigen schwächeren Lebens und des endlichen
eigenen Untergangs. Die Erkenntnis von der Nichtigkeit irdischer
Größe mag sie überkommen, wie Macbeth nach dem Untergang der
Königin:
»Das Leben Ist nur ein wandelnd Schemen, bloß ein Mime,
Der stelzt und knirscht sein Stündchen auf der Bühne Und wird
nicht mehr gehört ... ist eine Mär, Die ein Verrückter bringt, voll
Schall und Wut, Doch sie bedeutet nichts.«
Hamlet steigt wieder auf. Aber der Tod, zu dem sich Macbeth
und Richard III., Othello und Antonius, die selbstmörderische Wut
Timons und der Aufschrei von Coriolans verletztem Ehrgeiz aufraffen,
ist kein Bereitsein, sondern gewaltig und heldenhaft, kein Kreuzestod,
sondern ein Tod in Waffen, ein wildes zügelloses Begehren und Be-
jahen des Lebens bis zum letzten Atemzug und bis zur Selbstver-
nichtung.
In Versöhnung klingen die Heldendramen aus. Liegt der Riese
gefällt am Boden, dann beugt sich Freund und Gegner vor der
Majestät.
»Wir Jüngern werden nie so viel erleben.« — »Schaut traurig
Freunde, Die Götter strafen mich, ist dies nicht Botschaft, Die Königs-
augen netzte.« — Aufidius: »Meine Wut ist hin. Ich bin vom Leid
getroffen.«
Die kleine Welt selbst ergreift die Trauer, wenn der Eber, den
schen Systems aus ihnen zu ziehen. Shakespeare verlangte es ebenso-
wenig nach einer politischen Harmonie wie nach einer kosmischen.
Die Disharmonie, die Zwiespältigkeit zu ertragen war er
hier wie dort stark genug. Sein Weltbild war ein kriegerisches, Leiden-
schaften in zu kleinen Raum gepfercht und nun voll Wut ineinander
verbissen, Wille gegen Willen, Macht gegen Macht, Anspruch gegen
Anspruch. Gesetze und politische Maximen sind für die Alltäglichkeit
da. Wo aber, unberechenbar, in den Jahrhunderten ein solcher Mann
aufsteigt, da macht er sich selbst das Gesetz. Die Einzigkeit ihres
Daseins gibt seinen einzigen Menschen recht. »Ob Rom im Tiber
schmilzt, die weite Halle Des Reichs aus Fugen fällt: hier ist mein
Raum. Länder sind Lehm, und unsre kotige Erde Nährt Tier wie
Menschen gleich. Des Lebens Adel Ist, so tun: wenn solch beider-
seitig Paar Und solche Zwei es tun, worin — die Welt Mach ich bei
Strafe haftbar, dies zu wissen — Wir ohnegleichen stehn.« In dieser
Einzigkeit liegt der Sinn ihres Daseins: sich durchsetzen, das Bewußt-
sein ihrer Größe und ihrer Macht zum Ausdruck bringen, dem unver-
söhnlichen Gegensatz des Einzelnen und der Allgemeinheit zum Trotz
auf Kosten tausendfältigen schwächeren Lebens und des endlichen
eigenen Untergangs. Die Erkenntnis von der Nichtigkeit irdischer
Größe mag sie überkommen, wie Macbeth nach dem Untergang der
Königin:
»Das Leben Ist nur ein wandelnd Schemen, bloß ein Mime,
Der stelzt und knirscht sein Stündchen auf der Bühne Und wird
nicht mehr gehört ... ist eine Mär, Die ein Verrückter bringt, voll
Schall und Wut, Doch sie bedeutet nichts.«
Hamlet steigt wieder auf. Aber der Tod, zu dem sich Macbeth
und Richard III., Othello und Antonius, die selbstmörderische Wut
Timons und der Aufschrei von Coriolans verletztem Ehrgeiz aufraffen,
ist kein Bereitsein, sondern gewaltig und heldenhaft, kein Kreuzestod,
sondern ein Tod in Waffen, ein wildes zügelloses Begehren und Be-
jahen des Lebens bis zum letzten Atemzug und bis zur Selbstver-
nichtung.
In Versöhnung klingen die Heldendramen aus. Liegt der Riese
gefällt am Boden, dann beugt sich Freund und Gegner vor der
Majestät.
»Wir Jüngern werden nie so viel erleben.« — »Schaut traurig
Freunde, Die Götter strafen mich, ist dies nicht Botschaft, Die Königs-
augen netzte.« — Aufidius: »Meine Wut ist hin. Ich bin vom Leid
getroffen.«
Die kleine Welt selbst ergreift die Trauer, wenn der Eber, den