ÜBER DEN GEGENWÄRTIGEN STAND D. EXPERIMENTELLEN ÄSTHETIK. 29
diese »umzuwandeln«. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß die
ästhetische Wertreihe sich verdoppeln und verdreifachen kann, da nicht
selten mehreren Objekten das gleiche ästhetische Wohlgefallen zuge-
schrieben wird. Durch Vergleichung der ästhetischen Wertreihen
mehrerer beziehungsweise zahlreicher Versuchspersonen kann man
weiterhin einerseits individuelle Unterschiede des ästhetischen Gefühls
ermitteln und anderseits — wenn die theoretischen Bedingungen
für eine Durchschnittsbildung erfüllt sind — eine Durch-
schnittsreihe für eine Gruppe oder Klasse von Individuen konstruieren.
Schließlich hat man neuerdings die Wahlmethode noch weiter modi-
fiziert, indem man auf jede unmittelbare Vergleichung verzichtete und
der Versuchsperson jeweils nur je ein Objekt der Reihe vorlegte, über
das sie ein sogenanntes »absolutes« ästhetisches Urteil abzugeben
hat1). Man stellt zu diesem Zweck der Versuchsperson eine Reihe
ästhetischer Prädikate zur Verfügung, z. B.: sehr schön, schön, gleich-
gültig, häßlich, sehr häßlich2). Auch diese Methode »der absoluten
Prädikate« kann bei sehr vorsichtiger Anwendung, wie z. B. die Ar-
beiten von Baker, Segal und anderen gelehrt haben, vertrauenswürdige
und interessante Resultate liefern; im allgemeinen ist sie jedoch nicht
so zuverlässig wie die graduelle Methode oder gar die Methode der
paarweisen Vergleichungen. Vor allem habe ich das Bedenken, daß
die sogenannten absoluten Prädikate von den verschiedenen Versuchs-
personen, ja vielleicht sogar von derselben Versuchsperson zu ver-
schiedenen Zeiten in wesentlich verschiedenem Sinn verwendet werden
und durch diese Fehlerquelle die Versuchsergebnisse ganz unvergleich-
bar werden. Auch dürfte es schwer sein, eine auch nur einigermaßen
einwandfreie Stufenleiter der Prädikate zu finden.
Einerlei, welche Wahlmethode verwendet wird, kann man oft aus
den Ergebnissen eine Kurve des ästhetischen Wohlgefallens für die
Vergleichung, daß sie — allerdings auf indirektem Weg — gleichfalls die Ermittlung
einer ästhetischen Reihe gestattet. Die Tatsache, daß die Versuchsperson selbst
dabei nicht die Bildung einer solchen Reihe beabsichtigt und auch nicht unmittel-
bar vornimmt, scheint mir nicht ausschlaggebend, um hierauf die Einteilung der
Methoden zu gründen. Auch ist das Wort »Reihenmethode« zweideutig, insofern
man sowohl an die Darbietung in Reihenform wie an die Umwandlung in
eine Reihe denken kann.
') Diese Methode ist wohl zuerst in Amerika von Major, Amer. Journ. of Psychol.
1895, Bd. 7, S. 57, verwendet worden.
2) Baker, Univ. of Toronto Stud. 1902, Bd. 2, S. 29, kommt sogar mit nur vier
Prädikaten aus: very pleasant, pleasant, indifferent und unpleasant. Anderseits läßt
Major auch die Prädikate nwderately pleasant und just pleasant beziehungsweise
unpleasant zu, und L. Martin {Amer. Journ. of Psychol. 1905, Bd. 16, S. 35) hat den
Versuchspersonen sogar 14 Urteile freigestellt, ein Verfahren, dessen Unzuträglich-
keiten schon Külpe hervorgehoben hat.
diese »umzuwandeln«. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß die
ästhetische Wertreihe sich verdoppeln und verdreifachen kann, da nicht
selten mehreren Objekten das gleiche ästhetische Wohlgefallen zuge-
schrieben wird. Durch Vergleichung der ästhetischen Wertreihen
mehrerer beziehungsweise zahlreicher Versuchspersonen kann man
weiterhin einerseits individuelle Unterschiede des ästhetischen Gefühls
ermitteln und anderseits — wenn die theoretischen Bedingungen
für eine Durchschnittsbildung erfüllt sind — eine Durch-
schnittsreihe für eine Gruppe oder Klasse von Individuen konstruieren.
Schließlich hat man neuerdings die Wahlmethode noch weiter modi-
fiziert, indem man auf jede unmittelbare Vergleichung verzichtete und
der Versuchsperson jeweils nur je ein Objekt der Reihe vorlegte, über
das sie ein sogenanntes »absolutes« ästhetisches Urteil abzugeben
hat1). Man stellt zu diesem Zweck der Versuchsperson eine Reihe
ästhetischer Prädikate zur Verfügung, z. B.: sehr schön, schön, gleich-
gültig, häßlich, sehr häßlich2). Auch diese Methode »der absoluten
Prädikate« kann bei sehr vorsichtiger Anwendung, wie z. B. die Ar-
beiten von Baker, Segal und anderen gelehrt haben, vertrauenswürdige
und interessante Resultate liefern; im allgemeinen ist sie jedoch nicht
so zuverlässig wie die graduelle Methode oder gar die Methode der
paarweisen Vergleichungen. Vor allem habe ich das Bedenken, daß
die sogenannten absoluten Prädikate von den verschiedenen Versuchs-
personen, ja vielleicht sogar von derselben Versuchsperson zu ver-
schiedenen Zeiten in wesentlich verschiedenem Sinn verwendet werden
und durch diese Fehlerquelle die Versuchsergebnisse ganz unvergleich-
bar werden. Auch dürfte es schwer sein, eine auch nur einigermaßen
einwandfreie Stufenleiter der Prädikate zu finden.
Einerlei, welche Wahlmethode verwendet wird, kann man oft aus
den Ergebnissen eine Kurve des ästhetischen Wohlgefallens für die
Vergleichung, daß sie — allerdings auf indirektem Weg — gleichfalls die Ermittlung
einer ästhetischen Reihe gestattet. Die Tatsache, daß die Versuchsperson selbst
dabei nicht die Bildung einer solchen Reihe beabsichtigt und auch nicht unmittel-
bar vornimmt, scheint mir nicht ausschlaggebend, um hierauf die Einteilung der
Methoden zu gründen. Auch ist das Wort »Reihenmethode« zweideutig, insofern
man sowohl an die Darbietung in Reihenform wie an die Umwandlung in
eine Reihe denken kann.
') Diese Methode ist wohl zuerst in Amerika von Major, Amer. Journ. of Psychol.
1895, Bd. 7, S. 57, verwendet worden.
2) Baker, Univ. of Toronto Stud. 1902, Bd. 2, S. 29, kommt sogar mit nur vier
Prädikaten aus: very pleasant, pleasant, indifferent und unpleasant. Anderseits läßt
Major auch die Prädikate nwderately pleasant und just pleasant beziehungsweise
unpleasant zu, und L. Martin {Amer. Journ. of Psychol. 1905, Bd. 16, S. 35) hat den
Versuchspersonen sogar 14 Urteile freigestellt, ein Verfahren, dessen Unzuträglich-
keiten schon Külpe hervorgehoben hat.