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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0360
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346

BESPRECHUNGEN.

Literaturgeschichte die Vielfältigkeit des Generationsproblems überzeugend heraus-
zuarbeiten, vor allem aber seine Bedeutung für die Literaturwissenschaft, die er
sehr hoch einschätzt.

„Das Problem einer vergleichenden Geschichte der Künste" beleuchtet der
nächste Aufsatz, der Fritz M e d i c u s zum Verfasser hat. Trotz der Titelfassung
liegt m. E. das Schwergewicht dieser Abhandlung nicht so sehr in ihren historischen
als vielmehr in ihren systematischen Ausführungen. M. sucht auf die viel-
umstrittene Frage nach der „ästhetischen Selbständigkeit der einzelnen Künste"
— nach Konrad Fiedler etwa gibt es „nicht eine Kunst im allgemeinen, sondern
nur Künste", nach Benedetto Croce ist die künstlerische Intuition „weder malerisch
noch dichterisch, auch nicht musikalisch und nicht architektonisch oder irgend
etwas dergleichen in seiner Vereinzelung, sondern alles dieses zusammen in un-
teilbarer Einheit" — eine kunstphilosophisch befriedigende Antwort. Vor allem
findet er da trotz aller Ähnlichkeiten und Vergleichbarkeiten den Gegensatz von
Kaum- und Zeitkunst unüberbrückbar und weiß hierfür, ungleich tiefergreifend
als angesichts der gleichen Frage seinerzeit Lessing, höchst treffende Beweis-
gründe beizubringen. In ihrem Wesensverhältnis zur Zeit ist es nach M. auch
begründet, daß „alle redende Kunst . . . aus dem Kampf um den Sinn der Wirk-
lichkeit geboren" ist. Aber „zwischen den redenden Künsten, den Künsten der
Zeit, bezeichnet es einen bemerkenswerten Unterschied, daß in der Musik (und
ähnlich in der Filmkunst), anders als in der Poesie, die Zeit selbst nicht gestaltet
werden kann". Und weiter: „in der Sprache der Worte wird der Ausdruck des
Erlebens (anders als in der Sprache der Töne und der Farben) begrifflich ein-
deutig und damit ein Mittel zur geistigen Herrschaft über das Dasein und selbst
über die Gesetze des Daseins". Es gelingt M., gerade aus den formalen Gattungs-
verschiedenheiten hier der bildenden, dort der redenden Künste wichtige Schlüsse
auch für ihre tiefsten Wesenszüge zu ziehen, etwa zu zeigen, daß „in den Werken
der bildenden Kunst . . . das Ringen um die Tiefe der Welt, das Ringen um
Gott, unmöglich vollen Ausdruck finden" könne. Für eine, wie die Überschrift sagt,
vergleichende Geschichte der Künste sind in M.s Ausführungen wichtig vor allem
die Bemerkungen über den Wechsel der künstlerischen Formmöglichkeiten der ver-
schiedenen Künste im Ablauf der Kulturentwicklung, dann aber die Betonung der
Tatsache, daß an der „das gemeine Dasein transzendierenden Wirklichkeitserfassung
die Künste nicht nur, wie schon bemerkt, überhaupt ihrem Wesen nach verschieden,
sondern auch jede für sich zu verschiedenen Zeiten wiederum verschieden teil-
nehmen". Von der Kunst als solcher aber, deren Wesen nach M.s feiner Bemerkung
sowohl Loslösung von der Wirklichkeit als auch Offenbarung der Wirklichkeit be-
deutet, gilt ihm, systematische und historische Ansicht vereinend: „in den großen
Kunstwerken spricht sich das Letzte, das Umfassendste aus, was eine Kultur-
gemeinschaft zu einer bestimmten Zeit von der Wirklichkeit zu erleben ver-
mocht hat".

Es gibt den Werken der Dichtkunst wie überhaupt allen Kunstwerken gegen-
über vielfältige Einstellungsmöglichkeiten; und viele Mißdeutungen und Mißver-
ständnisse in der Kunstbeurteilung entstehen aus einem Durcheinanderwerfen dieser
verschiedenen Ansichten und Wertungsweisen, die zwar jede für sich möglich und
berechtigt, aber nicht zu mehreren in einem Urteilsakt zu vereinen sind. Robert
P e t s c h grenzt in seinem Aufsatz „Die Analyse des Dichtwerks" diese ab gegen
andere Betrachtungsweisen desselben, etwa Kritik, schulmäßige Inhaltsangabe, Ein-
ordnung in bestimmte inhaltliche oder formale Gruppen, biographische oder sonst
irgendwie historische, stoff-, geistes-, formgeschichtliche „Erklärung", philologische
 
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