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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0210
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BESPRECHUNGEN

für unsere Selbsterkenntnis wie das allgemeine kunstwissenschaftliche Forschen gar
nichts einbüßt, wenn der deutsche Leser eine andere Seh- und Wertungsweise mehr-
fach geltend machen wird.

Karlsruhe (Baden). Emil Kast.

Hans Kern: Georg Friedrich Daumer, der Kämpfer für eine

deutsche Lebensreligion.
C. A. Pfeffer: Venus und Maria; eine Eichendorffstudie als

Beitrag zur Wesenserkenntnis des Dichters.
Hans Eggert-Schröder: Mörike, ein Meister des Lebens. —

Das deutsche Leben, Bände 2, 3 und 4. Widukindverlag, Alexander

Boß, Berlin-Lichterfelde 1936.

Ludwig Klages hat die begriffliche Scheidung aufgebracht: alle möglichen
Weltauffassungen seien zu ordnen in solche des überwiegenden Logos und in solche
des die Haltung bestimmenden Bios. Das logozentrische Denken habe seit Piaton
die abendländische Seinsgestaltung bestimmt, das biozentrische habe dazu parallel
immer bestanden, aber unter viel Verschüttung nur sehr gehindert und unvoll-
ständig sich auswirken können, und bedürfe einer grundsätzlichen Befreiung. Der
Wirksamkeit biozentrischer Weltschau im Bereiche des deutschen Lebens nach-
zuspüren, setzt sich eine von Hans Eggert-Schröder im Widukindverlag (Alexander
Boß) veröffentlichte Schriftenreihe zum Ziel, die als Heft 2—4 die oben genannten
bringt.

Hans Kern veröffentlicht eine interessante lebens- und gedankengeschichtliche
Studie über den Kaspar-Hauser-Erzieher Daumer, einen der vielen deutschen Chri-
stentumsgegner aus dem 19. Jahrhundert. Eine Beziehung zur Kunstwissenschaft
besteht freilich nicht.

Eine förderliche Skizze zu Eichendorff liefert im Anschluß an Klagessrhe Be-
merkungen und Vorarbeiten Martin Nincks C. A. Pfeffer, in welcher er ein Ur-
erlebnis des Zwiespaltes Venus und Maria, von Sinnenglück und Seelenfrieden,
irdischer und himmlischer Liebe bei Eichendorft als dessen ganzes Leben be-
stimmend und in seinem dichterischen Schaffen durchgängig vorhanden und aus-
gedrückt recht eindrucksstark nachweist. Die Studie trägt mehr präludierenden
Charakter als abschließende Form. Besonders bedauerlich spürt man das gegen-
über den feinen Bemerkungen, wie sich dieser Grunddualismus auch sprachkünst-
lerisch deutlich um die beiden Pole lagert, also als fein durchdacht erweist. Die
Tatsache von Eichendorffs Lebensgestaltung scheint mir aber durchaus ein Gegen-
beweis zu Pfeffers Absichten und Behauptungen zu sein. Literatur- und kunst-
wissenschaftlich ist die Arbeit gleichwohl ergiebig.

Dasselbe gilt nicht weniger von einer zart- und verständnisvoll dem Lebens-
werk (dieses in einem sehr wörtlichen Verstände gemeint: das Leben als ein Werk,
als ein sich Auswirkendes und Abwickelndes!) Eduard Mörikes nachspürenden
Untersuchung. Das Material findet durch Hans Eggert-Schröder eine erhellende
Ausdeutung, nur scheint mir die Folgerung Schröders aus dem allem nicht zwin-
gend. Ich kann in Mörike nicht den Lebenshelden sehen, den Schröder preist; mir
fehlt dort der Wille zur Entscheidung. — Freilich liegt das nicht an Schröders
sorgfältiger Methode, sondern an der (außerwissenschaftlichen) Weltsicht. Es liegt
im ehrlich zutage tretenden Sinn der Schriftenreihe, Christentumsfeindlichkeit nach-
weisen zu wollen, dabei voraussetzend die Klagessche Formel, der Geist sei der
Widersacher des Lebens, welches nur Seele vertragen könne, um es selbst zu sein,
 
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