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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0323
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II. INTERN. KONGR. FÜR ÄSTHETIK U. ALLG. KUNSTWISSENSCH. 303

und einer römischen, darzustellen. Ja es wird angedeutet, daß der Gegensatz auch
bei den andern europäischen Völkern in ähnlicher Weise wie in Italien zu be-
obachten wäre. Der Gedanke ist überaus bestechend. Man muß sich aber fragen,
was eine solche Unterscheidung tatsächlich bedeutet. Swoboda sieht darin die
Äußerung einer „Disposition", die im Volkstum begründet ist, ohne jedoch auf
diese entscheidende Frage näher einzugehen. Wenn er hervorhebt, -daß Umbrien,
die Heimat Raffaels, Rom benachbart ist, dagegen Venedig „die dem griechischen
Osten geöffnetste, ihrer ganzen Geschichte nach mit Griechenland am stärksten
verbundene italienische Stadt," so wäre daraus zu schließen, daß er einen un-
mittelbaren ethnischen Einfluß annimmt. Was bedeutet es aber, wenn die Über-
nahme der oberitalienischen Formensprache durch den süddeutsch-österreichischen
Barock aus „der inneren Wahlverwandtschaft, dem geheimen Griechentum," er-
klärt wird? Ist diese Wahlverwandtschaft nicht vielmehr aus der starken Durch-
setzung Oberitaliens mit germanischem Blut und deutscher Kultur zu erklären?
Auch das sei nur eine Fragestellung, zu der die Betrachtung anregt. Man könnte
weiter auf gemeinsam „Nordisches" im Griechentum, wie in Oberitalien und Süd-
deutschland schließen; wie steht es aber dann mit Norddeutschland, wo dies um so
stärker hervortreten müßte? Alldem gegenüber ergibt sich doch die grundsätz-
liche Frage: Handelt es sich überhaupt um volksbedingte Gegensätze?

Ist der formal gleichartige Gegensatz zwischen Siena (Simone Martini) und
Florenz (Giotto) und zwischen Venedig und Florenz auch in seiner historischen
Bedeutung, in seiner ursächlichen Bedingtheit gleichartig? In den gegensätzlichen
Erscheinungsformen „griechisch" und „römisch" wird eine Polarität aufgestellt, an
der die gesamte abendländische Kunst gemessen wird. Sie kann annähernd dem
Gegensatzpaar malerisch und plastisch gleichgesetzt werden (Swoboda interpre-
tiert griechisch-römisch ausdrücklich in diesem Sinne). Das Entscheidende ist, daß
dieser Dualismus aufgezeigt wird. Was er bedeutet, wäre in jedem Fall einzeln zu
untersuchen. Ebenso wie Wölfflins Kategorien in gleicher Weise auf Entwicklungs-
unterschiede, also im zeitlichen Sinne, wie auf nationale Unterschiede, also im
räumlichen Sinne, anwendbar sind (Renaissance — Barock, Italien — Deutschland).

Die Bedeutung des hochinteressanten Aufsatzes liegt eben in der Fülle der
Fragen, die anregt, in der Fruchtbarkeit der Problemstellung, die sich gerade
darin ausspricht. Auf die anderen Vorträge kann an dieser Stelle nicht näher ein-
gegangen werden. Sie sind in der Klarheit des Aufbaues, in der gewissenhaften
Fundierung, in der Vielseitigkeit der Fragestellungen, in der wissenschaftlichen
Gepflegtheit beste Erzeugnisse der „Wiener Schule".

Breslau. Dagobert Frey.

Zweiter internationaler Kongreß für Ästhetik und allgemeine
Kunstwissenschaft, Paris, August 1937

Die Leitung des Kongresses versendet die Liste der eingegangenen Mitteilungen.
Aus Mangel an Raum können hier nur die in deutscher Sprache verfaßten Mitteilun-
gen genannt werden. Es sind die folgenden:
Beck, M. (Prag): Die Methode der objektivistischen Ästhetik.
Biehle, J. (Berlin): Ästhetik des Orgelklanges und des Orgelspieles.
Brenn, F. (Luzern): Die Seinsweise der musikalischen Welt.
Dessoir, M. (Berlin): Die Rede als Kunstwerk.
 
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