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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 1(Oktober)
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Angewandte Kunst in der Secession zu München 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0041

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20

Angewandte Kunst in der Münchener Sezession.

das sei ihm noch zu gut gehalten im Hin-
blick darauf, dass diese Einrichtung ein
rechtschaffenes Stück ernster Arbeit reprä-
sentirt und für die Zukunft viel verspricht.
Lob verdient der grosse gepolsterte Lehn-
stuhl, obgleich er nach Gewicht und Grösse
leider zu einem Monstrum missrathen ist.
Die Stühle sind vortrefflich konstruirt, nur
ebenfalls noch zu wenig elegant. Am Sopha
gefallen uns die reizvollen Applikationen.
Prächtig ist die Fliesen-Einlage eines kleinen
Tisches von den Herren von Heider. Eine
nicht ungeschickte Hand bewies Paul in
der Zusammen-Stimmung der Hölzer: natur-
farbenes Mahagoni mit Wasser-Eiche. Die
Schablonirung der Wände kann dagegen
wohl nicht recht ernst genommen werden.
Alles in allem kann man nur aufrichtig
wünschen, dass der Künstler sich nicht ab-
halten lasse, seinem Talente die Richtung zu
geben, in der es ohne Zweifel in kurzer
Zeit über die Gefahren der Ausstellungs-
Produktion hinweg zu wirklich werthvollen
Schöpfungen fortschreiten wird.

Fritz Erler hat für seinen Saal nur die
Gesammt-Anlage entworfen: Fenster, Thüre,
Wandbekleidung, dekorative Gemälde. Auch
hier, bei allen sonstigen Vorzügen, äusserste
Einfachheit. Ein grösseres Glasgemälde wäre
hier mindestens erwünscht. Man gewinnt
jedoch im Uebrigen den Eindruck, dass der
Künstler das erreichte, was er gewollt
hat. Warum aber wollte er diese Armuth?
Am glücklichsten wirkt die Kamin-Partie
mit dem grossen Gemälde, eine singende
Dame am Klavier stehend darstellend. Die
Farben-Stimmung ist gut durchgeführt, ins-
besondere steht das hie und da auftretende
Roth zu dem grauen Holze recht fein.
Beifall verdient es auch, dass Erler hier ein-
mal zeigte, wie man Bilder organisch in die
Wandverkleidung einbezieht, indem er sie da
innerhalb der dekorativen Holz-Bekleidung
auftreten lässt, wo sie als Farbwerthe er-
wartet werden. So stellt er äusserst ge-
schmackvoll das Bild »Karneval«, eine Dame
in Weiss auf rothem Grunde, über das
gleichfalls roth gepolsterte, reizende Sopha
von Bertsch. Von Bertsch ist auch der
Tisch vor dem Kamine sowie die beiden

Stühle in Eichenholz, die, wie ein ander-
weitig aufgestellter Schreibtisch - Stuhl in
Nussbaum auf's Neue in Bertsch einen aus-
gereiften überaus fein disponirenden Künstler
erkennen lassen. Gut ist auch die Uhr von
Morawe. Leider steht in diesem Gemache auch
ein Büffet von Hermann Obrist, Wassereiche
mit Paduk-Einlage, das der Künstler besser
nicht ausgestellt hätte, oder sollte es ein
Küchen-Möbel sein ? Es ist doppelt beklagens-
werth, wenn gerade Vorkämpfer und Führer
der neuen Kunst sich nicht klar darüber werden
können, wo die Grenzen ihrer Begabung fest-
gelegt sind. — Durch einen Vorhang inner-
halb einer hohen Bogenöffnung ist dieser Saal
»getrennt« von dem dahinterliegenden Schlaf-
Zimmer von Franz Mayr, enthaltend Bett-
stätte, Nachttisch, dreithürigen Kleiderschrank
mit schweren, unerfreulichen, grün patinirten
Beschlägen und einen gut gedachten Wasch-
tisch: schwere Möbel in röthlichem Ama-
rantenholz, die in diesem Winkel nicht recht
zur Geltung kommen.

Der grosse Auszich-Tisch von Bruno
Paul ist mit Gedeck und Geschirr versehen,
ähnlich dem in der Dülfer'schen Frühstücks-
Stube zu Dresden, welchen wir hier abbilden.
Wir sehen hier die eleganten und zweck-
mässigen Bestecke von Riemerschmid, Zinn
von Karl Gross, der übrigens noch eine
ganze Menge theilweise sehr amüsanter
kleiner Dinge in den verschiedenen Vitrinen
aufgestapelt hat, und endlich das Thee-Ser-
vice u. a. Porzellane mit Unterglasur-Malerei
von Schmitz-Baudis. Wir haben uns, offen
gestanden, von den angekündigten Gebrauchs-
Porzellanen des hochgeschätzten Münchener
Keramikers weit mehr versprochen, als
dieses Service in seiner Harmlosigkeit er-
füllt. — Wir wollen bei dieser Gelegenheit
noch ergänzend darauf hinweisen, dass
auch im Glaspalaste ein gedeckter Tisch
steht, der in den Vereinigten Werkstätten
hergestellt wurde. Dieser, mit zugehörigem
Blau in Blau gehaltenem Teppich, ent-
zückendem Tisch-Linnen und Servietten
ist eine prachtvolle Arbeit von Peter
Behrens. Der Tisch ist rund und enthält
in der Mitte einen kreisrunden Majolika-
Einsatz, welcher beweglich ist, so dass man
 
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