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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Breuer, Robert: Deutsche Maler: zum zweiten Teil der Ausstellung bei Fritz Gurlitt, Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0175

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PROF. MAX LIEBERMANN.

»KINDERSTUDIE« (1904)

DEUTSCHE MALER

ZUM ZWEITEN TEIL DER AUSSTELLUNG KEI FRITZ GURL1TT BERLIN.

In dem Salon von Fritz Gurlitt wird die Aus-
stellung von Bildern deutscher Maler aus
Privatbesitz fortgesetzt; diesmal gibt es je
dreißig Arbeiten von Max Liebermann und
Lovis Corinth zu sehen. Abermals findet man
bestätigt, daß der Vorwurf, den Deutschen
mangle die Kultur des Sammeins, nicht ohne
weiteres berechtigt ist; die Leute, die sich die
hier gezeigten Bilder in ihre Wohnungen gehängt
haben, sind ohne Zweifel mit einem guten In-
stinkt für die Qualität der impressionistischen
Malerei, das heißt der Malerei eines technisch
und merkantil hochentwickelten Weltbürger-
tums, begabt. Wenn aber allein von zwei deut-
schen Malern soviel ausgezeichnete Tafeln, wie
sie in der sehr gewählten Gurlitt-Ausstellung
nebeneinander hängen, von begeisterten oder
spekulationsklugen Sammlern gekauft worden
sind, so hat niemand Ursache, unsere Lieb-
haber des Landesverrats zu beschuldigen.

Diese Ausstellung zweier deutscher Maler
lehrt uns übrigens, daß wir es nicht notwendig
haben, um der eigenen Blöße wegen in das
Ausland zu gehen. Wir tun es, weil deutsch
sein heißt, den Geist des Universums zu um-
fassen; ' -'r könnten aber auch ganz gut (und

nur darum dürfen wir uns Orient und Occident
vermählen) in uns allein Genüge finden. Die
vier Säle der Gurlitt-Ausstellung enthalten euro-
päische Malerei erster Klasse; aus dem Neben-
einander dieser Bilder, deren jedes ein Stück
Welt gesehen durch eine Persönlichkeit ist,
strömt eine solche Fülle des sinnlichen Lebens
und ein solcher Reichtum an sicherem Emp-
finden für die Kraft des Ausdrucks und das
innere Maß der Form, daß selbst der An-
spruchsvollste das Wirken einer, die Geschichte
erfüllenden und zur Tradition rundenden Mal-
kultur dankbar erkennen muß. Dieser Eindruck
ist um so beachtenswerter, als sich wohl be-
haupten läßt, daß Liebermann und Corinth
nicht unbedingt zusammen gehören, und daß
etwa Slevogt, neben Liebermann hängend, die
Einheitlichkeit dieser neuen deutschen Malerei
noch weit stärker erscheinen lassen würde.
Liebermann und Corinth haben gewiß manches,
besonders manches Technische gemeinsam; im
wesentlichen aber sind sie verschiedene Men-
schen und damit Künstler zweierlei Stammes.
Corinth ist ein bis in die Gegenwart gedrungener
Nachfolger des Rubens; Liebermann, allen
repräsentativ - dekorativen Absichten abge-

XVUI. Juni 1915. 1

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