Fliegende Blätter (50.1869 (Nr. 1225-1250))

22 Das Stammbuch.

Meine Stammbuchblätter lesend,

Denk' ich der entschwund'nen Tage,

O! sic sind doch schön gewesen,

Schön trotz mancher leisen Klage.
Doch die Freunde, die mich liebten.
Sie sind alle fortgezogen,

Einsam in dem kleinen Kahne
Schiff ich durch des Lebens Wogen.
Jubelnd theilten wir die Freuden,

Die wir für einander schufen,

Und beim Abschied haben wir uns::
„Fahre glücklich!" zugerufcn.

Zog sich auch die Brust zusammen,
Bei der Trennung herben Schmerzen,
Schwuren freudig wir, zu bleiben
Treu den treuen Freundesherzen.
Wenn sich dann im Lebensmeere
Uns're Schifflein sind begegnet,
Freuten wir uns dieser Stunde,

Und der Tag hieß uns gesegnet.
Meine Stammbuchblätter lesend,

Denk' ich der vergang'nen Zeiten,
Denk' der lieben, treuen Freunde,
Denke der entschwund'nen Freuden.
Ach! von allen jenen Theuren,

Die mir in mein Buch geschrieben,

Das Stammbuch.

Bin, vom Sensenmann verschonet,

Ich allein noch übrig blieben.

Bald wird man mich grauen Alten,

Auch zu meinen Brüdern legen,

Lächelnd kommet ihr, o Freunde!

Mir im Jenseits dann entgegen.

Mag der Arzt an's Lager treten,

Daß er mir den Tod verkünde,

Heiß' ich freundlich ihn willkommen,

Da ich Euch ja wiederfinde. Jj. P,

Der RcissPringcr.

Mein Pudel heißt Caro. Sein Hauptkunststück besteht
darin, daß er durch den Reif springt. Gestern gehe ich über
die Promenade, da steht der krummbeinige Herr Assessor Greif-
zirkel und hört einer Amsel zu. Der Caro — ihn sehen,
stutzen, mit einem Satz durch seine krummen Beine springen,
ist eins.