Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
18

Garde-Rekruten.

sich wie der erste Gutsbesitzer des Landes einrichten könne,
genügte ihm vollkommen und ließ ihm seinen gewöhnlichen Sitz
in der Stube hinterm Ösen aus der alten harten, wurmstichigen
Bank ebenso bequem und angenehm als einen gepolsterten Lehn-
stuhl erscheinen. Dabei war er aber keineswegs knickerig oder
gar filzig, ließ vielmehr gern inid häufig armen, fleißigen Leuten
von seinem Reichthum zukommen.

Doch alles das ist bei unserer Geschichte nur Nebensache;
uns iutcressirt vorzüglich, daß Jost Hartung mit seiner Frau,
Dörte geheißen, drei Jungen: Jochen, Hinnerk und Klas, er-
zeugt hatte, welche ob ihres Körperbaues im ganzen Herzog-
thum kaum ihres Gleichen fanden. Bei fast riesenhafter Länge
waren sie bei der guten Kost, welche sie sich bieten konnten und
auch gehörig boten und bei ihrer regelmäßigen Lebensweise, zu
der der alte Hartung sie anhiclt, von gesunder und kräftiger
Leibesbcschaffenheit, und wenn der Vater seine Nachkommen-
schaft, die ihn um mehr als doppelte Kopfeslänge überragte,
bei der Arbeit oft im Stillen betrachtete, so erheiterte sein so
schon freundlich blickendes Antlitz sich noch mehr, und er sprach
dann wohl leise für sich hin: „Das soll künftig auch wohl gut
gehen niit unserm Hof."

Zu derselben Zeit regierte in Preußen König Friedrich
Wilhelm I. Die unbegrenzte Leidenschaft dieses Fürsten, Männer
von außergewöhnlicher Körperlänge in seiner berühmten Pots-
damer Garde zu vereinigen, ist weltbekannt und ebenso bekannt
ist/da^ diese seine Leidenschaft ihm nicht genügen ließ, hierzu
taugliche Leute in seinen eigenen Laude» aufsuchen und aufheben
zu lassen, daß vielmehr auch au paßlichen Orten des Auslandes
Agenten bestellt waren, welche große Leute auszukundschaften
und diese dann durch Ueberrcdung oder Handgeld für die Pots-
damer Garde anzuwerben hatten.

Daß der König bei so bewandten Umstünden auch eines
schönen Tages Kunde von den drei, au der mecklenburg-
preußischen Grenze lebende» Riesensöhnen unseres Freun-
des Jost Hartung, Jochen, Hinnerk und Klas, erhielt,
kann umsoweniger auffallend erscheinen, als der älteste der
Jungen, Jochen, mit der Tochter eines Bauern im brau-
denburgischen Torfe Moorfeld verlobt und hierdurch sammt
seinen Brüdern jenseits der mecklenburgischen Grenze ge-
nugsam bekannt war — und so kam es den», daß der
König eines Tages einen seiner Werbeagenten, den Haupt-
manu von Plaskow, iit's Schloß bescheiden ließ.

Ter Befohlene trat ein in's Gemach Seiner Maje-
stät. „Tret'Er näher!" befahl der König. „Noch näher!

So! Er ist zu Putlitz daheim, nicht wahr?"

„Nicht aus Putlitz selbst, Majestät!" cntgcgucte der
Hauptmann. „Das Gut meiner Familie liegt etwa eine
Stunde davon entfernt."

„Und das gehört jetzt ihm? Was?"

„Nicht doch, Majestät! Mein älterer Bruder ist zur
Zeit Besitzer und zahlt als solcher seinen Geschwistern eine
jährliche Abfiudungsrcntc."

„So! Aber Er ist doch genau bekannt in jener
Gegend?"

„Vollkommen, Majestät! Ich bin dort geboren und er-
zogen und erst mit bcnr Tode meiner Elter» und meinem acht-
zehnten Jahre, als mir die Ehre zu Theil ward, in Ew. Maje-
stät glorreiche Armee cinzutretcn,,habe ich jene Gegend verlassen."

„Dann wird Er auch wohl das mecklenburgische Grenz- I
dorf Windhagen, das dort liegen soll, kennen?"

„Majestät, zu dienen! Es liegt hart an der Grenze
und ist von dein Gute meiner Familie höchstens zwei Stunden
entfernt."

„Vortrefflich! Sage Er 'mal, kennt Er denn auch die
Leute in jenem Orte?"

„Das doch nicht, Majestät. Ich bin später nur während
kurzer Urlaubsfristen zu Besuch bei meinem Bruder gewesen und |
dann nicht über die Grenze gekommen. Verbindungen meiner
Familie mit der mecklenburgischen in Windhagen sind in Folge
verschiedener Grenzstreitigkeiten so gut wie abgebrochen."

„Hm, das ist fatal! Hat Er denn nie vernommen, daß
dort ein Bauer leben soll, der drei Söhne von wahrhaft riesiger
Größe besitzt, die für meine Potsdamer Garde einen vortreff-
lichen Zuwachs liefern würden?"

„Majestät, ich gestehe offen, daß meine Orts- und Pcr-
soneukenntnissc nicht soweit gehen, um diescrhalb genaue Aus-
kunft geben zu können."

„Hm, hm, ärgerlich, sehr ärgerlich!" brummte der König.
„Hat Er denn keine Gelegenheit, zu erkunden, ob an der Ge-
schichte 'was d'ran und ob es vielleicht möglich ist, jene Kerle
zu acquiriren?"

„Mein Bruder würde vielleicht in der Lage sein, hierüber
Auskunft crtheilen zu können, Majestät! Wenn Majestät be- l
fehlen, so werde ich sofort brieflich von demselben die nöthigen
Erkundigungen einziehen."

„Ach, dummes Zeug! Brief schreiben! Schnickschnack! Selbst
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Garde-Rekruten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Beckmann, Conrad
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Auskunft
Offizier <Motiv>
Gespräch <Motiv>
Karikatur
Preußen
Satirische Zeitschrift
Friedrich <I., Preußen, König>
Preußen / Königs-Regiment

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 56.1872, Nr. 1383, S. 18
 
Annotationen