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Eine Rathsversammlung der Vögel.
gehört, aussprechen. Ich stimme dafür, daß wir den
Herrn Kukuk für immer von unserer Rathsversammluna aus-
schließen.
Zaunkönig.
Ich bitte den Herrn Vorredner, bei dem Gegenstände zu
bleiben.
Elster.
Ich liebe nicht zu schweigen,
Doch heute schweig' ich gern.
Um allen Herrn zu zeigen:
Mir liegt die Sache fern!
Doch da ich unterdessen
So Manches Hab' gehört.
Was, wenn man gut gegessen.
Nicht die Verdauung stört.
So will den Herrn ich sagen,
Wie Alles wird gesühnt! —
Mit Bitten und mit Klagen
Ist niemals uns gedient!
Hat die Frau Nachtigallen
Ein wenig flott gelebt.
So hat sie doch vor Allen
Jn's Weite auch gestrebt.
D'rum soll ihr gerne werden
Ein guter Reisepaß;
Daß überall auf Erden
Sie treibe Lust und Spaß.
Ihr Herren, so vergeben
Wir uns'rer Würde nicht; —
Denn Spaß ist es ja eben.
Der Allen uns gebricht!
Diese schwungvolle Rede der Elster wird mit großem
eflall ausgenommen, und bei der Abstimmung ergiebt es sich,
Qp Alle gegen e;„e Stimme (cs ist die der Aaskrähe) für den
Antrag sind.
Der Herr Kranich erhält sodann unter allgemeiner Zn-
! »nnrung den Auftrag, den Reisebries auszustcllen, und der
Rath der Vögel fliegt, befriedigt von der Weisheit des
Schlusses, nach Hause.
Probatum est.
Das ist gar ein böser, ein tückischer Spaß:
Gedenkst Du daheim just froh zu sein.
Und klopft es auf einmal vernehmlich bei Dir,
Und tritt dann die — Sorge, die graue, ein!
Das ist gar ein schlimmer, abscheulicher Gast!
Der macht in der Stube sich dick und breit.
Probatum sst.
Und thut so, als wäre er eben zu Haus,
Und wolle da bleiben für alle Zeit!
Da nimmt dann der Weise vom Nagel den Hut,
Und stiehlt sich hinaus zur Thürc fein.
Und sperrt dann den bösen, heimtückischen Gast
Verschmitzt in das Stübchen, das stille, ein!
Nun geht es hinaus in den Wald und zur Flur!
Wie lacht doch das Leben, wie jauchzt es doch!
Wie flieht doch die Natter der Sorge dahin.
Die leise und kalt Dir durch's Herze kroch!
Da steht gar ein Wirthshaus tief drinnen im Wald,
Da giebt's auch der Traube gold'nen Saft,
Da giebt's wohl auch Küsse von rothem Mund,
Das schaffet der Seele erneute Kraft!
Dann zieht man begeistert und liederreich heim •
„Frau Sorge! Frau Sorge! Bist noch i»> Haus?"
Und sieh' nur, der mürrische, trotzige Gast,
Wahrhaftig, durch's Schlüsselloch flvg er auv!!
Or. Mrjrolh.
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Eine Rathsversammlung der Vögel.
gehört, aussprechen. Ich stimme dafür, daß wir den
Herrn Kukuk für immer von unserer Rathsversammluna aus-
schließen.
Zaunkönig.
Ich bitte den Herrn Vorredner, bei dem Gegenstände zu
bleiben.
Elster.
Ich liebe nicht zu schweigen,
Doch heute schweig' ich gern.
Um allen Herrn zu zeigen:
Mir liegt die Sache fern!
Doch da ich unterdessen
So Manches Hab' gehört.
Was, wenn man gut gegessen.
Nicht die Verdauung stört.
So will den Herrn ich sagen,
Wie Alles wird gesühnt! —
Mit Bitten und mit Klagen
Ist niemals uns gedient!
Hat die Frau Nachtigallen
Ein wenig flott gelebt.
So hat sie doch vor Allen
Jn's Weite auch gestrebt.
D'rum soll ihr gerne werden
Ein guter Reisepaß;
Daß überall auf Erden
Sie treibe Lust und Spaß.
Ihr Herren, so vergeben
Wir uns'rer Würde nicht; —
Denn Spaß ist es ja eben.
Der Allen uns gebricht!
Diese schwungvolle Rede der Elster wird mit großem
eflall ausgenommen, und bei der Abstimmung ergiebt es sich,
Qp Alle gegen e;„e Stimme (cs ist die der Aaskrähe) für den
Antrag sind.
Der Herr Kranich erhält sodann unter allgemeiner Zn-
! »nnrung den Auftrag, den Reisebries auszustcllen, und der
Rath der Vögel fliegt, befriedigt von der Weisheit des
Schlusses, nach Hause.
Probatum est.
Das ist gar ein böser, ein tückischer Spaß:
Gedenkst Du daheim just froh zu sein.
Und klopft es auf einmal vernehmlich bei Dir,
Und tritt dann die — Sorge, die graue, ein!
Das ist gar ein schlimmer, abscheulicher Gast!
Der macht in der Stube sich dick und breit.
Probatum sst.
Und thut so, als wäre er eben zu Haus,
Und wolle da bleiben für alle Zeit!
Da nimmt dann der Weise vom Nagel den Hut,
Und stiehlt sich hinaus zur Thürc fein.
Und sperrt dann den bösen, heimtückischen Gast
Verschmitzt in das Stübchen, das stille, ein!
Nun geht es hinaus in den Wald und zur Flur!
Wie lacht doch das Leben, wie jauchzt es doch!
Wie flieht doch die Natter der Sorge dahin.
Die leise und kalt Dir durch's Herze kroch!
Da steht gar ein Wirthshaus tief drinnen im Wald,
Da giebt's auch der Traube gold'nen Saft,
Da giebt's wohl auch Küsse von rothem Mund,
Das schaffet der Seele erneute Kraft!
Dann zieht man begeistert und liederreich heim •
„Frau Sorge! Frau Sorge! Bist noch i»> Haus?"
Und sieh' nur, der mürrische, trotzige Gast,
Wahrhaftig, durch's Schlüsselloch flvg er auv!!
Or. Mrjrolh.
20*
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Probatum est"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 56.1872, Nr. 1400, S. 155
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg