'S Vrencli.
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der Glückliche sein soll — sie wollten spielen um's Vrencli, um
Vreneli's Liebe.
Vielleicht, Heiri, wird sie dein. Sic muß dein werden
und — „da ist meine Hund, Sepp, um 's Vrencli thät' ich mich
dem Teufel verschreiben!" — Er schlug ein. „Es gilt!" sagte
Sepp, „ich »chm' die Eier und Du läufst. Sonntag
Nachmittag — das kann ein Fest geben. Versprich mir, bis
dann nicht zum Vrencli zu gehen, so wenig als ich!" Heiri
nickte; Sepp schritt den Pfad hinunter und Heiri stieß einen
wilden Juchzer aus der hoffnungsglühendcn Brust, daß cs von
Wand zu Wand widcrhallte und das Echo noch lange in den
Schlünden und Klüften der Felsen sortrolltc, bis cs murmelnd
in weiter Ferne erstarb.
Hl.
Der Sonntag kam und mit ihm der vcrhängnißvolle Tag
fiir die beiden Nebenbuhler. Es war bald bekannt geworden und
würde lvcit herum verbreitet, daß des Scckelmcisters Sepp mit dem
Schluchtcnhanncs-Hciri um 's alten Jakoben Vrencli Eier werfen
ivollc, und Alt und Jung machten sich an dem Tag auf die Beine
nach der „Schwendi", um dieses seltene Schauspiel mitanzu-
schauen: das Spiel um ein armes Mädchcnhcrz. Doch daran
dachte Niemand — nur Eine: 's Vrencli.
Auch zu ihr war die Kunde gekommen, und der Vater
Jakob hatt' ihr's mitgcthcilt und gemeint: „Wenn's der Sepp
selber so haben will und 's Vrencli verspielt: mir ist's auch
recht, und ich will das Urthel annehmen, komm's wic's will."
Und 's Vrencli, das arme Vrencli, dem ist's wie ein Messer
durch die Brust gefahren und laut hat's geschluchzt in unend-
lichem Weh. „Also spielen will er um mich, er, dem ich mein
ganzes Herz 'geben Hab' und meine Seel dazu und meine ganze
Lieb', und 's Leben lassen lvürd' zu jeder Stund' uni ihn!"
Oh, war' er lieber fort'gangen, lveit fort in d' Fremd', dann
wär' er in ihrem Andenken rein dag'standen, wie sic ihn lieb
g'habt und lvie sie ihn hat 'kennt. Ihr Kopf war verwirrt
und cs war ihr, als hält' sic ihn nimmer so lieb als wie sonst:
„spielt er doch um mein arm's Herzli wie um eine Waar'."
Und sie kniete nieder im stillen Kämmerlein vor das Muttcrgottes-
bild und suchte Trost in heißem inbrünstigem Gebet, derweil draußen
auf dem Dorfplatz ihre Seel' verspielt werden sollt' — — von ihm.
Kopf an Kopf standen die Landleute: die Weiber mit den fcin-
gcfältcltcn Röcken, auf dem Kopf das rothe Häubchen mit den
langen Bändern, die Männer und Buben in gelblcdcrnen Knie-
hosen und Zwickelstrümpfen, kurzer offener Zwilchjacke, den
breiten, mit Messing beschlagenen Hosenträgern und dem kleinen
runden Lcderkäppchen auf dem Hinterhaupt, unter dessen Rand
rings um die Stirne das kurze, fein gekrauste Haar hervor-
schaute — die kurze schwarze Holzpfeife im Munde darf nicht fehlen.
Aus Appenzell waren die reicheren Bewohner heraufgekommen,
und von de» Alpen und Matten die Sennbuben mit ihren
„Meidli" hernicdergcstiegcn: gab's doch Tanz heut Abend im
Dorf nach dem Fest, und da konnte Keiner ausbleiben, der ein paar
stramme Beine zum Tanzen und einen fröhlichen Jodler in der
Kehle hatte. Dichtgedrängt stand die Menge, und Einer lugte über
des Andern Schulter, was es denn da vorn zu lachen gäbe.
Das waren auch ein paar spaßige Gesellen mit rußgeschwärztem
Gesicht und der Narrenkappe, die sich abmühten, unter dem
Volk den Platz entlang eine Gasse frei zu machen, und dabei
mit den luftgefüllten Schweinsblasen, au einen Stock gebunden,
weidlich auf die harten Köpfe losdroschen, daß cs nur so klang
wie der dumpfe Ton einer Kesselpauke; aber die Aelplcr haben
harte Schädel und das war lustig, — besonders aber, wenn die
zwei rußigen Gestalten (es waren die zwei Gemeindediencr)
etwa» hie und da ein schmuckes „Meidli", das sich gar zu vor-
witzig vorgedrängt hatte, um den Leib faßten und der Zappelnden,
laut Kreischenden einen Schmatz anfdrückten, so daß mächtige
rußige Spuren auf des Mägdleins Wangen zurückblieben und
des Gelächters kein Ende war. (Schluß folgt.)
W ns ist Das?
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der Glückliche sein soll — sie wollten spielen um's Vrencli, um
Vreneli's Liebe.
Vielleicht, Heiri, wird sie dein. Sic muß dein werden
und — „da ist meine Hund, Sepp, um 's Vrencli thät' ich mich
dem Teufel verschreiben!" — Er schlug ein. „Es gilt!" sagte
Sepp, „ich »chm' die Eier und Du läufst. Sonntag
Nachmittag — das kann ein Fest geben. Versprich mir, bis
dann nicht zum Vrencli zu gehen, so wenig als ich!" Heiri
nickte; Sepp schritt den Pfad hinunter und Heiri stieß einen
wilden Juchzer aus der hoffnungsglühendcn Brust, daß cs von
Wand zu Wand widcrhallte und das Echo noch lange in den
Schlünden und Klüften der Felsen sortrolltc, bis cs murmelnd
in weiter Ferne erstarb.
Hl.
Der Sonntag kam und mit ihm der vcrhängnißvolle Tag
fiir die beiden Nebenbuhler. Es war bald bekannt geworden und
würde lvcit herum verbreitet, daß des Scckelmcisters Sepp mit dem
Schluchtcnhanncs-Hciri um 's alten Jakoben Vrencli Eier werfen
ivollc, und Alt und Jung machten sich an dem Tag auf die Beine
nach der „Schwendi", um dieses seltene Schauspiel mitanzu-
schauen: das Spiel um ein armes Mädchcnhcrz. Doch daran
dachte Niemand — nur Eine: 's Vrencli.
Auch zu ihr war die Kunde gekommen, und der Vater
Jakob hatt' ihr's mitgcthcilt und gemeint: „Wenn's der Sepp
selber so haben will und 's Vrencli verspielt: mir ist's auch
recht, und ich will das Urthel annehmen, komm's wic's will."
Und 's Vrencli, das arme Vrencli, dem ist's wie ein Messer
durch die Brust gefahren und laut hat's geschluchzt in unend-
lichem Weh. „Also spielen will er um mich, er, dem ich mein
ganzes Herz 'geben Hab' und meine Seel dazu und meine ganze
Lieb', und 's Leben lassen lvürd' zu jeder Stund' uni ihn!"
Oh, war' er lieber fort'gangen, lveit fort in d' Fremd', dann
wär' er in ihrem Andenken rein dag'standen, wie sic ihn lieb
g'habt und lvie sie ihn hat 'kennt. Ihr Kopf war verwirrt
und cs war ihr, als hält' sic ihn nimmer so lieb als wie sonst:
„spielt er doch um mein arm's Herzli wie um eine Waar'."
Und sie kniete nieder im stillen Kämmerlein vor das Muttcrgottes-
bild und suchte Trost in heißem inbrünstigem Gebet, derweil draußen
auf dem Dorfplatz ihre Seel' verspielt werden sollt' — — von ihm.
Kopf an Kopf standen die Landleute: die Weiber mit den fcin-
gcfältcltcn Röcken, auf dem Kopf das rothe Häubchen mit den
langen Bändern, die Männer und Buben in gelblcdcrnen Knie-
hosen und Zwickelstrümpfen, kurzer offener Zwilchjacke, den
breiten, mit Messing beschlagenen Hosenträgern und dem kleinen
runden Lcderkäppchen auf dem Hinterhaupt, unter dessen Rand
rings um die Stirne das kurze, fein gekrauste Haar hervor-
schaute — die kurze schwarze Holzpfeife im Munde darf nicht fehlen.
Aus Appenzell waren die reicheren Bewohner heraufgekommen,
und von de» Alpen und Matten die Sennbuben mit ihren
„Meidli" hernicdergcstiegcn: gab's doch Tanz heut Abend im
Dorf nach dem Fest, und da konnte Keiner ausbleiben, der ein paar
stramme Beine zum Tanzen und einen fröhlichen Jodler in der
Kehle hatte. Dichtgedrängt stand die Menge, und Einer lugte über
des Andern Schulter, was es denn da vorn zu lachen gäbe.
Das waren auch ein paar spaßige Gesellen mit rußgeschwärztem
Gesicht und der Narrenkappe, die sich abmühten, unter dem
Volk den Platz entlang eine Gasse frei zu machen, und dabei
mit den luftgefüllten Schweinsblasen, au einen Stock gebunden,
weidlich auf die harten Köpfe losdroschen, daß cs nur so klang
wie der dumpfe Ton einer Kesselpauke; aber die Aelplcr haben
harte Schädel und das war lustig, — besonders aber, wenn die
zwei rußigen Gestalten (es waren die zwei Gemeindediencr)
etwa» hie und da ein schmuckes „Meidli", das sich gar zu vor-
witzig vorgedrängt hatte, um den Leib faßten und der Zappelnden,
laut Kreischenden einen Schmatz anfdrückten, so daß mächtige
rußige Spuren auf des Mägdleins Wangen zurückblieben und
des Gelächters kein Ende war. (Schluß folgt.)
W ns ist Das?
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"'S Vreneli"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 63.1875, Nr. 1564, S. 11
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg