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'S Vreneli.

19

Aber Alles vergeht mit der Zeit, der lindernden; und
der Frühling kam über's Land, und der Sepp kam Tag für
Tag und 's Vreneli genas langsam von scineni Hcrzweh, und
auf den Mai ward die Hochzeit bestellt.

Der Tag kam, und Hand in Hand mit Sepp betrat
Vreneli das kleine Kirchlein. Sic war todtcnblaß und die
thräncnloscn Augen starrten gedankenlos in's Leere.

„Die arme Vrcni, sie trcibt's nicht mehr lang, — sie
kann den Heiri nimmer vergessen", flüsterten sich die Leute zu
und schüttelten die Köpfe.

Am Hochzeitabend wurde getanzt und cs ging hoch her;
denn der Sepp konnte cs thun — er war reich und ließ heute
manch' harten Th'alcr d'ranfgeh'n, hat auch der Armen im Dorf
nicht vergessen. Plötzlich läßt sich im allgemeinen Taumel ein
Flüstern hören: „Wo ist 's Vreneli?" Und immer lauter frägt's
von Lippe zu Lippe: „Wo ist 's Vreneli?" und der Sepp ruft
laut: „Wo ist mein Vreneli?" Niemand hatte sie geseh'n seit
einer Stunde. Mit einem Schlag war da die Freude zerstört.
Der Eine lief dahin, der Andre dorthin; Laternen wurden ge-
bracht, Stangen und Fackeln, und der Sepp war der Erste,
der zum Aufsucheu seiner armen Frau aufbrach.

VH.

Aber zur selben Stunde saß das Vreneli am Ufer des
Seealpsee's, und schaute hinunter in die lautlose Tiefe, und der
Mond schien über den Bergen und warf dunkelgrüne Schatten
ans den Sec, und sein Bild strahlte wieder aus dem schwarzen
Wasser und schien ihr zu winken. „Heiri, ich komm' zu Dir."

Ein dunipfer Fall, ein Gurgeln, und in den weiten
Kreisen, die das Wasser kräuselnd immer größer und größer
zogen, zittert das bleiche Mondlicht. — — — —

Hu! Wie schaurig! So sollte es eigentlich enden, wie cs
sich für eine anständige moderne Geschichte schickt.

Thut mir leid, 's ist Anders gekommen: Als alle Hoch-
zeitgäste eben znm Ausbruche sich anschickten, das Vreneli zu
suchen, trat plötzlich sic selbst in den verstörten Kreis der Gäste.
„Sie sei ein bischen draußen spazieren gegangen — cs wär'
ihr zu heiß gewesen", entschuldigt sic sich zu den Gästen und
lächelt. Alles lacht mit und bald war die Lustigkeit und Freude
wieder im Geleise. Aber zum Sepp sagte sic: „Schau, Sepp,
ich Hab' immer noch das Bilde! vom Heiri gehabt, das sic
ihm aus der tobten Hand gezwängt, und hab's als Andenken
ans dem Herzen getragen. Jetzt war ich auf dem Kirchhof
und Hab' fünf Vaterunser gebetet ans seinem Grab für seine
arme Seele, und Hab' das Bilde! vergraben unter'm Boden
und — und nun bindet mich nichts niehr an ihn, als das
Andenken an seine treue Liebe — und jetzt will ich mit Gottes
Hülfe Dein Weib sein."

Und sie war's auch, und ihr Herz ist nicht gebrochen —
dort in den Bergen sind die Herze» etwas stärker — und
ihre Kinder sind tüchtige Buben und Mädel geworden und sic
selbst hat mir die Geschichte von ihrem Heiri erzählt: 's Vreneli.

G. I. K.

Antwort auf die Frage in voriger Nummer.

Es ist 'was Sonderbares um die Liebe.

Mo d cb ild.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"'S Vreneli" "Modebild"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Frisur <Motiv>
Schädel
Karikatur
Frau <Motiv>
Hochzeit <Motiv>
Uniform <Motiv>
Damenmode <Motiv>
Brautpaar
Monokel
Husar <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Tschako
Thema/Bildinhalt (normiert)
Hochzeitsgesellschaft <Motiv>

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 63.1875, Nr. 1565, S. 19

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