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AACHEN.

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AACHEN,

Aquisgranum1, Aquae 2, Ahha 3, Aach4, die Wiege des deutschen Reiches, aus dessen stillem
bergumschlossenen Quellenthal Carl der Grosse seine mächtigen Culturgedanken aussandte,
die unerschütterlichen Grundsäulen der germanischen Stammentwickelung, von wo aus er mit
der Gewalt seiner siegreichen Waffen und der geistigen Kraft des Herrschergenies jenes grosse
Reich gründete, dem über seine eigenen Grenzen hinaus Araber und Mauren, Italiker, Slaven
und Dänen Tribut zu Füssen legten, das seit jenen ältesten Tagen im Resitze der ehrwürdig-
sten Reliquien der Christenheit, im Berufe, den Nachfolgern des grossen Carl die Krönung
zu ertheilen, —■ wie sollte es in diesem Ruhmesglänze, der es über alle germanischen Städte
erhob 5, darauf verzichtet haben, eine Gründung der römischen Weltherrschaft zu sein!

Scheuten sich doch die fränkischen Geschichtsschreiber nicht, ihrem Volke eine Ab-
stammung von Priamus zu erdichten, um als die legitimen Erben des von Aeneas gegründe-
ten römischen Weltreiches zu erscheinen.6 Warum sollte Aachen, als seine ältesten Historio-
grafen es im Bewusstsein seines Glanzes betrachteten, diese Spur verlassen? Allein so um-
ständlich die Erzählungen der Chronisten den Römer Granus als Stadtgründer und historische
Persönlichkeit überhaupt auftreten lassen, um den alten Stadtnamen Aquisgranum zu erklären,
so viele Funde römischer Alterthümer aufgeführt werden, um Aachen als einen von den Rö-
mern gegründeten Ort erscheinen zu lassen, so wenig genügen diese theils augenscheinlich
falschen theils zu geringfügigen Momente in ihrer Beweiskraft, um an eine Städtegründung
durch den Römer Granus zu glauben.7 Die wirklichen Funde römischer Alterthümer selbst
in der Umgegend können ihrer Art und geringeren Redeutung nach nur beweisen, dass die
erobernden Römer mit ihren Heeren und Standquartieren auch hier vorübergehend geweilt
haben. Und es wäre wunderbar, wenn die römischen Legionen, die ganz Gallien besetzten,
zufällig den geschützten Thalkessel von Aachen und seine Höhen unberührt gelassen hätten,
wenn sich dort nicht Münzen, Trümmer und Gräber der Militärzüge fänden.8 Bedürfte es

1. So genannt in den ältesten Urkunden, z. B. Lacomblet I. 41. Meyer, Aachensche Gesch. p. 4.

2. Lacomblet II. 26.

3. Quix, Codex dipl. No. 15.

4. Meier, Aachensche Geschichten p. 41.

5. Alcuin nennt es das zweite Rom: Bouquet. V. p. 389.

6. Der Umstand, dass die Sage von der trojanischen Abstammung der Franken dem frühesten und

grössten ihrer Geschichtsschreiber, dem Gregor von Tours, unbekannt ist, und erst von Fre-
degar, Ilislor. Francor. epitom. c. 2, auf die Berufung des Virgil hin ausgesponnen wird, zeigt
zur Geniige den erdichteten unhistorischen Charakter der Sage. Vergl. Löbell, Gregor von Tours
und seine Zeit. p. 480, und Mone in seinem Anzeiger, 1835. p. 3.

7. Das betreffende Material bei Meyer p. 7—30. Peter a Beck, Aquisgranum cap. 1.

8. Den Beweis, dass die Inschriften Meyer's falsch sind: s. hei L. Lersch, Centralmnseiim rhein. Inschrif-

ten. III. Heft und rhein. Jahrb. I. p. 123. Ebenso wird das bei Meyer abgebildete im vorigen
Jahrhundert an der Münster'kirche gefundene Bad mit keinerlei Sicherheit als ein römisches
- angesehen: Prof. Bock, Das Grabmal Carls d. Gr. Aachen 1S37. Kleinere Funde römischer
Alterthümer in der Umgegend häufig, z. B. bei Quix, Gesch. d. Stadt Aachen, p. 1—4 und
25 und in verschiedenen Miseellen der rhein. Jahrbücher des Alterth.-Vereins.
 
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