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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Frimmel, Theodor von: Ein unbekanntes Bild von Lucas Cranach d. Ä.: alte Gemälde im Schlosse zu Enns
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0151

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Ein unbekanntes Bild von Lucas Cranach d. ä. — Alte Gemälde im Schlosse zu Enns.

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dem kleinen Abendmahl vertritt die Übergangsform.
Dass sich in den Weimarer Kammerreclmungen von
1539 (soweit sie Schuchardt I, 121 ff. mitteilt) keine
Erwähnung der kleinen Darstellung findet, beweist
nicht das mindeste gegen die Echtheit unseres
Bildchens. Zu bemerken wäre hier etwa noch, dass
das Abendmahl ehemals (um 1840) in fürstlich
Auerspergschem Besitz war, wie das aus einem hand-
schriftlichen „Catalog der Fürst Vincenz Auersper-
gischen Gemälde" hervorgeht, der sich aus jener
Zeit erhalten hat. Beigefügt ist die Bemerkung
„restaurirt."

Für die weiteren Kreise der Bilderfreunde
dürfte die Bemerkung von Interesse sein, dass Cra-
nachs kleines Abendmahl im allgemeinen zu einem
Bilderbesitz gehört, dessen größter Teil gegen-
wärtig im gräflich Fürstenberg selten Scldosse zu Enns
bewahrt wird.

Ich habe die Bilder vor einiger Zeit, wenn auch
nicht eingehend studirt, so doch aufmerksam an-
gesehen. Einige derselben möchte ich hier namhaft
machen. Von Bedeutung ist ein großes Schlachten-
bild von Eughtenburg, das links unten die Bezeich-
nung „I. V. Hughtenburg, aufweist und sehr wohl er-
halten ist. Ungefähr im Jahre 1849 wurde das Bild
in Prag durch G. Kratzmann restaurirt. (Nach einem
erhaltenen Dokument, das auch die Dimensionen mit
„5' hoch, 6' 11" breit" angiebt.) Eine Kreuzabnahme,
ein Breitbild mit lebensgroßen Figuren, könnte von
Ger. Seghers oder Quellinus sein. Sicher zu be-
stimmen sind drei interessante Bilder von Johannes
Thomas. Eines bringt Silens Triumphzug zur Dar-
stellung (bez.: „Joannes Thomas / fecit / 1677"), das
Gegenstück zeigt die Hochzeit des Neptun (nach
dem Augenmaß über 1 Meter breit und 0,80 hoch).
Beide sind figurenreiche Bilder, die den talentvollen
aber nicht selbständigen Meister sehr bezeichnend
vertreten mit seiner mannigfachen Karnation, seinen
wenig feinen Gesichtstypen, seinem etwas stumpfen
Kolorit. Der Rubensnachahmer wird in ihm ziem-
lich deutlich auf dem dritten Bilde mit der Be-
zeichnung „Joannes Thomas fecit 16 . .", das Perseus
und Andromeda darstellt. Ein gleichzeitiger Hol-
länder Jakob Toorenvliet ist hier durch ein großes
Bild vertreten, das man neben seinen meist kleinen
Werken, die in vielen Galerien zerstreut sind, als
ein Hauptbild bezeichnen muss. Etwa mitten im
Bilde sitzt ein Kesselflicker, welchem eine Magd ein
Kasseroi zum Ausbessern überbringt. Er trägt einen
fleischroten Rock und graue Beinkleider, die Magd
eine zinnoberrote Jacke und einen hellblauen Rock,

alles von jener Helle des Tones, welche diesen
Meister charakterisirt. Unten mitten die echte Be-
zeichnung „J Tooren vliet Inv. et F. A° 1669". (Der
wagerechte Strich des T ist durchs J gezogen.) Das
Bild ist etwa 0,90 hoch und 0,45 breit. Von dem-
selben Meister dürfte auch die Darstellung eines
Marktes sein, ein verhältnismäßig großes Breitbild
von flüssiger, ziemlich breiter Malweise. Von -/. de
Winghe finden wir in Enns eines jener Bilder, auf
denen er darstellte, wie Apelles die Kampaspe als
Venus malt. Im Mittelgrunde gewahrt man Alexan-
dern, der die Scene überwacht, was sehr zweck-
mäßig erscheint, da Eros das Herz des Malers nicht
belanglos verletzt. Das Bild in Enns stimmt, so-
weit meine Erinnerung zuverlässig ist, in allem
Wesentlichen mit einem der beiden signirten De
Winghes im Belvedere überein (mit Nr. 1395). Ver-
mutlich ist das Bild in Enns eine Atelierwiedor-
holung oder eine alte Kopie des erwähnten Bildes
im Belvedere. Ich fand keine Bezeichnung beim
raschen Suchen, konnte aber erkennen, dass ich ein
nicht modernes Bild vor mir habe. Das Bild zu
Enns weist mit seiner Provenienz im allgemeinen
auf Prag hin. In Prag aber hat sich seiner Zeit das
entsprechende Venusbild des Belvedere von De Winghe
befunden, das in der Zeit zwischen 1718 und 1783 nach
Wien gekommen ist. Vorher mag es in Prag kopirt
worden sein. Auf einem Bilde mit den drei Marien
am Grabe von einem niederländischen Manieristen
um 1630 fand ich die Bezeichnung „V. Säulen", die
mir nicht geläufig ist. Etwa halb lebensgroße
Figuren, Eichenholz1). Der Richtung des Frans
Floris gehört ein Bild mit dem leidenden Hiob an,
zu dem die Freunde herankommen; „Job XIX" steht
beigeschrieben. Es hat sehr gelitten.

Nicht ohne Interesse ist ein in sorgsamer Weise
und nicht ohne Geschick auf Zinnblech gemaltes
Bild, auf dessen Rückseite folgende Inschrift in Ca-
pitalis eingegraben ist: „Contrafe Hans Peter-Rauch

• Burger ■ vnd ■ zingieser ■ in ' Wien ' vnd ' Eva ■ Stein

• Hausfrav ' Anno 1663." Mann und Frau finden
sich denn auch auf dem Bilde dargestellt. Leider
habe ich versäumt, mit Ausdauer nach einer Sig-
natur zu suchen. In einem geschriebenen Verzeich-
nis der Gemälde zu Enns, welches Komtesse Rech-

1) Das Bild war vor Jahren in der Galerie patriotischer
Kunstfreunde zu Prag ausgestellt, wie ich aus einem Ver-
merk entnehme, der in einem älteren handschriftlichen un-
datirten Verzeichnisse der hier besprochenen Bilder vorkommt.
Dort als „niederländische Schule" geführt (Dimensionen
1'9" X 1'5").


 
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