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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Kunsthandbuch für Österreich
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Bücherschau / Verschiedenes / Inserate
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483

Bücherschau.

484

welche dieser großen Aufgabe ihre Thätigkeit
widmete ?

Ein zweites, nicht minder wichtiges Desiderium
betrifft die Lückenhaftigkeit der Sammlungen und
deren zu geringe Dotirung. Bleiben wir nur zu-
vörderst bei der Reichshauptstadt, so macht sich
hier vor allem der Mangel eines großen plastischen
Museums immer dringender fühlbar. Auch mit der
bevorstehenden Eröffnung des kunsthistorischen Hof-
museums wird demselben nicht abgeholfen werden.
Die plastischen Sammlungen der Akademie, des
Osterreichischen Museums und der Universität sind
getrennte Anfänge einer umfassenden Anstalt, wie
sie von den Fachmännern schon seit Jahren gefor-
dert, auch im Reichsrate wiederholt urgirt, aber bis-
her immer noch nicht ernstlich in Angriff genommen
worden ist. Auch eine Nationalgalerie für Werke
moderner Malerei wäre eine in Österreich besonders
bedeutsame Schöpfung. Sie müsste das Beste in
sich vereinigen, was von den hervorragenden Künst-
lern aller Länder und Völker Österreichs geschaffen
wird. In ihr vertreten zu sein, müsste das Ziel des
Ehrgeizes für jedes aufstrebende Talent bilden.
Ihre Verwaltung hätte mit weitumfassendem Blick
alle Richtungen und Schulen gleichmäßig zu berück-
sichtigen, und nur nach der Höhe der Qualität, nie-
mals nach Gunst oder etwa nach sogenannten Hu-
manitätsrücksichten ihre Wahl zu treffen.

Zur Verwirklichung der angedeuten Zwecke
gehört freilich in erster Linie Geld, viel Geld! Aber
wir können uns der Hoffnung nicht verschließen,
dass auch in dieser Hinsicht Osterreich immer ent-
schiedener auf der Bahn des Fortschritts einhergehen
werde. Das Handbuch giebt über den finanziellen
Stund der österreichischen Kunstpflege die nach-
folgenden, sehr dankenswerten Aufschlüsse. Für
spezielle Kunstpflege (die Musik ausgeschlossen)
Waren im Staatsvorausehlage des Jahres 1890 im
Ressort; des Ministeriums für Kultus und Unterricht
25001)1) II. eingestellt, Für Museen wurden 142000 fL,
nur kunstgewerbliche Lehranstalten (die Staatsge-
werbesohnlen und Fachschulen nicht mit gerechnet)
188500 fl. bewilligt. Diese Ziffern liefern den Be-
weis dafür, dass für Kunst und Kunstgewerbe in
Osterreich jetzt lietriieliilich mehr aufgewendet wird
«a früher. Aher den MiIIionenbiidgef,s der anderen
«roßstaaten gegenüber sind sie immer noch sehr
Bering und verglichen mit den Hunderten von
Millionen, «reiche das Gtesamtbudget Österreichs
darstellt, perschwinden sie Gast wie der Tropfen
im Meer]

„Die stetig wachsende Bedeutung der Kunst-
pflege für das ö/jentliclw Leben sowie für die wiri-
schaftliclien Interessen des Staates" haben, den Worten
der Vorrede zufolge, das Bedürfnis einer derartigen
Zusammenstellung hervorgerufen, wie das vorliegende
Handbuch sie darbietet. So möge denn auch den
regierenden und gesetzgebenden Faktoren in Öster-
reich mit unwiderstehlicher Gewalt der Gedanke sich
aufdrängen, den wir von jeher verfechten: dass kein
Gebiet des Kulturlebens für die geistige und mate-
rielle Wohlfahrt der Völker wichtiger ist als die
Pflege des Schönen, dass jeder Gulden für die Kunst
dem Staate hundert- und tausendfache Früchte trägt!

O. v. L.

BÜCHERSCHAU.
Gray er, F. A., Voyage autour du Salon carre au
Musee du Louvre. Ouvrage illustre de 40 helio-
gravures par Braun. Paris, F. Didot et Cie. 4.
Die Frage nach der besten Anordnung größerer
Gemäldesammlungen ist zu verschiedenen Zeiten
verschieden beantwortet worden. In früherer Zeit
vereinigte man gern in einem Räume die Perlen der
ganzen Galerie, — unsere modernen Museen streben
nach einer historischen und topographischen An-
ordnung der einzelnen Schulen. So sehr man den
Nutzen einer solchen im Interesse wirklich wissen-
schaftlichen Studiums der Kunstgeschichte aner-
kennen muss, so wird sich doch wohl niemand dem
nachhaltigen Eindruck entziehen, den der erste Be-
such der Tribuna der Uffizien oder des Salon carre
im Louvre auf jeden machen muss. Mag auch die
Kritik diesem oder jenem Bilde die Berechtigung
absprechen, ferner unter dem bisher traditionell
geführten Namen in der Gesellschaft der Auser-
wählten zu erscheinen, so hat der Verfasser des hier
angezeigten Werkes doch recht, wenn er in der Ein-
leitung sagt: Meister, die sich anscheinend so fern
wie möglich stehen, begegnen sich in einem Räume
wie dem Salon carre in einem harmonischen Ein-
klänge: jeder spricht die Sprache seines Landes und
bewahrt die Gewohnheiten seiner Zeit, aber der
Geist der alle belebt, erhebt sie zu einer Höhe auf
der ihre verschiedenen Genien zu der höchsten Ein-
heit verschmelzen. Wenn man überhaupt heute
noch Lust hätte, für die Einrichtung solcher Elite-
säle zu plaidiren, so könnte man keinen besseren
Beweis zu ihren Gunsten anführen, als dass der
Salon carre zu einem Buche wie dem Gruyers An-
und Stoff geboten hat. Unter der Führung des
feinsinnigen und kenntnisreichen Verfassers wird die
 
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