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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Kunsthandbuch für Österreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0247

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Kunsthandbuch für Österreich.

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einzelne gewerbliche Zweige (meistenteils Staats-
anstalten) und zwar vierzehn für Spitzenarbeiten
und Kunststickerei, neunundzwanzig für Weberei
und Wirkerei, siebenundzwanzig für Holz- und
Steinindustrie, acht für Quincaillerie-, keramische
und Glasindustrie, sechs für Metallindustrie, endlich
zwei verschiedenen Lehrzieles, woran dann noch acht
Zeichenschulen und Modellirschulen, acht allgemeine
Handwerkerschulen und eine Anzahl von fachlichen
Fortbildungsschulen in Wien und Prag sich anreihen.
Hierauf folgen die Anstalten für Kunstunterricht an
den Universitäten (Wien, Graz, Innsbruck, Krakau,
Lemberg, Prag) und den technischen Hochschulen
(Wien, Brunn, Graz, Lemberg, Prag), von denen die
ersteren sich selbstverständlich nur mit dem theo-
retischen (ästhetischen, archäologischen und kunst-
historischen) Unterrichte befassen, letztere denselben
mit der praktischen Unterweisung (in der Architektur,
dem Zeichnen, Aquarelliren und Modelliren) ver-
binden. Kunst- oder Kunstgeschichtsunterricht wird
auch an mehreren Priesterseminarien und geistlichen
Lehran stalten (z. B. in Graz) erteilt.

Noch umfangreicher gestaltet sich der zweite
Abschnitt des Buches, welcher die Sammlungen und
die Vereine oder Gesellschaften behandelt, welche
ganz oder vorzugsweise den Zwecken der Kunst
dienen. Dieselben sind nach Ländern und innerhalb
derselben nach Städten geordnet, die Hauptstädte
voran, dann die übrigen in alphabetischer Ordnung.
An der Spitze steht Wien mit den Kunstsammlungen
des Allerhöchsten Kaiserhauses, der Albertina, den
übrigen großen Galerien und Museen, von denen das
Österreichische Museum für Kunst und Industrie
eine mit besonderer Ausführlichkeit gearbeitete Dar-
stellung aufweist, und in welchem Abschnitt uns
unter anderem auch über das 1888 gegründete neue
k. und k. Heeresmuseum (im Arsenal vor der
Belvederelinie) die ersten statistischen Daten vor-
liegen. An die größeren Museen schließen sich
dann die Wiener Vereine mit ihren Bibliotheken
und Sammlungen (neunzehn an der Zahl) und die
trotz aller Verluste, welche Wien in letzter Zeit
erlitten hat, immer noch sehr ansehnlichen Privat-
sammlungen, deren vierundzwanzig aufgeführt werden
(einschließlich der sogenannten Modenesischen Samm-
lung, welche der Besichtigung leider nicht zugäng-
lich ist, der Schatzkammer von St. Stephan und der
Sammlung des Deutschen Ritterordens). Die Samm-
lungen und Vereine der Kronländer sind so zahl-
reich, dass wir hier darauf verzichten müssen, sie
auch nur summarisch aufzuführen. Bemerkt sei

jedoch, dass neben den Sammlungen der Städte und
städtischen Vereine namentlich die große Anzahl der
Klöster, Stifter und Herrensitze mit ihrem zum Teil
hochaltertümlichen und kostbaren Kunstbesitz in
dem Buche zum erstenmal vollständig zusammenge-
stellt erscheinen. Diese Abschnitte bilden eine ge-
wiss jedem Kunstfreunde hochwillkommene Vervoll-
ständigung und Ergänzung unserer Reisebücher und
werden sicher dazu beitragen, dass neben den Natur-
schönheiten des gesegneten Landes auch dem reichen
Besitz an Werken einheimischer und fremder Kunst,
welcher sich namentlich in den Burgen und Schlössern
des Adels, in den Schatzkammern und Bibliotheken
der Stifter aufgehäuft findet, mehr Beachtung zu
teil werde als bisher.

Unter den Wünschen, zu denen uns die Durch-
sicht des vorliegenden Handbuchs Anlass gab, seien
hier nur einige wenige hervorgehoben. Vor allem
fiel uns auf, dass der wissenschaftliche Kunstunter-
richt an den Universitäten und technischen Hoch-
schulen der gleichförmigen und systematischen Ord-
nung entbehrt. Von den ersteren besitzt nur Inns-
bruck zwei 'Lehrkanzeln der Kunstgeschichte mit
der entsprechenden Verteilung des Unterrichtsstoffes
(a. Altertum, b. mittlere und neuere Zeit); an den
übrigen Universitäten ist der eine Teil entweder nur
durch einen Extraordinarius oder gar nicht vertreten.
Die österreichische Denkmälerkunde glänzt an allen
Universitäten durch ihre Abwesenheit. Hier abzu-
helfen, wäre nach unserer Ansicht ein dringendes
Bedürfnis, wenn der ernste Sinn und das Verständ-
nis für die Kunst in den nachwachsenden Geschlech-
tern gefördert und dem drohenden Materialismus
auch von dieser Seite her entgegengearbeitet werden
soll. Erst kürzlich bat der Professor der neueren
Kunstgeschichte an der Berliner Universität in der
„Deutschen Rundschau" auf die Notwendigkeit einer
ausgiebigeren Vertretung seines Faches an den Hoch-
schulen hingewiesen. Es genügt nicht, dass den
Philologen und Historikern das Verständnis einzel-
ner Spezialgebiete der antiken Kunst vermittelt
oder die Methodik der mittelalterlichen Denkmal''1"
forschung beigebracht werde. Die großen Meister
der modernen Kunst, ein Raffael und Michelangelo,
ein Dürer und Holbein, ein Rubens und Rembnu"11'
wollen ebenso wie die Dichtungen Shakespeares
und Goethes dem Geiste unserer akademischen
Jugend erschlossen, als zum unveräußerlichen °e"
sitztum der gebildeten Menschheit gehörig DC"
trachtet und bgriffen sein. Wb ftbet fände sior. ll"
den österreichischen Universitäten die Lehr»*8 '
 
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