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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Langl, Josef: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [2]
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Die Stuttgarter internationale Kunstausstellung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0216

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421

Die Stuttgarter internationale Kunstausstellung.

422

bedeutsamer Umschwung vollzogen. Tilgncr hatte
frühzeitig die alte Schule Bauers abgestreift und
fasste die Natur von der individuellen Seite mit den
Mitteln, wie sie ihm gelegen waren; ihm folgten
andere, und selbst die strengeren Stilisten und Monu-
mentalplastiker, die über Dresden nach Wien kamen,
sprechen heute in edler Prosa deutlicher als ehedem
in den steifen akademischen Jamben. — Tilgner hat
diesmal das Modell eines kleinen Brunnens mit
neckischen Amorinen ausgestellt, ein Werk voll An-
mut und Zierlichkeit. In solch' heiterer, kleiner
Plastik ist er so wenig der bestrittene Meister, wie
im Porträt; in seiner Büste des vielgenannten Prin-
zen Lichtenstein ist Charakter und Ähnlichkeit frap-
pirend wiedergegeben; der Prinz dürfte soeben eine
fulminante Wahlrede vor Apostelmodellen Uhde's
beendet haben, so siegesbewusst leuchtet sein Ant-
litz. — Ein größerer, ernsterer Zug geht durch
Weyrs Dekorationsreliefs für das k. k. Hofmuseum,
die Künste unter Karl VI. darstellend. Wir bemerken
unter anderen die lebensvollen Gestalten Raphael
Donners, Fischers v. Erlach etc. Ein plastisches
Genrebild mit ganz reizvollem Effekt ist sodann des-
selben Künstlers Hochrelief mit der Sage vom „Stock
im Eisen", welches in Erzguss das Thor des Equi-
tablehouse am Stephansplatz schmücken wird. Mit
viel Humor ausgestattete Kleinplastik in Bronze ist
namentlich von R. Kauffungen zu notiren; desgleichen
ein schöner Entwurf zu einem Grabdenkmal für
den verstorbenen Psychiater Prof. Leidesdorf. Vor-
zügliche Arbeiten sind femer das Wachsmodell
einer Reiterstatuette des Grafen Jul. Andrassy von
Rud. Winder, sowie die Idealstatuetten von Kühne.
Pcndl und Otto König. Im Porträt sind neben Tilg-
ner besonders die Werke von Schmidgruber, Klotz,
König und Rathausky hervorzuheben.

Schließlich haben wir dann noch einiger Mo-
delle in großen Dimensionen zu gedenken, welche
unseren Monumentalbauten als letzte Ausstattung
zu gute kommen; so Hoffmanns Centaur und Amor,
der mit seinem Kollegen die Außenstiege der k. k.
Akademie der bildenden Künste zu schmücken be-
stimmt ist, dann Scherpe's schön erdachte Austria für
den Kaiserjubiläumsbrunnen und von Idealplastik
eine Lohengringruppe von H. Bernliard. Möge denn,
nachdem wir mit der bildnerischen Ausstattung der
Ringstraßenbauten so ziemlich zu Ende sind, die
Entfaltung Großwiens recht bald auch den Bild-
hauerwerkstätten wieder neue Arbeit bringen; ge-
schickte Hände sind genug vorhanden, es fehlen
nur Aufträge, sie zu beschäftigen, um die schönen

Erfolge der Wiener Plastik noch weiteren Stei-
gerungen zuzuführen! J. LANGE.

DIE STUTTGARTER INTERNATIONALE
KUNSTAUSSTELLUNG.

(Fortsetzung.)

Greifen wir aus der weiteren spanischen Schar
ein paar Bilder heraus! Juan Antonio Benlliure führt
uns harmlose ländliche Jugend in Eselbegleitung vor,
Salinas in .Flirtation" reiche genusskundige Lebe-
welt. Schade, dass der Günstling des Boudoirs die
Beine so abscheulich krumm gestellt hat. Unsere
Zeit ist darin freilich nicht so skrupulös, wie man
in der Zeit der Kniehosen war; sie ist ungraziöser
bei gleicher Frechheit. Es ist ein pikantes, gut cha-
rakterisirendes Bildchen. Es thut uns, nebenbei be-
merkt, leid, dass von deutschen Meistern Albert Keller
das feine Salonbild hier nicht besser vertritt. Sein
,;Mahl der Löwen", d. h. zweier junger Löwenhünd-
chen, ermangelt der gewohnten koloristischen Fein-
heit und die zwei Lieblinge, wie ihre Hauptzu-
schauerin, der zu ihnen hingelagerte, auseinander
gereckte Backfisch lassen auch nach Formen zu
wünschen übrig. — Stimmungsvoll und eigentüm-
lich wirkt Serra's „Das antike Ostia": von Moos und
Flechten grüne Quadern der alten Hafenmauern, aus
dem Wasser ragend, ein langer Marmorblock mit
Kaiserinschrift und ein einzelnes Menschenkind darauf
liegend — Vergangenheit, versunkene und gestürzte
Pracht, grüne Sumpfeinsamkeit, Wasser und Himmel
Das Büd fällt auf und fesselt.

Die Spanier sind in der Kunst wieder im Auf-
gang und treten in das europäische Konzert ein. In
Tönen und Farben wissen sie zu streichen und haben
sich seit Fortuny und Sarasate neben die berühm-
testen zeitgenössischen Virtuosen gestellt. Goya war
künstlerisch entsprechend ihrem politischen Unab-
hängigkeitskrieg. Mit dem Krieg mit Marokko be-
gann der Ansatz zu neuem Aufschwung auch in der
Malerei. Möge diese sonstigem neuen Leben als
Morgenrot vorangehen, wie sie einst den Niedergang
spanischer Größe und spanischen Geistes gleich Abend-
rot verschönte!

Wenn wir die Reihe der italienischen Meister
sehen, die da herüberkommen mit Ölbild und Aquarell,
ganz modern, mit dem neuen realistischen Lebens-
bild und mit Landschaft, mit Marine, Architektur-
bild und Stillleben, dann müssen wir an die Erobe-
rungen des italienischen Weines bei uns denken.
Auch in ihrer Malerei ist Rotwein und Asti spumante,
 
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