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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Lampel, Adolf: Die Monogramme Jesu Christi
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0089

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Die Monogramme Jesu Christi.

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dienten sich vor Konstantin zur Zeit der Anfein-
dungen und Verfolgungen, da sie sich scheuten,
offen mit den Namen Christus und dem Kreuze vor-
zutreten, gern mystischer, symbolischer Zeichen und
Buchstaben, um ihre Verehrung zu bezeigen und
sich nur den Eingeweihten als christliche Bekenner
zu offenbaren. So kamen die ägyptischen Christen,
welchen das sogenannte ägyptische Henkelkreuz §^
als Zeichen des Lebens in der Hand der ägyptischen
Gottheiten geläufig war, leicht auf den Gedanken,
dasselbe für christliche Zwecke zu verwenden, ent-
weder genau in dieser überkommenen Figur selbst,
da sie hierbei leicht an das christliche Kreuz denken
konnten, oder in der oben am Anfang meiner Ausfüh-
rung angedeutetenForm des Monogramms -p, welches
infolge einer kleinen Veränderung des obigen
Henkelzeichens nicht nur das Kreuz Christi, sondern
auch die beiden Anfangsbuchstaben des Wortes Christi:
das X (d. h. das griechische chi, als verschobene
Kreuzesform) und das P (rho) in sich vereinigte.

Ja auch die Form des Monogramms ^pf, welche
sich ungezwungen als Zusammensetzung von X und
P darstellt, ist rein heidnischen Ursprungs, und
findet sich schon vor Christus auf den Denkmälern
und Münzen des griechischen Altertums, wenn auch
natürlich hier in anderer Bedeutung, vor, z. B. auf
attischen Tetradrachmen, und ich erinnere hier auch
an die Münzen der Ptolomäer, welche auf der einen
Seite den Kopf des Jupiter Amnion und auf der

Rückseite den Adler mit dem Zeichen zwischen
den Klauen (im Münzkabinett zu Berlin) zeigen.
Desgleichen ist dieses Zeichen auch in einer auf einer
runden Ära der ägyptischen Göttin Isis geweihten
Inschrift (Franz, Corp. Gr. Nr. 4713b) zu sehen.

Dass man in der ersten Zeit des Christentums
den Namen Christi oder das Kreuz nicht offen,
sondern durch mystische Zeichen darstellte, geschah
übrigens nicht bloß, um sich den Verfolgungen,
oder Verspottungen seitens der Heiden zu entziehen.
Eines der großartigsten Spottbilder, welches sich
bis auf unsere Tage erhalten hat, und welches
die frommen Christen auf das schmerzlichste und
bis in den Tod kränken musste, ist das aus dem
zweiten Jahrhundert herrührende, auf Stuck einge-
kratzte Bild des Gekreuzigten mit einem Eselskopf.
Dasselbe ist im Jahre 1856 von einem Jesuitenpater
auf der Südseite des Palatins zu Rom aufgefunden
worden und befindet sich gegenwärtig im Museum
Kircheriano des Collegium Romanum zu Rom. Die

mit einem Hemde (interula) und einer losen tunica
bekleidete Figur ist an ein T förmiges Kreuz ge-
heftet. Daneben steht ein Mensch in betender
Stellung und unter dem Kreuze eine griechische
Inschrift, welche auf Deutsch -lautet: „Alexamenos
betet seinen Gott an." Nach dem Kirchenvater
Tertullian (gest. -230 n. Chr.) cf. Apol. c. 16, wurde
zur Verspottung der Christen von den Heiden gern
die Eselsfigur herangezogen, da der neu geborene
Heiland in einer Stallkrippe seine Wiege gefunden
hatte.

Ich habe dieses Spottkruzifix besonders auch des-
wegen hervorgehoben, da das Kreuz hier die Form des
griechischen T(tau) hat und dieser Buchstabe den ersten
Christen ganz besonders dazu diente, für die Uneinge-
weihten unkennbar das Kreuz Christi darzustellen, ent-
weder als einzelner Buchstabe oder mit dem Mono-
grammChristi verschmolzen (de Rossi, Roma sott. IL
Tav.XXIX, 28 und Mommsen I. No. 1299), wie in der
im Eingange meines Berichtes bezeichneten Figur >P
welche eine der vielen Varietäten des Monogramms
Christi ist, und welche sich besonders auf Grab-
steinen vorfindet. Tertullian (Tertull. c. Marcion III,
22) erklärt hierzu, dass das Zeichen, welches nach
Hesekiel9,4—6 den dem alleinigen Gott treugebliebenen
Juden von Jerusalem an die Stirn geschrieben werden
sollte, damit sie bei der von Jebovah angeordneten
Niedermetzelung der von ihm abgefallenen götzen-
dienerischen Juden herauserkannt würden und ver-
schont bleiben könnten, das das künftige Kreuz der
Gläubigen bezeichnende griechische Tau T gewesen
sei. Das mit dem T verbundene Monogramm r^t
wird sogar von vielen als das echte Konstantinische
Monogramm Christi angesehen. Aber alle auf das
Konstantinische Monogramm bezüglichen Legenden
gehören mehr oder weniger in das Reich der Mythe;
als erwiesen steht, wie gesagt, nur fest, dass Kon-
tantin das Monogramm Christi sich auf seinen
Helm, auf die Schilde der Soldaten und auf die
Kriegsfahne gesetzt hat, es muss aber dahin gestellt
bleiben, welche von den bezeichneten Formen es ge-
wesen sei; nach dem oben Gesagten scheint es sogar,
als ob Konstantin selbst schon nicht immer ein und
dasselbe Zeichen festgehalten, sondern hin und
wieder mit den bekannten Vorbildern gewechselt habe.

Obgleich der Kaiser Konstantin sich einer
solchen Heilsbotschaft zu rühmen vermochte, ließ
er sich doch erst auf dem Sterbebette taufen. Bis
dahin behielt er die mit der Kaiserwürde verbundene
Würde des heidnischen Pontifex Maximus bei, betete
 
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