Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

DOI Artikel:
Haendcke, Berthold: Die Stellung der deutschen Maler vom Beginn des 16. Jahrhunderts am Schlusse diese Zeitraums
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0304

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
585

Personalien — Den

kmalpflege — Funde

586

den Schluß des 16. Jahrhunderts eine nicht mißzu-
verstehende Sprache.

Essindalso tatsächlich innereGründe vorhanden, um
eine Erklärung für die wieder anwachsende Liebe zur
älteren bodenständigen deutschen Kunst imletzten Drittel
des Jahrhunderts erklärlich erscheinen zu lassen. Der
Kunsthistoriker, dem die Künstlergeschichte oder eine
feinsinnige Betrachtung von Kunstwerken nicht ge-
nügen darf, muß auch derartige allgemeine Fragen
untersuchen, wenn anders die Künstler als die Dol-
metscher ihrer Zeiten angesprochen werden dürfen
und sollen. Wir haben schließlich nochmals einen
Blick auf die gerade auch um diese Zeit beherrschender
gewordene Einwirkung der stammverwandten Nieder-
länder und auf die Verarbeitung der von diesen ge-
brachten künstlerischen Motive zu werfen. Wir müssen
uns fragen, ob aus dieser begonnenen Bewältigung
fremden Kunstgutes und aus der wieder stärker er-
wachten Anteilnahme an den lebensprühenden Werken
der eigenen Vergangenheit unter günstigeren äußeren
Bedingungen eine bodenständigere künstlerische Ent-
wickelung hätte entstehen können als sie tatsächlich
das Jahrhundert des Dreißigjährigen Krieges in unserm
Vaterlande gesehen hat. Es dürfte bei einer solchen
Fragestellung auch der deutsche Partikularismus nicht
außer acht gelassen werden. Denn in eben demselben
Maße, wie dieser Deutschland vor dem Reformkatholi-
zismus bewahrt hat, enthielt er ein Moment nationaler
Kraft. Diese beiden Eigenschaften des Partikularismus
gelangten aber zu Ende des Jahrhunderts zu erhöhter
Wirkung. Die ganze Sachlage drängte dazu. Die
Künstler gaben dafür, wenn auch nur als Kopisten,
ein Merkzeichen! Derartige posthume Prophezeiungen
haben allerdings stets etwas Mißliches an sich ■—
in diesem Falle ließen sich allerdings noch andere
Feststellungen zugunsten einer Bejahung anführen.
Die Baukunst weist noch gar manche gotischen Ele-
mente auf, ja, ein Bau wie Paul Franckes Kirche zu
Wolfenbüttel gibt im Grunde nichts anderes als eine
gotische Hallenkirche und auch an der Universitäts-
kirche zu Würzburg »treten wieder die großen Ge-
danken der Gotik in neuer Umformung monumental
hervor« (Gurlitt).

Julius Lessing macht, um auch einen Blick auf das
Kunstgewerbe zu werfen, in seiner Schrift »Gold und
Silber« z. B. darauf aufmerksam, daß gegen 1600 sich,
namentlich in der Goldschmiedekunst, gotische Form-
elemente wieder bemerkbar machen. Er schreibt:. ..
ferner erhält sich im Handwerk ein fester lebens-
kräftiger Stamm älterer rein handwerksmäßiger Formen.
Hieraus erklärt sich die merkwürdige Erscheinung,
daß beim ersten Aufblühen der Renaissance um die
Mitte des 16. Jahrhunderts diese als etwas Neues und
Überraschendes überwiegt, daß dagegen im letzten
Drittel (!) scheinbar ein Rückschlag in die Gotik er-
folgt. Richtiger gesagt, es bleibt die gotische hand-
werksmäßige Überlieferung auch zu jener Zeit noch
lebendig«. Immerhin ist das Wiedererstarken gerade
um diese Jahre bemerkenswert.

Darf ich hier eine Meinung äußern, so geht diese
dahin, daß ich für die erste Hälfte des 17. Jahrhun-

derts an das Entstehen einer bodenständigen Kunst
in Deutschland deshalb nicht glaubte, weil das Sollen
der Zeit nicht stark und reif genug für eine künst-
lerische Aussprache war. Das 17. Jahrhundert war
eben für unser Vaterland offenkundig die Übergangs-
zeit zur eigentlichen Neuzeit; denn das siebzehnte,
nicht das 16. Jahrhundert räumte erst, trotz der
Reformation, gründlich für die Neuzeit auf. Vergessen
wollen wir aber die bedeutsame Tatsache nicht, das
im späten 16. Jahrhundert sich noch einmal die
eingeborene Wesensart der Kunst in Deutschland
kräftig regte.

PERSONALIEN

An die Städtische Kunstgewerbeschule in Köln,

die seit dem Direktionsantritt von Professor Thormählen
in stetem Fortschreiten begriffen ist, wurden Professor
Riegel aus Darmstadt, das bekannte Mitglied der dortigen
Künstlerkolonie, als Lehrer für Feinmetallarbeiten und der
Düsseldorfer Maler Robert Seuffert als Lehrer für figür-
liche dekorative Malerei berufen. Seuffert, ein geborener
Kölner, hat die Aufgabe, die neugeschaffene Abteilung für
profane und kirchliche monumentale Malerei zu entwickeln.

Professor Dr. Marc Rosenberg von der Tech-
nischen Hochschule in Karlsruhe vollendete am 22. August
sein 60. Lebensjahr. Rosenberg ist, wie bekannt, einer der
besten Kenner alter Goldschmiedekunst.

Wien. Der Maler Gustav Klimt hat am 14. Juli seinen
50. Geburtstag gefeiert. Eines der nächsten Hefte der
»Zeitschr. f. bild. Kunst« wird sich mit dem Wirken und
der Bedeutung dieses bedeutendsten lebenden österreichi-
schen Malers beschäftigen.

Pierre Lacau ist zum Direktor des Französischen Insti-
tuts für orientalische Archäologie in Kairo ernannt worden.

DENKMALPFLEGE

Rom. In diesen Tagen ist die Bronzestatue Kaiser
Marc Aurels, die seit dem Pontifikat Pauls III. den Kapitols-
platz schmückt, vom Pferd genommen worden, um äußerst
nötigen Reparaturen unterzogen zu werden. Reiter und
Pferd werden unter Leitung des Bildhauers Apolloni gründ-
lich ausgebessert und man hofft bis zum Herbst das Denk-
mal wieder an Ort und Stelle schaffen zu können, wo es
dann weiterhin den zerstörenden Naturkräften Trotz bieten
wird, wie es schon fast zwei Jahrtausende getan hat.

Fed. H.

In Villingen (Schwarzwald) sind im alten Rathause
die wertvollen Wandmalerein, die im Jahre 1909 durch
Regierungsbaumeister O. Linde - Karlsruhe aufgedeckt
wurden, von dem Maler Mader restauriert worden. Die
Wiederherstellung der aus der Zeit um 1640 stammenden
Ausmalungen des Treppenhauses und der Ratsdiele konnte
mit direkter Benützung der noch überall deutlich erkenn-
baren und erhaltenen Malereifragmente, zumeist auf dem
alten Putzgrund, durchgeführt werden.

FUNDE

In der Kirche der vormaligen Prämonstratenserabtei
zu Ilbenstadt in der Wetterau sind mittelalterliche
Wandmalereien ausdemi4.Jahrhundert aufgedecktworden.
Dargestellt ist das Martyrium der Zehntausend vom Berg
Ararat. Die Stifter konnten auf Grund von Wappen auf
den Gemälden festgestellt werden.
 
Annotationen