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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Schumann, Paul: Dresdener Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0070

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117

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe

118

samten Kunstwerke auch hier und da etwas gedrängt
aufgestellt werden mußten, so kommt die Sammlung
als Ganzes doch jetzt trefflich zur Geltung. Von dem
stumpfen grünen Grund hebt sich das Zinn in seinem
milden Glänze wirksam ab.

Die erste Abteilung bildet das Gebrauchsgeschirr,
das wir im Wechsel der Stilformen vom 16. bis
zum 19. Jahrhundert verfolgen können. Erst etwa
um 1500 haben die Zinngießer angefangen, das Tafel-
geschirr zu veredeln; Renaissance, Barock, Rokoko
und Empire lösen einander denn in der Folge der
Jahrhunderte auch beim Zinn ab. Namentlich aus der
Empirezeit, als Zinn oft mit Glas zusammen ver-
wendet wurde, finden sich reizende Formen vor. Eine
besondere Abteilung ist dann aus den Innungssachen
gebildet worden. Hier ragen besonders die großen
walzenförmigen Zunftkannen hervor, in deren glatte
Wandung Heiligenfiguren eingraviert oder gepreßt
wurden. Prächtige Becher finden sich, zum Teil mit
Zinnornamenten in Holz eingelegt oder auch mit
kalter Bemalung usw. Weiter finden sich zwei
Gruppen von sogenanntem Edelzinn, eine sächsische
und eine Nürnberger. Unter diesem Namen versteht
man Prunk- und Zierstücke von künstlerischem Wert,
die von den Zinngießern meist nach Modellen von
Künstlern oder wenigstens unter Verwendung von
Plaketten (z. B. von Peter Flötner) hergestellt wurden.
Alle hervorragenden Meister des Edelzinns, deren
Namen wir kennen, sind in der Sammlung hervor-
ragend vertreten, so der Lothringer Francois Briot
(geboren um 1550) mit der herrlichen Temperantia-
Schüssel und der zugehörigen Kanne; weiter Kaspar
Enderlein (geboren 1560 in Basel), der lange Zeit
den Ruhm genoß, die vielbewunderte Temperantia-
Schale erfunden zu haben, bis die Forschung erkannte,
daß seine beiden Temperantia-Schalen nur skrupellose
Nachahmungen sind.

Auch die berühmte Mars-Schale, die man früher
Briot zuschrieb, ist ein hervorragendes Stück der
Demianischen Sammlung. Die große Kanne mit
Messingstreifen und Relieffiguren nach Plaketten von
Flötner ist eine Nachbildung der Zunftkanne der
Maurerinnung in Zittau von 1662, eines Hauptwerkes
des sächsischen Edelzinns. Bei dem Nürnberger Edel-
zinn finden wir dann u. a. Werke von Nikolaus
Horchheimer (f 1583) und von Melchior Horchheimer
(f 1623). Nikolaus ist ein Vertreter der sogen. Holz-
stockmanier, so genannt, weil die Reliefornamente
ähnlich wie bei Holzschnittstöcken linienartig ge-
schnitten sind. Die so behandelten Schüsseln weisen
eine sonderbar zerrissene Ornamentik auf. Hier finden
wir weiter u. a. Kaiser-Teller, Kurfürsten-, Apostel-
und Auferstehungs-Teller, immer je vier bis fünf,
während man in anderen Sammlungen einen oder
höchstens zwei antrifft.

Eine weitere Gruppe umfaßt schweizerische,
schlesische und mährische Zinngeräte. Unter den
schlesischen Erzeugnissen ragen zwei gotische Schenk-
und Schleifkannen hervor, unter den mährischen drei
geätzte Teller.

Eine besonders bemerkenswerte Gruppe in der

Sammlung bilden sodann die Rohstoffe und Formen.
Neben einigen Zinnstufen sehen wir verschiedene
Zinnproben, die von 33 bis zu ioo°/0 Zinn ent-
halten, daneben einen Zinnstempel, Zinnformen zu
Ringen und anderem Kleingerät. Historisch merk-
würdig und einzig in seiner Art ist die Form zu
einem Löffel, wie sie beim Lustlager zu Zeithain im
Jahre 1730 an die Soldaten verteilt wurden. Weiter
finden wir allerhand Proben von Kleingerät und Re-
liefs in Zinn aus römischer, koptischer und mittel-
alterlicher Zeit, aus dem Orient usw. Auch eine
Gruppe kirchliches Zinn ist vorhanden: Abendmahls-
kelche, Hostiendosen, Reliquienkästchen usw. Im all-
gemeinen war ja Zinn für die heiligen Gefäße nicht
zulässig: indes bei kleinen Kirchen und besonders in
der trostlosen Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege
reichten die Mittel oft nur noch gerade für zinnerne
Gefäße. Erwähnen wir endlich einen ansehnlichen
Schrank mit zinnernen Einlagen, so haben wir wohl
wenigstens die wichtigsten Gruppen der Sammlung
erwähnt, die allerdings ihres Reichtums und ihrer
Vielseitigkeit wegen eine gesonderte und eingehende
Behandlung verdient. PAUL SCHUMANN.

NEKROLOGE
Wien. Am 25. November starb hier nach langer
schwerer Krankheit der Kunstschriftsteller und Kritiker
Karl M. Kuzmäny im 45. Lebensjahre. Anfangs Germanist
hat er sich später durch große Reisen und ausgebreitete
Lektüre bedeutende Kenntnisse in der Kunstgeschichte er-
worben. Sein hauptsächlichstes Interesse galt der mo-
dernen Kunst. Gelegentlich arbeitete er für einige Tages-
blätter. Eine lange Reihe von Jahren hatte er das öster-
reichische Kunstreferat der > Kunst für Alle« inne, zu dem
in den letzten Jahren, nach dem Tode von Hevesi, auch
das Wiener Ausstellungsreferat von »Kunst und Kunst-
handwerk« hinzutrat. Seine größter; Arbeiten behandeln
die österreichische moderne Graphik (Hauptarbeit: »Jüngere
österreichische Graphiker«), die seit 1907 in den »Graphi-
schen Künsten« erschienen. Ein paar Tage vor seinem
Tode erschien die große, vom Unterrichtsministerium heraus-
gegebene Monographie über Rudolf von Alt, die noch von
Hevesi begonnen worden war und die Kuzmäny weiter-
geführt, beendet und druckfähig gemacht hatte. Wenn
seine Schriften und Kritiken die Probleme auch nicht be-
sonders tief faßten und die Erkenntnis der modernen Kunst
auch nicht sehr gefördert haben, so zeichneten sie sich
doch durch großen Ernst, Objektivität und durch eine reiche
Erfahrung aus. o.P.

PERSONALIEN

Rom. Dr. Alfonso Bartoli, der bis vor kurzem dem
Kgl. Kupferstichkabinett im Palazzo Corsini als Assistent
zugeteilt war und den Sammlungen römischer Topographie
seine Tätigkeit widmete, ist als Inspektor der Direktion
der Ausgrabungen in Forum Romanum und Palatin zu-
gewiesen worden.

Ravenna. Dr. A. Gerola ist zum Direktor des Kgl.
Museums ernannt worden.

WETTBEWERBE
In dem Wettbewerbe, der durch die »Internationale
Baufachausstellung mit Sonderausstellungen Leipzig
1913« zur Erlangung von Bebauungsplänen unter den
Leipziger Architekten veranstaltet worden ist, wurden vier
 
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