Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

DOI Artikel:
Koetschau, Karl: Noch einmal die Sammeltätigkeit des Kaiser-Friedrich-Museums
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0065

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
107

Nekrologe — Personalien — Denkmalpflege — Archäologisches

108

weiter nachdenken will, der wird mir vielleicht zu-
geben, daß in beiden Fällen das Berliner Museum
und die Denkmalpflege durchaus nicht so weit von-
einander entfernt waren, als Professor Dehios eifernder
Groll es annimmt und darstellt.

KARL KOETSCHAU.

NEKROLOGE
Ludwig Pietsch, der ewig junge, ist am 27. Novem-
ber nach kurzem Krankenlager im Alter von 87 Jahren ge-
storben, und mit ihm sinkt ein Wahrzeichen von Berlin.
Was L. P. als Zeichner bedeutete, hat Professor Hans
Mackowsky im letzten Hefte unserer »Zeitschrift für bil-
dende Kunst« gezeigt in einem größeren Artikel, der 13
der köstlichsten Handzeichnungen von Pietsch reproduziert
und auf den hiermit verwiesen sei. Wie tief der greise
Ludwig Pietsch diese Würdigung empfunden hat, zeigt ein
längerer eigenhändiger Brief, den er wenige Tage vor sei-
nem Tode an uns gerichtet hat; er spiegelt die Freude
wieder, die diese Schätzung seiner Persönlichkeit ihm be-
reitete. »Die Veröffentlichung der Besprechung meiner
Zeichnungen und meines gesamten Seins und künstlerisch-
literarischen Schaffens durch einen Mann wie Professor
Mackowsky hat mich, wie Sie denken können, aufs tiefste
und freudigste berührt und ergriffen. Diese köstliche, un-
schätzbare Kundgebung ließ ich natürlich gar zu gern
meinen nächsten Freunden bekannt machen . . . .« — Seinen
Wunsch konnten wir erfüllen.

Der Bildhauer Walther Sintenis in Dresden, ein ge-
borener Zittauer, ist im Alter von 44 Jahren gestorben.
Er wurde Schüler von Robert Diez und später studierte er
bei Lagae und Meunier in Brüssel. Er schuf den über-
lebensgroßen Kongoneger in der Vorhalle der großen Wör-
mannschen Reederei in Hamburg, sowie eine Anzahl Büsten
und Werke der Kleinplastik. U. a. stammen von ihm
eine Schopenhauer-Büste und das Fichte-Denkmal in Ram-
menau.

In Paris ist am 21. November Paul Eudel im Alter
von 74 Jahren gestorben, bekannt durch seine Chroniken
über die Ausstellungen und Versteigerungen, die er unter
dem Titel »L'Hötel Drouot et la Curiosite« in zehn Bänden
vereinigt erscheinen ließ. Am berühmtesten wurde er
durch sein Werk über den »Truquage«, das auch in deutscher
Ausgabe unter dem Titel »Fälscherkünste« vor zwei Jahren
in 2. Auflage erschien, und das in humorvoller und an-
regender Art, auch aus reicher eigener Erfahrung, die
Tricks der Fälscher im Bilder- und Antiquitätenhandel
schildert.

Prof. Emanuel Semper, als Porträtist geschätzt, ist
in Dessau im 63. Lebensjahre gestorben. Er war ein
Sohn Gottfried Sempers.

PERSONALIEN

Aus Anlaß der diesjährigen großen Kunstausstellung
in Düsseldorf erhielten die Goldene Medaille für Kunst
Maler Karl Huck in Wien, Bildhauer Professor August
Gaul in Grunewald bei Berlin, Maler Professor Fritz Erler
in München, Bildhauer Professor Cyprian Adolf Bermann
in München und Maler Professor Louis Feldmann in
Düsseldorf.

Der Altmeister der deutschen Kupferstecher, Professor
Rudolf Starig, beging am 26. November in seinem schönen
Wohnsitz zu Boppard am Rhein seinen achtzigsten Ge-
burtstag. Der Künstler ist wohl der letzte hervorragende
Vertreter des klassischen Linienstiches, der noch in unsere
Zeit hineinragt, jener Stecherkunst, die mit einer uner-

hörten Vollendung in der linearen Durchführung sich be-
mühte, die malerischen Hauptwerke der großen alten
Meister in die im Ausdruck so viel beschränktere Sprache
des Stiches zu übersetzen.

Prag. Prof. Heinrich Alfred Schmid, der die Lehr-
kanzel für Kunstgeschichte an der Prager deutschen Uni-
versität innegehabt hat, wird Prag verlassen, da er einen
Ruf nach Göttingen als Nachfolger Robert Vischers ange-
nommen hat.

DENKMALPFLEGE

Ländliche Schulhausbauten. Das Badische Mini-
sterium des Kultus und Unterrichts hat soeben durch Geh.
Rat Dr. Warth ein Heft »Ländliche Schulhausbauten und ver-
wandte Anlagen im Großh. Baden« herausgeben lassen,
»um den Sinn für heimatliche Bauweise zu wecken und
zu beleben« und zugleich zu zeigen, »daß die charakteristische
Ausgestaltung des Schulhauses bei Erfüllung der schul-
technischen und hygienischen Anforderungen mit der hei-
mischen (örtlichen) Bauweise sehr wohl vereinbar ist«. Die
Bauwerke selbst sind in den Jahren 1905—11 entstanden und
haben als Planfertiger Oberbauinspektoren, Architekten,
Bezirksbaukontrolleure und Bauwerkmeister. Es ist sehr
interessant, aus dem mit Plänen, Ansichten, Kostenvoran-
schlägen und Angaben über Baumaterialien und Bauweise
reichlich ausgestatteten Heft zu ersehen, wie glücklich und
geschickt die gestellten Aufgaben gelöst wurden und wie
der Begriff »Heimatkunst« hier aus der Theorie und Pro-
paganda in die Praxis umgesetzt worden ist. Der Versuch,
ländliche Kunstweise durch staatliche Zweckbauten je nach
landschaftlichen Einzelfällen zu richten und zu fördern, ist
geglückt; seine Kodifikation ist ein Verdienst, aller Auf-
merksamkeit wert. b.

ARCHÄOLOGISCHES
Die Erklärung des Bostoner Gegenstücks der
Ludovisischen Thronlehne. Nachdem Studniczka im
Juni dieses Jahres im »Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen
Archäologischen Instituts« den »Ludovisischen Thron« und
sein vor einigen Jahren neu aufgetauchtes Bostoner Gegen-
stück als Aufsätze von den Schmalseiten eines großen Al-
tars (Krateutai) erklärt hatte (s. Kunstchronik 1910/11 Sp.535),
setzt er nunmehr seine Erörterung in dem soeben erschienenen
Doppelheft des Jahrbuchs fort. Nicht weniger als fast
100 Seiten, die von 60 Abbildungen begleitet sind, widmet
er in dieser ersten größeren Publikation des Gesamtwerkes
der Deutung und der kunstgeschichtlichen Einreihung dieser
köstlichsten Blüte attisch-jonischer Kunst, aus der Zeit des
Übergangs von der gebundenen zur freien Ausdrucksweise
in der oder kurz nach der Perserzeit. Wir können hier
den positiven und negativen Deduktionen des Leipziger
Archäologen nicht im Detail folgen, der jeden möglichen
Einwurf gegen seine Deutung und gegen die kunstgeschicht-
liche Stellung, die er dem Werke geben will, von vornherein
bereits erörtert. Nur seine Schlüsse wollen wir, ohne pro
oder contra Stellung zu nehmen, weiteren Kreisen unter-
breiten , da ja so viele Romreisende die Ludovisischen
Stücke bewundern und bald auch kein Museum und kein
Gipskabinett ohne einen Abguß des Bostoner Seitenstückes
sein wird. In die Adonis-Sage setzt Studniczka die zu-
sammengehörigen römischen und Bostoner Altarrandaufsätze,
die mit anakreontischer Anmut und zutraulicher Andacht
einen Hymnus von Lust und Leid der Cyprischen Liebes-
göttin singen. In den zu Rom befindlichen Teilen, der
Front, taucht sie froh empor aus der Meerestiefe ans Licht
der schönen Welt, von den zwei Frühlingsgöttinnen wie
von dem verkörperten liebevollem Diensteifer emporgehoben.
 
Annotationen