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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Maas, Max: Archäologische Nachlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0084

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ACAD. LESEH.

cO.OEZ.1911 i

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN m Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXIII. Jahrgang 1911/1912 Nr. 10/11. 29. Dezember 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

ARCHÄOLOGISCHE NACHLESE
Von Dr. Max Maas, München
Wie auch in den verflossenen Jahren (s. zuletzt
»Kunstchronik« 1910/11, Spalte 97—105 und Spalte
113—119), wollen wir versuchen, aus dem »Archä-
ologischen Anzeiger«, der soeben erschienen ist, die
»Archäologischen Funde im Jahre 1910« insoweit
wieder nachzutragen, als die direkte Berichterstattung
sie in den Spalten dieser Zeitschrift noch nicht ge-
bracht hat. Diese archäologische Nachlese ist eigent-
lich unrichtig mit »Nachlese« bezeichnet; denn wenn
wir das ungeheure und in keiner übrigen Bericht-
erstattung sonst vertretene Material, das der »Archä-
ologische Anzeiger« wiederum in 250 Spalten vor-
legt, betrachten, müssen wir zunächst die Ohnmacht
gestehen, auf andere Weise wie durch Auszug aus
diesen zentralisierten Berichterstattungen jemals einem
größeren Publikum nur annähernd die Gesamtheit der
archäologischen Resultate eines Jahres vorzuführen.
Es gibt zwar im Ausland auch derartige zusammen-
fassende Berichte; z. B. hat das jährlich bei John
Murray in London erscheinende »The Year's Work
in classical Studies« außerordentlich übersichtliche
Zusammenstellungen über Prähistorie, Griechenland,
Italien und das römische Großbritannien; aber eine
solche autoritative Lückenlosigkeit, wie sie der
»Archäologische Anzeiger« bietet, ist nach wie vor
unerreicht. Um den Raum dieser Zeitschrift nicht
allzusehr in Anspruch zu nehmen, müssen wir uns
jetzt auf die Hauptländer: Griechenland, Kleinasien,
Kreta, Italien, Südrußland, Nordafrika beschränken und
auch hier das Kunstarchäologische und Kulturgeschicht-
liche möglichst allein betonen. Wollten wir auch die
anderen für die Altertumsfunde in Betracht kommen-
den Länder wie Frankreich, Britannien, die Schweiz
und die Donauländer mit in unsere Nachlese auf-
nehmen, so würde die von uns zu beanspruchende
Spaltenzahl eine allzu große werden. Ägypten soll
nach dem Erscheinen des »Archaeological Report of
the Egypt Exploration - Fund« speziell nachgetragen
werden.

Um mit Griechenland zu beginnen, so ist die
Restauration der Propyläen der athenischen Akropolis
unter Balanos' umsichtiger Leitung fortgeschritten.
Epistyl, Metopen und Triglyphen liegen wieder an
ihrem alten Platz über den Säulen und von der Nord-
hälfte der Osthalle können auch noch Geison, Giebel

und Giebelgeison aus den alten Werkstücken aufgebaut
werden. Bei der Untersuchung der späten Teile der
Akropolisringmauer kam ein wichtiges archaisches
Relief, das auf beiden Seiten der Platte Athena dar-
stellt, zutage. — Am römischen Markte, beim Turm
der Winde, wurden früher begonnene Ausgrabungen,
bei denen eine jonische Stoa mit Kammern für Kauf-
läden in einer Länge von 112m freigelegt worden
war, fortgesetzt und dabei weitere 30 m der Stoa frei-
gelegt. (Siehe »Kunstchronik« 1910/11, Spalte 414;
ebendaselbst auch über Brückners Arbeiten im Fried-
hof der Hagia Trias.) — Bei Chalkis wurden in der
Nähe des Isistempels an der Quelle Arethusa Reste
eines Bades ausgegraben, ferner eine späte Nekropole
des 2.—1. Jahrhunders v. Chr., namentlich aber bei
Treis Camares zehn mykenische Kammergräber mit
verschiedenartigen Funden aufgedeckt. — Der Apollo-
tempel in Eretria wurde vollständig aufgedeckt und
dabei herausgefunden, daß die ältesten Reste an dieser
Stätte drei »Kurvenbauten« waren. Von dem älteren
Apollotempel sind Säulentrommeln und herrliche
Giebelskulpturen erhalten, worunter der Torso einer
gefallenen Amazone, Teile der Pferde vom Gespann
des Theseus und andere Reste die bedeutendsten Neu-
funde repräsentieren. Diese schönsten Giebelgruppen
des ausgehenden 6. Jahrhunderts könnten zu dem
mächtigen Peripteraltempel nicht gehört haben, dessen
Funde allein erhalten sind. — Im Museum von
Schimatari (Tanagra) wurde unter zahlreichen unbe-
achtet gebliebenen Stelen von Tanagra auch die fein-
gravierte Stele des Saugenes (gefallen 424 v. Chr. in
der Schlacht bei Delium) wieder gefunden. Diese
Stele trägt reiche eingegrabene Darstellungen und ist
ein Kunstwerk ersten Ranges aus bester Zeit. — Auf
einem, an den modernen Friedhof von Theben im
Norden anstoßenden Hügel wurden bei Ausgrabungen,
in denen man die berühmte Orakelstätte des ismeni-
schen Apollon suchte, mykenische Kammergräber ge-
funden, mit prächtigen, großen Gefäßen des sogen.
Palaststils der ersten bis zweiten spätminoischen Periode.
Von den Bauten des Apollotempels ist wenig erhalten.
Aus der gleichen mykenischen Zeit wurden im Süden
der Stadt Theben noch fünf weitere Gräber mit mannig-
faltigen Einzelfunden ausgegraben. — In Thessalien
hat Arvanitopulos den Turm der bemalten Stelen in
Pagasai ganz ausgegraben. Unter den zahlreichen
Stelen, die er noch geliefert hat, ragt ein Fragment
 
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