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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Schumann, Paul: Dresdener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0068

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A6A0. L.ESEH.

9-DEZ1911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXIII. Jahrgang 1911/1912 Nr. 8. 8. Dezember 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

DRESDENER BRIEF
Für die Dresdener Kunstsammlungen kommen
nach der langen Dürre unter dem verdienstvollen
Finanzminister Dr. Rüger, der für die sächsischen
Finanzen so viel und für die Kunst so wenig getan
hat, wieder bessere Zeiten. Davon zeugen die Kunst-
kapitel in dem sächsischen Staatshaushaltsvoranschlag
für igi2 und 1913 und die Mitteilungen des gegen-
wärtigen Kunstministers Dr. Beck. Da werden zu-
nächst vom Landtag die Mittel zu einem neuen Ge-
bäude für das Hauptstaatsarchiv gefordert, das in
Dresden-Neustadt erbaut werden soll. Ist dies neue
Haus fertig, so soll das gesamte Albertinum, das
gegenwärtig die Skulpturensammlung und das Archiv
beherbergt, den Skulpturen eingeräumt werden. Da-
mit wird dann die Raumnot in der Sammlung der
Bildwerke auf Jahre hinaus beseitigt sein. Weiter
sollen zwei neue Museen erbaut werden, beide auf
dem Gelände Herzogin-Garten. Die Krone beabsich-
tigt, den Hofgartenbetrieb nach Pillnitz zu verlegen,
der Herzogin-Garten soll für 800000 Mark in den
Besitz des Staates übergehen. Das eine der beiden
neuen Museen soll dann die zoologischen und anthro-
pologisch-ethnographischen, sowie die mineralogischen
und prähistorischen Sammlungen aufnehmen, das an-
dere die moderne Gemäldegalerie. Das neue Gebäude
für die gesamten naturwissenschaftlichen Sammlungen
soll offenbar auf Kosten des Staates gebaut werden,
man darf erwarten, daß die erste Rate für diesen
Bau im Staatshaushalt für 1914/15 auftauchen wird.
Dagegen soll das Gebäude für die moderne Galerie
nicht ganz dem Staate zur Last fallen. Der Dresdner
Oberbürgermeister Geheimer Rat Dr. Beutler hat
am 1. Dezember den vielfach geforderten Museums-
verein ins Leben gerufen, der Dresden bisher ge-
fehlt hat; und diesem soll als eine Hauptaufgabe der
Bau eines neuen Galeriegebäudes zufallen. Das ist
zwar etwas durchaus Neues, denn die bisher ge-
gründeten Museumsvereine haben sich wohl überall
ausschließlich mit der Vennehrung der Sammlungen
befaßt, und es wird keine leichte Aufgabe sein, mit
Hilfe eines solchen Vereins ein neues Galeriegebäude
zu schaffen; indes Oberbürgermeister Beutler ist ein
so hervorragender Finanzmann und hat auf ähnlichen
Wegen schon so Bedeutendes geleistet, daß man von
ihm auch die glückliche Lösung dieses schwierigen
Plans «rwarten darf. Der sächsische Finanzminister,

der die bevorstehende Gründung des Museumsvereins
im Landtage mitteilte, rief bei dieser Gelegenheit mit
warmen Worten die gemeinnützige Gesinnung der
mit Glücksgütern gesegneten Staatsbürger an, daß sie
in Zukunft mehr als bisher die Kunstsammlungen
mit unterstützen möchten. »Ich glaube,« so sagte er
u. a., »daß es kaum ein edleres Gefühl geben kann,
als aus dem Schatze reicher eigener Mittel auf einem
so bedeutsamen neutralen Gebiete, wie der Kunst,
auf dem alle Stände, alle Parteien ohne Unterschied
sich lediglich in dem Bestreben, an der Erziehung
und an der Veredelung des Geschmackes der Be-
völkerung mitzuarbeiten, vereinigen können, mit dazu
beizutragen, daß die Pforten der Kunsttempel für alle
Bevölkerungskreise möglichst weit geöffnet werden.
Und ich möchte wünschen, daß das eben bekannt
gewordene vorbildliche Handeln eines bereits bei
Lebzeiten seiner edlen Wohltätigkeit wegen geschätzten
Dresdner Bürgers mit an seinem Teile diese meine
Anregungen wirksam fördern möge, damit in Zukunft
solche Wohltäter und Kunstmäzene zahlreicher wer-
den, als es bisher der Fall war.« (Der Minister meinte
hiermit den kürzlich verstorbenen Konsul Arnstädt,
der der Stadt Dresden als Nacherbin über vier Millionen
Mark vermacht hat.)

Der Bau zweier neuer Museen würde eine noch
weitere wichtige Folge haben. Die Räume im Zwinger,
die von den naturwissenschaftlichen Sammlungen frei
werden, sollen die Porzellansammlung aufnehmen, die
jetzt im zweiten Obergeschoß des Johanneums sehr
unzweckmäßig untergebracht und aus Platzmangel
sehr gedrängt aufgestellt ist. Prof. Dr. Ernst Zimmer-
mann, der jetzt selbständiger Direktor der Porzellan-
sammlung werden soll, hat deren Unterbringung im
Zwinger im ersten Bande der Mitteilungen aus den
sächsischen Kunstsammlungen (Leipzig, Breitkopf &
Härtel 1910) überzeugend begründet. »Die Porzellan-
sammlung trägt ein doppeltes Gepräge, ein wissen-
schaftliches und ein künstlerisch-dekoratives. Beiden
Seiten könnte die Aufstellung im Zwinger ge-
recht werden. Im südlichen Teile könnte das euro-
päische, im nördlichen das ostasiatische aufgestellt
werden. Die Verschiedenartigkeit der Räume ermög-
licht dabei eine so mannigfaltige Aufstellung, daß
jede ermüdende Wirkung verhindert, zugleich die
Schönheit und Großartigkeit der Sammlung wirksam
zur Geltung gebracht werden kann. Durch geeignete
 
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