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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Noack, Friedrich: Die Gebrüder Asam in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0076

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Acad.Leseh.

2äQ£Z1911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XXIII. Jahrgang

1911/1912

Nr. 9. 22. Dezember 1911.

Die Kunstclironik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

DIE GEBRÜDER ASAM IN ROM
Über die beiden hervorragenden Vertreter der
Barockkunst in Bayern, den Maler Cosmas Damian
Asam und den Bildhauer Egid Quirin Asam, ist bis
jetzt keine vollständigere Darstellung erschienen, als
die Monographie von Dr. Philipp M. Halm »Die
Künstlerfamilie der Asam«, München 1896. Von dem
römischen Studienaufenthalt der Brüder weiß aber
auch Halm nur wenig zu berichten und setzt dessen
Zeitpunkt irrig an.

Aus den von Halm benutzten Quellen erfahren
wir, daß der Prälat des Stiftes zu Tegernsee die beiden
Brüder zu ihrer künstlerischen Ausbildung nach Rom
geschickt hat, und daß sie gleichzeitig mit dem Maler
Franz Hermann dort gewesen sind. Aber wann?
Halm nimmt an, Cosmas Damian sei nach seiner
Rückkehr aus Italien noch eine Zeitlang als Gehilfe
seines Vaters tätig gewesen, den er nach erhaltenen
Urkunden um 1710—1711 bei der Anfertigung der
Altarbilder für die Kirche von Harenzhofen unterstützt
hat. Da der Vater Hans Georg Asam nun am 7. März
1711 begraben worden ist, so könnte nach Halm der
römische Studienaufenthalt nur in die Zeit vor 1710
fallen. Danach wäre Cosmas (geb. 1686) vor seinem
24. und Egid (geb. 1692) vor seinem 18. Lebensjahre
in Rom gewesen; für letzteren wäre das ungewöhn-
lich früh. Da Halm nun das Jahr 1710 für die
Harenzhofer Bilder und das Jahr 1715 für Cosmas'
Deckenfresken in der Klosterkirche von Ensdorf ge-
funden hat, so entsteht ihm eine Zeitlücke, von der
er sagt: »Wo die beiden Brüder in den Jahren 1710
bis 1715 tätig waren, läßt sich nicht mehr bestimmen.«

In diesen Zwischenraum fällt tatsächlich die Rom-
reise der Brüder und nicht in die Jahre vor 1710.
Wenn sie zugleich mit Franz Hermann, dem Maler
der Klosterkirche von Münsterschwarzach, in der
ewigen Stadt waren, so gibt es einen festen Punkt
dafür im Jahr 1713. Die Berichte über die Preis-
verteilungen an die Schüler und Kunstjünger der
Akademie S. Luca zu Rom melden nämlich, daß am
23. Mai 1713 der Maler Franz Hermann aus Schwaben
in der zweiten Malklasse den I. Preis erhielt für die
Komposition »Der hl. Andreas von Avellino erweckt
einen vom Fels gestürzten Knaben zum Leben«. Aber
nicht genug damit; es gibt unter demselben Datum
ein unmittelbares Zeugnis für die Anwesenheit der
Brüder Asam in Rom, denn in dem Bericht über

dieselbe feierliche Preisverteilung auf dem Kapitol
heißt es, daß »Cosimo Damiano Asam Bavaro« den
I. Preis in der ersten Malklasse erhielt für seine
Komposition »Wunder des hl. Pius, der bei der
Kirche Araceli durch Berühren mit der Stola eine
besessene Frau von unreinen Geistern befreit«. Der
Preis bestand in einer Medaille mit dem Bildnis des
hl. Lucas und des Papstes Clemens XI. Wenn der
Maler Asam im Mai 1713 in der Lucas-Akademie
einen I. Preis erhielt, so ist er ohne Zweifel schon
1712 in Rom gewesen und hat an den im Herbst
beginnenden Lehrkursen teilgenommen, vielleicht auch
schon im Jahre 1711. Es muß danach angenommen
werden, daß die Brüder Asam ihren alten Vater bis
zu seinem Tod (März 1711) in der Heimat unter-
stützt haben und erst dann mit Beihilfe des Abtes
von Tegernsee die Studienreise nach Italien angetreten
haben. Bei ihrer Rückkehr scheint dieser Gönner sie
sofort mit Aufträgen versehen zu haben, denn das
erwähnte, 1715 vollendete Deckenfresko zu Ensdorf
befindet sich in einer Benediktinerkirche, deren Abt
aus dem Kloster Tegernsee stammte, und 1716 ar-
beiteten die Brüder für das Benediktinerkloster Michael-
feld, dessen Abt auch ein Tegernseer war. Damit
erscheint die von Halm bemerkte Zeitlücke voll-
kommen ausgefüllt durch die Studienfahrt nach Italien,
die etwa durch die Jahre 1711 und 1714 begrenzt wäre.

Über die römischen Studien selber teilt Halm aus
Quellen des 18. Jahrhunderts mit, daß Cosmas sich
unter der Anleitung des »Ritters Ghezzi« gebildet
habe, irrt aber, wenn er darunter den 1721 verstor-
benen Maler Giuseppe Ghezzi versteht. Dieser war
im Jahre 1713, dem Mittelpunkt des römischen
Aufenthalts der beiden Asam, schon 79 Jahre alt und
dürfte damals um so mehr die Lehrtätigkeit längst
aufgegeben haben, als er schon am 4. Januar 1699
mit Rücksicht auf sein Alter den Ehrenposten eines
Sekretärs der Akademie S. Luca niederlegen wollte.
Er wurde dann auf dringenden Wunsch des Präsi-
denten wohl wiedergewählt, ließ sich aber einen
Untersekretär beigeben, der ohne Zweifel die Arbeit
für ihn getan hat. Dieser Untersekretär war seit 1706
Ghezzis eigener Sohn Pierleone, ebenfalls Maler, geb.
in Rom 1674, also um 1713 in der Vollkraft des
Mannesalters stehend. Auf diesen Pierleone Ghezzi
ist ganz eindeutig die obige Bezeichnung »Ritter
•(= Cavaliere) Ghezzi« zu beziehen. In allen zeit-
 
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