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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Burchard, Ludwig: Anmerkungen zu den Rubens-Bildern der alten Pinakothek in München
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0143

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263

Nekrologe

264

790. Bildnis des Don Ferdinand von Spanien in Kar-
dinalskleidung. »Nach Glück Schulkopie.*

Hier verzeichnet der Katalog ein von G. Glück ge-
äußertes Urteil, das sicher wenig Beifall finden wird. Die
Stelle bei Glück lautet (Kunsthistorische Anzeigen 1905,
pag. 61): »Eine Schulkopie, wohl von derselben Hand und
Qualität, wie die eben erwähnten Bildnisse Philipps und
Isabellas [sc. in München].« — Die gleiche ausführende
Hand bei den genannten drei Bildern zu vermuten, war,
bei der Menge von Repliken, in denen solche Fürstenbild-
nisse von Rubens vorkommen, eine Unvorsichtigkeit, wie
man sie bei dem vortrefflichen Kenner sonst wohl kaum
finden wird. Die Bilder lassen sich aber auch in ihrer
Qualität nicht auf eine Stufe stellen. Das ist ein Irrtum,
den jeder, der die Bilder daraufhin vergleicht, sofort ein-
sehen muß. Der Kardinal ist ein ganz unzweifelhaftes
Original von Rubens. Höchstens könnte man durch die
dünne und stellenweise etwas undeutliche Malerei stutzig
gemacht werden; doch findet dieser Mangel darin seine Er-
klärung, daß hier einer der seltenen Fälle vorliegt, wo
Rubens ein eigenhändiges Werk auf eine Leinwand und
nicht auf eine widerstandsfähige Holztafel gemalt hat. Der
Grund für diesen Ausnahmefall mag darin liegen, daß
dieses Porträt, wie Rooses (vol. IV, pag. 155) annimmt,
auf der Reise in Madrid von Rubens nach dem Leben ge-
malt ist. Leider sind mir die Lebensdaten des Kardinals
nicht soweit bekannt, daß ich bestimmt angeben könnte,
ob der Kardinal zu der Zeit, da Rubens in Madrid weilte
(1628—29), wirklich daselbst anwesend war. Ist das der
Fall gewesen, dann steht der Annahme, die Rooses ge-
äußert hat, nichts im Wege. Das Bild paßt seinem Stil
nach vortrefflich in die Jahre 1628—29. Eine Holztafel
aber hatte Rubens auf der Reise schwerlich zur Verfügung,
während ihm eine Leinwand jederzeit zur Hand war. Auf
alle Fälle reiht sich dieses Bildnis den sonstigen sicheren
Originalporträts des Rubens durchaus würdig an.

791. Bildnis eines Franziskanermönchs.

Bei diesem Bilde kann die Frage sehr wohl gestellt
werden, ob es wirklich von Rubens ausgeführt ist. An
Qualität scheint es mir zu gering für den Meister selbst.

794. Bildnis der Helene Fourment im Hochzeits-
gewand. 'Eine Teilreplik (Halbfigur) im Rijksmuseum
zu Amsterdam.*

Die Amsterdamer »Teilreplik« ist bloß eine mäßige

Teilkopie.

796. Bildnis der Helene Fourment mit schwarzem
Samtkäppchen. »Teilreplik (wohl nur Werkstattarbeit)
nach dem ganzfigurigen Bild in der Sammlung Alph. de
Rothschild, Paris.*

Der Katalog tut recht daran, dies Bild nicht für eine
Originalkomposition, sondern nur für eine Teilreplik zu
halten. Der Ausschnitt, in dem die Figur erscheint, ist für
Rubens ganz unmöglich. Aber ich glaube auch nicht, daß
die Malerei der Werkstatt des Rubens entstammt; denn
sie zeigt im Kolorit und Farbauftrag Merkmale, die zu
diesem Kunstkreis nicht passen. Die Farbskala basiert auf
einem leuchtenden Schwarz, und die wenigen nicht nach
Schwarz hin gebrochenen Farben sind Olivgrün im Kostüm,
und ein Rot auf den Wangen, das mehr dem Inkarnat des
späten Watteau entspricht als dem der Rubensschule.
Innerhalb der diskret beschränkten Skala ist die Farbe der-
art nuanciert und in solch lockeren, breiten Flächen auf-
getragen, wie ähnliches von Rubens oder der engeren
Rubensschule nicht bekannt ist. Da das Bild schon bei
Gool (1750—51) erwähnt ist, so kann es nicht allzuspät
im 18. Jahrhundert entstanden sein, man wird aber dieses

wundervolle Stück Malerei auf alle Fälle besser ins 18. als
ins 17. Jahrhundert datieren.

797. Bildnis der Helene Fourment, ihr Söhnlein auf
dem Schöße haltend.

Das Dresdener Kupferstichkabinett bewahrt eine ent-
zückende Studie in schwarzer und roter Kreide, die Rubens
von dem Kopfe des Söhnchens nach dem Leben gezeichnet
hat, um sie in dem Münchener Bilde zu verwerten (In der
Woermannschen Publikation von Handzeichnungen aus
dem Dresdener KKK. die Nr. 150. — Siehe auch Rooses
vol. V, pag. 274, Nr. 1526).

798. Der Künstler und seine zweite Frau im Garten.

Die Sammlung der Albertina besitzt eine Studie zu
dem Kopf des Künstlers auf diesem Bilde (Rooses Nr. 1529);
sie ist anscheinend mit Hilfe eines Spiegels gezeichnet.— Das
Brustbild, das Rubens darstellt und das sich bei Ahrenberg
in Brüssel befindet (ursprünglich ein Hochoval), scheint
nur eine Teilkopie der Münchener Komposition zu sein;
es entspricht Stichen von Hollar, Panneeis usw., die alle
letzten Endes auf die Münchener Konzeption zurückgehen.
Da der Stich des Panneeis, der den Kopf des Münchener
Bildes in achteckigem Ausschnitt wiedergibt, 1630 datiert
ist, so läßt sich die mutmaßliche Datierung »um 1630—31«,
die Rooses für das Münchener Bild gibt, genauer auf 1630
präzisieren. — Das Bukarester Galeriewerk führt als Arbeit
des Rubens eine Grisaille auf Papier auf, die der Figuren-
gruppe des Münchener Spazierganges entsprechen soll
(28:43 cm).

811. Waldinneres. ».. . Skizze zu (nach Rooses Nr. 1192:
Kopie nach) der Landschaft des Bildes bei Sir Watkins
William-Wynn .. .«
Rooses hat seine guten Gründe gehabt, daß er dies
Bild einfach als Kopie abtat. Es ist in fetter Farbe ge-
tüpfelt, ein Malverfahren, das Rubens durchaus fremd ist.
Man hätte also das kleine Stück, das erst gelegentlich der
Neuordnung 1909 aus Erlangen übernommen wurde, ruhig
an seinem alten Platze belassen können.

NEKROLOGE

Am 2. Februar verschied plötzlich der Direktor des
Provinzialmuseums in Hannover Dr. Adolf Brüning im
Alter von 44 Jahren, nachdem er sich von einer Krankheit
im November und Dezember vorigen Jahres kaum erholt
hatte. Mit ihm ist vorzeitig ein Mann dahingegangen, der
nach warm anerkannter, erfolgreicher Tätigkeit eine neu
begonnene Arbeit unvollendet zurückläßt und in seinem
Kollegenkreise persönlich schmerzlich vermißt werden wild.
— Brüning war 1867 in Münster i. W. geboren und studierte
klassische Philologie, Archäologie und Germanistik. Nach
der Promotion und dem Staatsexamen unterrichtete er
zwei Jahre an den Gymnasien in Koblenz und in Bonn
und war dann ein Jahr lang Erzieher des Prinzen von
Ratibor. Im Jahre 1894 trat er bei den Kgl. Museen in
Berlin ein und arbeitete zunächst unter Ernst Curtius am
Antiquarium, später unter Lessing am Kunstgewerbe-
museum, wo er 1897 als Direktorial-Assistent angestellt
wurde. Im Oktober 1905 erhielt er seine Ernennung als
Direktor des neuerbauten Landesmuseums in Münster,
nachdem er schon vorher des öfteren in den dortigen
Museumsangelegenheiten zu Rate gezogen war. Im Sep-
tember 1910 siedelte er nach Hannover über, um die
Leitung des Provinzialmuseums zu übernehmen. — Die
Jahre in Berlin waren besonders der literarisch-wissenschaft-
lichen Arbeit gewidmet. Außer zahlreichen kürzeren oder
längeren Aufsätzen in Fachzeitschriften veröffentlichte er
 
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