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Denkmalpflege — Denkmäler — Ausgrabungen
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folgende Werke: 1902 als Band III der Monographien des
Kunstgewerbes »Die Schmiedekunst seit dem Ende der
Renaissance«; 1904 den Katalog der großen Porzellan-
ausstellung im Kunstgewerbemuseum unter dem Titel:
Europäisches Porzellan des 18. Jahrhunderts; 1905 in Ver-
bindung mit Lessing die große, reich ausgestattete Publi-
kation des Pommerschen Kunstschrankes; 1907 als Ab-
schluß seiner keramischen Studien unter den Hand-
büchern der Kgl. Museen den Band »Porzellan«. Mit
jedem dieser Werke nahm er ein von der Forschung
kaum berührtes Gebiet in Angriff und schuf etwas
Grundlegendes. Außerdem leitete er mehrere Jahre
lang die Zeitschrift »Berliner Architekturwelt«. — In
Münster konzentrierte er sich, da alles neu einzurichten
war, naturgemäß auf die eigentlichen Museumsarbeiten und
wußte trotz vieler Schwierigkeiten durch die wirksame Auf-
stellung und vor allem durch die hervorragenden Neuer-
werbungen auf dem Gebiete der Plastik und Malerei etwas
so Eindrucksvolles zu schaffen, daß nicht bloß die Laien-
welt überrascht war. Die feierliche Eröffnung des Museums
bedeutete für ihn einen durchschlagenden Erfolg. — In
Hannover hatte er nach außen noch nicht viel wirken
können, da es sich zuvor darum handelte, die Richtlinien
für die weitere Entwicklung des Museums festzusetzen.
In wissenschaftlicher Hinsicht war er sofort auf verschie-
denes gestoßen, was ihn lebhaft interessierte, besonders
die beiden großen Flügel an der sogenannten Goldenen
Tafel aus der Michaeliskirche in Lüneburg, aber es ist bei
der Kürze der Zeit und der Ungunst seiner häuslichen Ver-
hältnisse, die ihn sogar daran denken ließen, wieder nach
Münster zurückzugehen, nichts abgeschlossen. — Brüning
war in seinem Auftreten natürlich und einfach, in seiner
Ausdrucksweise sachlich und klar, leere Worte und Geist-
reicheleien kannte er nicht. Er galt hie und da als sauer-
töpfisch. Wer ihm aber näher stand, wußte wohl, daß das
nicht zutraf und daß er trotz aller Schwierigkeiten und Hem-
mungen, die er seit Jahren außerhalb seines Berufes zu
überwinden hatte, an Menschen und Dingen rechte Freude
haben konnte. Er liebte sogar die Geselligkeit, obschon
ihn sein häuslicher Sinn und seine rücksichtsvolle Liebe zu
Frau und Kindern von manchem fernhielten. Was ihm fehlte,
oder im Laufe der Jahre abhanden gekommen war, war
eine gewisse Leichtigkeit des Wesens und die Gabe, herz-
lich und fröhlich zu lachen. — Er war ein Mensch, dem
alle, die ihn kannten, wegen seiner beruflichen Tüchtigkeit,
der Lauterkeit und Vornehmheit seines Charakters ein treues
Andenken bewahren werden. Wilhelm Behncke.
DENKMALPFLEGE
Rom. Die Wiederherstellung eines Werkes von
Perugino in der Galerie Borghese. Zu den interes-
santesten Renaissancemalereien der Galerie Borghese ge-
hört ein Porträt eines Mannes mit langem Haar und
großer Mütze, welches erst dem Holbein und von der
modernen Kritik dem Perugino und von Morelli dem
Raffael zugeschrieben worden ist. Morelli glaubte ein Por-
trät Peruginos darin zu sehen, von Raffael gemalt, aber
ein Blick auf das Selbstporträt, welches Perugino in der
Kirche von Sa. Maria in Spello gemalt hat, genügt, um uns
von dieser Annahme zu entfernen. Venturi glaubte in
seinem Führer der Galerie Borghese eine Hypothese auf-
stellen zu können, die er aber selbst mit einem Fragezeichen
versah. Er versuchte darin ein Werk Pinturicchios zu sehn
und zwar das Porträt Serafino Aquillanos, das von diesem in
zwei Sonetten besungen wurde. Nun hat die Restaurierung,
welcher Luigi Cavenaghi das Bild unterzogen hat, gezeigt,
daß es sich wohl um ein sicheres Werk Peruginos handelt.
Mütze, Hals, Haare und Kleid waren im 17. Jahrhundert
von einem Winkelmaler gräßlich übermalt worden. Nicht
nur war die Mütze vergrößert worden, sondern dem ent-
sprechend auch das Haar, und Brust und Rücken steckten
in einem haarigen Pelz, aus welchem das weiße Hemd
hervorlugte. Nun hat Cavenaghi dem köstlichen Werk die
alte Form wiedergegeben. Die Mütze ist kleiner geworden,
die Pelzjacke und das Hemd sind verschwunden und ein
schwarzes Wams ist zum Vorschein gekommen, an wel-
chem eine kleine Halsbinde sich zeigt. Das edle Werk
hat dadurch die ganze verlorene Schönheit wiedererlangt.
DENKMÄLER
Der Leipziger Künstlerverein schreibt im Auftrag des
Ausschusses für die Errichtung eines Leipziger Schiller-
denkmals unter den in Leipzig mindestens seit dem
I. April 1911 ansässigen bildenden Künstlern ein Preisaus-
schreiben zur Erlangung geeigneter Entwürfe zu einem
monumentalen Schmuck für die städtischen Anlagen aus.
Die Lösung der Aufgabe muß eine Ehrung Schillers zum
Ausdruck bringen. Die Wahl des Materials und des Auf-
stellungsortes soll der Künstler bestimmen. Die Entwürfe,
die plastisch zu gestalten und in einem Fünftel natürlicher
Größe zu liefern sind, müssen spätestens am 15. April 1912
im Museum der bildenden Künste eingereicht werden. Als
Preise stehen zur Verfügung: ein erster Preis von 1000 Mk.,
ein zweiter von 600 Mk., ein dritter Preis von 500 Mk. und
drei vierte Preise von je 300 Mk. Diese Preise sollen unter
allen Umständen verteilt werden, doch behält sich die Jury
eine andere Art der Summenverteilung vor. Preisrichter
sind unter anderm Max Klinger, Alois Kolb, Hugo Licht,
Hugo Steiner-Prag.
AUSGRABUNGEN
Die amerikanischen Ausgrabungen in Cyrene.
Der an dieser Stelle (Kunstchronik 1911/12, Spalte 54 ff.)
in Aussicht gestellte ausführliche Bericht Richard Nortons
über die Ausgrabungen und Funde der Amerikaner in
Cyrene ist nunmehr in dem eben herübergekommenen »Bul-
letin of the Archaeological Institut of America«, einem
Heft von fast 40 Seiten mit 35 Tafeln, wovon viele mehrere
Abbildungen tragen, erschienen. Der Bericht beginnt mit
der Schilderung der Schwierigkeiten, welche die Amerikaner
bis zur eigentlichen Eröffnung der Arbeit und nach dem
Tode von Herbert de Cou, über den an dieser Stelle schon
gesprochen wurde, zu überwinden hatten. Wenn man den
Ausdruck der Hoffnungen liest, die die Amerikaner nach
ihren großen Erfolgen des ersten Jahres auf die weitere
Fortsetzung ihrer Ausgrabungen setzten, so muß man auch
aus diesem Grunde den italienisch-türkischen Krieg be-
dauern. Denn einerlei wie er ausfallen wird, so müssen
wir fürchten, daß diese hervorragend tüchtigen Ausgräber
wohl nicht mehr an die Stätte ihrer erfolgreichen Tätig-
keit in Cyrene zurückkehren dürfen. Dafür wird der Fana-
tismus der Eingeborenen, oder die archäologische Eifersucht
der Italiener sorgen. Allison V. Armour und die ameri-
kanische Gesandtschaft in Rom sollen schon Schritte getan
haben, auf die natürlich zurzeit ein Bescheid nicht erfolgen
konnte. — Die Hauptausgrabungstätigkeit der Amerikaner
war auf dem Gipfel der Akropolis, wo ein gewaltiger, von
ihnen der »Kolonnadenbau« genannter Bautenkomplex auf-
gedeckt wurde. Zunächst fand man hier die Kolonnade, die
von Osten nach Westen läuft und an jedem Ende einen
aus mehreren Zimmern bestehenden, nach Norden vor-
springenden Flügel mit Treppenanlage hat. Hinter dem
Korridor südlich liegt noch eine Reihe von Räumen, von
denen der größte durch einen Torweg mit zwei Säulen in drei
Teile geteilt ist. Überall in den Räumen fanden sich ent-
weder Mosaik- oder Gipsböden. Hinter den Zimmern
Denkmalpflege — Denkmäler — Ausgrabungen
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folgende Werke: 1902 als Band III der Monographien des
Kunstgewerbes »Die Schmiedekunst seit dem Ende der
Renaissance«; 1904 den Katalog der großen Porzellan-
ausstellung im Kunstgewerbemuseum unter dem Titel:
Europäisches Porzellan des 18. Jahrhunderts; 1905 in Ver-
bindung mit Lessing die große, reich ausgestattete Publi-
kation des Pommerschen Kunstschrankes; 1907 als Ab-
schluß seiner keramischen Studien unter den Hand-
büchern der Kgl. Museen den Band »Porzellan«. Mit
jedem dieser Werke nahm er ein von der Forschung
kaum berührtes Gebiet in Angriff und schuf etwas
Grundlegendes. Außerdem leitete er mehrere Jahre
lang die Zeitschrift »Berliner Architekturwelt«. — In
Münster konzentrierte er sich, da alles neu einzurichten
war, naturgemäß auf die eigentlichen Museumsarbeiten und
wußte trotz vieler Schwierigkeiten durch die wirksame Auf-
stellung und vor allem durch die hervorragenden Neuer-
werbungen auf dem Gebiete der Plastik und Malerei etwas
so Eindrucksvolles zu schaffen, daß nicht bloß die Laien-
welt überrascht war. Die feierliche Eröffnung des Museums
bedeutete für ihn einen durchschlagenden Erfolg. — In
Hannover hatte er nach außen noch nicht viel wirken
können, da es sich zuvor darum handelte, die Richtlinien
für die weitere Entwicklung des Museums festzusetzen.
In wissenschaftlicher Hinsicht war er sofort auf verschie-
denes gestoßen, was ihn lebhaft interessierte, besonders
die beiden großen Flügel an der sogenannten Goldenen
Tafel aus der Michaeliskirche in Lüneburg, aber es ist bei
der Kürze der Zeit und der Ungunst seiner häuslichen Ver-
hältnisse, die ihn sogar daran denken ließen, wieder nach
Münster zurückzugehen, nichts abgeschlossen. — Brüning
war in seinem Auftreten natürlich und einfach, in seiner
Ausdrucksweise sachlich und klar, leere Worte und Geist-
reicheleien kannte er nicht. Er galt hie und da als sauer-
töpfisch. Wer ihm aber näher stand, wußte wohl, daß das
nicht zutraf und daß er trotz aller Schwierigkeiten und Hem-
mungen, die er seit Jahren außerhalb seines Berufes zu
überwinden hatte, an Menschen und Dingen rechte Freude
haben konnte. Er liebte sogar die Geselligkeit, obschon
ihn sein häuslicher Sinn und seine rücksichtsvolle Liebe zu
Frau und Kindern von manchem fernhielten. Was ihm fehlte,
oder im Laufe der Jahre abhanden gekommen war, war
eine gewisse Leichtigkeit des Wesens und die Gabe, herz-
lich und fröhlich zu lachen. — Er war ein Mensch, dem
alle, die ihn kannten, wegen seiner beruflichen Tüchtigkeit,
der Lauterkeit und Vornehmheit seines Charakters ein treues
Andenken bewahren werden. Wilhelm Behncke.
DENKMALPFLEGE
Rom. Die Wiederherstellung eines Werkes von
Perugino in der Galerie Borghese. Zu den interes-
santesten Renaissancemalereien der Galerie Borghese ge-
hört ein Porträt eines Mannes mit langem Haar und
großer Mütze, welches erst dem Holbein und von der
modernen Kritik dem Perugino und von Morelli dem
Raffael zugeschrieben worden ist. Morelli glaubte ein Por-
trät Peruginos darin zu sehen, von Raffael gemalt, aber
ein Blick auf das Selbstporträt, welches Perugino in der
Kirche von Sa. Maria in Spello gemalt hat, genügt, um uns
von dieser Annahme zu entfernen. Venturi glaubte in
seinem Führer der Galerie Borghese eine Hypothese auf-
stellen zu können, die er aber selbst mit einem Fragezeichen
versah. Er versuchte darin ein Werk Pinturicchios zu sehn
und zwar das Porträt Serafino Aquillanos, das von diesem in
zwei Sonetten besungen wurde. Nun hat die Restaurierung,
welcher Luigi Cavenaghi das Bild unterzogen hat, gezeigt,
daß es sich wohl um ein sicheres Werk Peruginos handelt.
Mütze, Hals, Haare und Kleid waren im 17. Jahrhundert
von einem Winkelmaler gräßlich übermalt worden. Nicht
nur war die Mütze vergrößert worden, sondern dem ent-
sprechend auch das Haar, und Brust und Rücken steckten
in einem haarigen Pelz, aus welchem das weiße Hemd
hervorlugte. Nun hat Cavenaghi dem köstlichen Werk die
alte Form wiedergegeben. Die Mütze ist kleiner geworden,
die Pelzjacke und das Hemd sind verschwunden und ein
schwarzes Wams ist zum Vorschein gekommen, an wel-
chem eine kleine Halsbinde sich zeigt. Das edle Werk
hat dadurch die ganze verlorene Schönheit wiedererlangt.
DENKMÄLER
Der Leipziger Künstlerverein schreibt im Auftrag des
Ausschusses für die Errichtung eines Leipziger Schiller-
denkmals unter den in Leipzig mindestens seit dem
I. April 1911 ansässigen bildenden Künstlern ein Preisaus-
schreiben zur Erlangung geeigneter Entwürfe zu einem
monumentalen Schmuck für die städtischen Anlagen aus.
Die Lösung der Aufgabe muß eine Ehrung Schillers zum
Ausdruck bringen. Die Wahl des Materials und des Auf-
stellungsortes soll der Künstler bestimmen. Die Entwürfe,
die plastisch zu gestalten und in einem Fünftel natürlicher
Größe zu liefern sind, müssen spätestens am 15. April 1912
im Museum der bildenden Künste eingereicht werden. Als
Preise stehen zur Verfügung: ein erster Preis von 1000 Mk.,
ein zweiter von 600 Mk., ein dritter Preis von 500 Mk. und
drei vierte Preise von je 300 Mk. Diese Preise sollen unter
allen Umständen verteilt werden, doch behält sich die Jury
eine andere Art der Summenverteilung vor. Preisrichter
sind unter anderm Max Klinger, Alois Kolb, Hugo Licht,
Hugo Steiner-Prag.
AUSGRABUNGEN
Die amerikanischen Ausgrabungen in Cyrene.
Der an dieser Stelle (Kunstchronik 1911/12, Spalte 54 ff.)
in Aussicht gestellte ausführliche Bericht Richard Nortons
über die Ausgrabungen und Funde der Amerikaner in
Cyrene ist nunmehr in dem eben herübergekommenen »Bul-
letin of the Archaeological Institut of America«, einem
Heft von fast 40 Seiten mit 35 Tafeln, wovon viele mehrere
Abbildungen tragen, erschienen. Der Bericht beginnt mit
der Schilderung der Schwierigkeiten, welche die Amerikaner
bis zur eigentlichen Eröffnung der Arbeit und nach dem
Tode von Herbert de Cou, über den an dieser Stelle schon
gesprochen wurde, zu überwinden hatten. Wenn man den
Ausdruck der Hoffnungen liest, die die Amerikaner nach
ihren großen Erfolgen des ersten Jahres auf die weitere
Fortsetzung ihrer Ausgrabungen setzten, so muß man auch
aus diesem Grunde den italienisch-türkischen Krieg be-
dauern. Denn einerlei wie er ausfallen wird, so müssen
wir fürchten, daß diese hervorragend tüchtigen Ausgräber
wohl nicht mehr an die Stätte ihrer erfolgreichen Tätig-
keit in Cyrene zurückkehren dürfen. Dafür wird der Fana-
tismus der Eingeborenen, oder die archäologische Eifersucht
der Italiener sorgen. Allison V. Armour und die ameri-
kanische Gesandtschaft in Rom sollen schon Schritte getan
haben, auf die natürlich zurzeit ein Bescheid nicht erfolgen
konnte. — Die Hauptausgrabungstätigkeit der Amerikaner
war auf dem Gipfel der Akropolis, wo ein gewaltiger, von
ihnen der »Kolonnadenbau« genannter Bautenkomplex auf-
gedeckt wurde. Zunächst fand man hier die Kolonnade, die
von Osten nach Westen läuft und an jedem Ende einen
aus mehreren Zimmern bestehenden, nach Norden vor-
springenden Flügel mit Treppenanlage hat. Hinter dem
Korridor südlich liegt noch eine Reihe von Räumen, von
denen der größte durch einen Torweg mit zwei Säulen in drei
Teile geteilt ist. Überall in den Räumen fanden sich ent-
weder Mosaik- oder Gipsböden. Hinter den Zimmern