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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Noack, Friedrich: Die Gebrüder Asam in Rom
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0077

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Nekrologe

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genössischen, gedruckten wie ungedruckten, Quellen
wird nämlich der Sohn gerade zum Unterschied von
seinem Vater, der keine Ordensauszeichnung besaß,
der »Cavaliere Ghezzi« genannt. Dieser Pierleone
Ghezzi war kein hervorragender, aber im damaligen
Rom sehr beliebter und vielbeschäftigter Künstler;
Schüler seines Vaters, wurde er am 17. Mai 1705
Akademiker von S. Luca, malte viel für römische
Kirchen, führte auch dekorative Arbeiten für den
vatikanischen Palast und die Engelsburg aus und
hinterließ eine Anzahl Tafelbilder mit ein wenig
karikierten Darstellungen aus dem römischen Leben.
1743 zum Direktor der päpstlichen Mosaikfabrik er-
nannt, starb er am 5. März 1755. Dem Ausland ist
er hauptsächlich bekannt durch die in der Vaticana
aufbewahrten zahlreichen Karikaturzeichnungen von
römischen Persönlichkeiten seiner Zeit, wovon ein
kleiner Teil in Kupferstichen von Matthias Österreich
1750 zu Dresden veröffentlicht worden ist.

Friedr. Noack.

NEKROLOGE
Noch einiges über Hugo von Tschudi. Durch
seine Untersuchungen über die niederländische Malerei
des 15. Jahrhunderts, wie durch die über die italienische
Skulptur derselben Zeit, hatte Tschudi sich zu einem der
besten Kenner dieser einander so entgegengesetzten und
doch wieder einander ergänzenden Kunstbereiche empor-
geschwungen. Gerade die Beherrschung der Kunst des
Quattrocento, aus der die Entwicklung der folgenden
Jahrhunderte hervorgehen sollte, war geeignet, die schönsten
Hoffnungen für sein ferneres Wirken zu eröffnen, und hat
jedenfalls auf die Ausbildung seines Qeschmacks wesent-
lich eingewirkt. Seine Abhandlung über den bis dahin
rätselhaften Meister von Flemalle, der mitten inne zwischen
Jan van Eyck und Roger van der Weyden steht und dem
niederländischen Oenrebilde die Wege eröffnete, hat geradezu
bahnbrechend gewirkt. — Zu der literarischen Tätigkeit des
Dahingeschiedenen, die in Nr. 7 der »Kunstchronik« be-
handelt worden ist, seien aber auch noch zwei Schriften
angeführt, die bedeutsam in das Kunstleben der Zeit ein-
gegriffen haben. Die eine war Menzel gewidmet und er-
schien 1896 im zweiten Jahrgang des »Pan«. Sind auch
seitdem die wunderbaren Anfänge Menzels besser bekannt
geworden, und hat Böcklin in der Folgezeit wegen gewisser
Härten seines späteren Stiles Anfechtungen erfahren, so
bleibt doch Tschudis Ergebnis unangetastet, daß Böcklins
poetische Gestaltungsweise über das mehr verstandes-
mäßige Verfahren Menzels gestellt zu werden verdiene.
Die zweite Schrift gab die Rede wieder, welche er 1899
als Senator der Berliner Kunstakademie über das Thema
»Kunst und Publikum« gehalten hat. Wenn das, was er
darin über die Bedeutungslosigkeit des gegenständlichen
Inhalts gegenüber der gestaltenden Kraft des Künstlers
sagte, nicht mehr wie damals als eine unerhörte Kühnheit,
sondern als etwas Selbstverständliches erscheint, so ist
dieser Umschwung der Anschauungen nicht zum wenigsten
Tschudis eigener Wirksamkeit an der Nationalgalerie zu-
zuschreiben. — Wer Gelegenheit hatte, mit ihm in nähere
Berührung zu kommen, konnte sich dem Zauber seiner
Persönlichkeit nicht entziehen, die mutiges Eintreten für
die eigenen Ansichten und Pläne mit gewinnendem Ein-
gehen auf fremde Bestrebungen verband. Alte Familien-
überlieferung, Verkehr in der besten Gesellschaft und aus-
gedehnte Bildung hatten dazu mitgewirkt, seinem Wesen
eine Sicherheit und Anmut zu verleihen, die im Umgang

so wohltuend berührten. Seine Erscheinung erinnerte an
jene längst entschwundenen Zeiten, da es noch eine Ge-
meinschaft der Gleichgesinnten gab und nicht jedermann
rücksichtslos auf die Geltendmachung seiner eigenen Per-
sönlichkeit ausging. Nur dem hochfahrenden Unverstand
wußte Tschudi mit beißendem Spott zu begegnen. — Zu
bedauern bleibt freilich, daß er den besten Teil seiner
Kraft an die Lösung einer undankbaren Aufgabe hat wenden
müssen. Dem Streben, die Erzeugnisse der modernen
Kunst in staatlichen Sammlungen zu vereinigen, wird die
öffentliche Meinung stets ihren Widerstand entgegensetzen,
sobald es sich nicht um die Erwerbung der zurzeit gelten-
den Werke, sondern jener handelt, die auch für die Zukunft
ihren Wert behalten sollen. Zu einer derartigen Auswahl
gehört nicht nur eine erschöpfende Übersicht über das
bisher Geleistete, sondern zugleich die Erkenntnis der Ziele,
welchen die Bewegung der Gegenwart zustrebt; während
der Beweis für die Richtigkeit eines solchen Verfahrens
erst dann erbracht werden kann, wenn die Werke selbst
sich durchgesetzt haben, also in einer Zukunft, die der
Erfahrung gemäß etwa um ein Menschenalter weiter hinaus
liegt. Tschudi muß es mit einem beglückenden Gefühl
erfüllt haben, die Kunsterkenntnis auf seine Weise zu
fördern und den Künstlern beizeiten zu jener Anerkennung
zu verhelfen, die ihnen sonst erst nach Jahrzehnten auf-
opferungsvollen Kampfes zuteil zu werden pflegt. Aber
daß ihm solches gelungen ist, wird wohl nur ein Aus-
nahmefall bleiben, da der natürliche Weg darauf hinweist,
daß die Werke, welche Zukunftswerte enthalten, zunächst
in die Sammlungen der Privaten und erst von dort in die
des Staates gelangen. — Auf dem Gebiete der älteren
Kunst dagegen hätte Tschudi, wie seine kurze Tätigkeit
in München beweist, ein erfolgreicheres Feld der Wirksam-
keit gefunden, da er durch die Schärfe seines Urteils, die
Sicherheit seines Geschmacks und die Entschiedenheit
seines Wollens wie wenige dazu ausgerüstet war. Um so
tiefer ist sein frühzeitiges Ende zu beklagen, w. v. Seuwtx.

Am 23. November (6. Dezember) erlag in Moskau
einem Anfall von Brustbräune Valentin Alexandro-
witsch Serow im Alter von nur 46 Jahren. Mit ihm ist
der stärkste Vertreter russischer Porträtkunst und eine der
namhaftesten Stützen moderner russischer Malerei aus dem
Leben geschieden, als welche der Verblichene auch der
weiteren europäischen Kunstwelt bekannt war. Mitten aus
der Arbeit hat ihn ein heimtückisches Leiden fortgerissen,
und die besten Hoffnungen, die sich gerade an Serows
Schaffen für die Zukunft russischer Kunst knüpften,
vernichtet. —chm-

Der Maler und Kupferstecher Professor Alphonse
Legros ist nach langem, schwerem Leiden am 8. De-
zember im Alter von 74 Jahren in Watford, nahe Lon-
don, verstorben. Er war am 8. Mai 1837 in Dijon ge-
boren und seine gesamte Familie stammt aus dem kleinen,
in der Nähe der Stadt gelegenen Dorfe Veronnes. Nach-
dem er zuerst bei einem Hausmaler in Dijon Beschäftigung
gefunden hatte, studierte er dann bis Ende 1855 in Paris
in der »Ecole des Beaux-Arts«. Bereits 1359 erschien ein
Meisterwerk von ihm, das Ölgemälde »Angelus« und 1861
das im Museum von Dijon aufbewahrte Ölbild »Ex voto«.
Nach harten Kämpfen um das tägliche Brot siedelte er
1862 auf Anraten seines Freundes Whistler und mit diesem
gemeinsam nach London über. Hier waren es hauptsäch-
lich Watts, Rossetti, Sir Edward Poynter und der Kupfer-
stecher Sir Seymour Haden, die sich seiner hilfreich an-
nahmen und durch deren Vermittlung er eine Stelle als
Lehrer an der Kunstschule des »South Kensington Museums«
erhielt. Obgleich er hierdurch gezwungen wurde, sich in
 
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