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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Dehio, Georg: In Sachen der Denkmalpflege und in eigener
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0057

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9'

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe

02

ausgewählt und wären auch den Weg dorthin ge-
gangen, wenn nicht die Regierung in Stuttgart die
Sache verhindert hätte... Ich mache hier keine
»Enthüllungen«, es sind das Vorgänge, die in Süd-
deutschland allgemein bekannt sind.

Als neutraler Kunsthistoriker verfolge ich das
Wachstum der deutschen Abteilung des Berliner
Museums mit Interesse, mit Bewunderung. Aber man
ist nicht nur Kunsthistoriker. Generaldirektor Bode
möge in Überlegung ziehen, mit wieviel süddeutschen
Sympathien für den Norden er zahlt.

Bode hat für seine großartige Tätigkeit reiche und
verdiente Anerkennung geerntet. Seit einiger Zeit ist
er in der Stimmung, daß er einen jeden, der in irgend
einem Falle nicht mit ihm übereinstimmt (ich z. B.
war so ungeschickt, als einer der ersten die Florabüste
anzuzweifeln), als seinen persönlichen Feind ansieht
und danach handelt. Es ist dadurch in der kleinen
Welt der deutschen Kunsthistoriker nachgerade ein
recht unbehaglicher Zustand eingetreten.

NEKROLOGE

Felix Ziem |. Seit dem Tode des Malgreises Hebert,
der beinahe noch siebzig Jahre nach der Erlangung des Rom-
preises lebte und bis zu seinem Tode keinen »Salon« ohne
eines seiner Gemälde vorübergehen ließ, war der am 10. No-
vember verstorbene Felix Ziem, der Doyen der Pariser Maler
oder wenigstens von denen, deren Name etwas in der Kunst
bedeutet. Zugleich war Ziem einer der merkwürdigsten Cha-
rakterköpfe des Tout Paris artistique. Er hauste als alter
Junggeselle ganz oben auf der Spitze des Montmartre, wo
er in geringer Entfernung voneinander zwei Ateliers hatte.
Seine Wohnung war in der Rue Lepic, und gewöhnlich
kam er selbst leise an die Tür geschlichen, schaute durch
das Gitterfensterchen und zog sich je nach den Umständen
vorsichtig wieder zurück oder öffnete, wenn jemand ge-
klingelt hatte. Zumeist aber geschah das erstere, denn Ziem
war sehr argwöhnisch und mißtrauisch und neigte ein klein
wenig zum Menschenfeind. Balzac oder der Hoffmann des
Katers Murr hätte ihn vortrefflich benutzen können. Er
lebte sehr eingezogen und da seine Bilder seit mindestens
vierzig Jahren einer der gangbarsten Marktartikel sind, zer-
brach man sich in den Pariser Künstlerkreisen den Kopf
darüber, was er denn eigentlich mit den Millionen anfinge,
die ihm so ins Haus gebracht wurden. Dem Elsässer
Henner, der sich gleicher Marktbeliebtheit und gleicher
Sparsamkeit rühmen konnte, sagte man nach, er spare das
Geld auf, um Elsaß-Lothringen von den Preußen zurück-
zukaufen, aber Ziem konnte solche Gelüste nicht hegen,
obgleich man ihn nach seinem Namen ebenfalls für einen
Elsässer hätte halten können. Diesen Namen deutschen
Klanges verdankte er einem Schneider aus Ungarn oder
Polen, der wiederum seinen Ursprung auf einen türkischen
Baschi-Basuk zurückführte, der in den Kriegen zwischen
der Türkei und Österreich im achtzehnten Jahrhundert ge-
fangen worden war, sich im Lande verheiratet und den
Namen der Familie seiner Frau angenommen hatte. So
pflegte wenigstens der alte Ziem die Geschichte zu er-
zählen und sie dabei mit allerlei Fiorituren auszuschmücken.
Der Enkel des Baschi-Basuk war als Soldat Napoleons nach
Frankreich gekommen und hatte sich in Beaune in Burgund
niedergelassen, wo der Maler im Jahre 1821 geboren war.
Ordentlichen Kunstunterricht hat Ziem nie erhalten, er bil-
dete sich in den Museen und vor der Natur. Sein erstes
Arbeitsfeld war die Provence, dann kam er nach Venedig

und schließlich nach Konstantinopel, und diesen drei Etappen
ist er mit einer Beharrlichkeit treu geblieben, die seinem
Rufe schließlich schaden mußte. Vor fünf oder sechs Jahren
hat er dem Petit Palais einige hundert Bilder und Aquarelle
geschenkt, die in ihrer Monotonie auch nicht die richtigen
Zeugen seines Ruhmes sein werden. Ziem erscheint uns
da fast wie ein besserer Chromolithograph. Nachdem er
einmal die Manier gefunden hatte, wie er mit Purpur und
Orange rauschende Fanfaren anstimmte, gab er das näm-
liche Konzert immer wieder und wieder, und so sehr die
Arbeiten seiner ersten dreißig Arbeitsjahre durch ihre
schmetternde Farbenpracht entzückt hatten, so sehr ermü-
dete in den dreißig folgenden Jahren der immer wieder-
holte Trompetenstoß, zumal er auch tatsächlich immer ba-
naler, ja gemeiner und pöbelhafter wurde. Aber diese
Masse ordinärer Marktware hindert nicht, daß Ziem einer
der größten Koloristen des neunzehnten Jahrhunderts ge-
wesen ist und daß Hunderte seiner Bilder als herrliche
Meisterwerke der Malerei angesprochen werden müssen.
Aus seiner allerersten Zeit gibt es Bilder von einer Deli-
katesse und Zartheit, wie man sie von dem Verfertiger
der bekannten venezianischen Marktware nicht vermuten
sollte. Damals begnügte er sich nicht mit dem ewigen
Fanfarenstoß von Gold und Purpur, sondern er hat Sachen
in wunderbarem Silbertone gemalt, wie er Corot in seinen
intimsten Stimmungen eigentümlich ist. Und auch die kühlen
vornehmen Harmonien von Silber und Grün oder Blau
waren ihm damals nicht fremd. Es ist schade, daß der
französische Staat und die Stadt Paris nur Werke aus seiner
Marktmanier besitzen. Ein einziges Bild aus den ersten
zwanzig Jahren seiner Tätigkeit würde im Louvre oder
Petit Palais mehr für seinen Ruhm tun als die zwei- oder
dreihundert Marktschreie in den Pariser Museen. k.e.S.

In Frankfurt a. M. ist 83 Jahre alt der Historienmaler und
RadiererOtto Donner-v. Richter nach einem arbeitsreichen
Leben verschieden. Mit ihm ist der letzte dahingegangen, der
noch in der Kunst der Nazarener wurzelte. Er war Schüler
von Veit, Passavant und Jakob Becker, dann von Delaroche,
Couture, aber vor allem von Moriz v. Schwind, der ihn in
Frankfurt und München unterrichtete. Auch schriftstellerisch
hat er sich betätigt, neben einer Reihe von Arbeiten über die
Geschichte der Frankfurter Malerei im Mittelalter sind vor
allem ein Buch über die Maltechnik der Antike und eine
Monographie über Jörg Ratgeb, den Meister der Wand-
malereien im Frankfurter Karmeliterkloster, zu nennen.

PERSONALIEN
Weimar. Der vor allem als Porträtist geschätzte Maler
Hermann Behmer feierte am ig. November in voller
geistiger Frische und Schaffensfreudigkeit seinen 80.Geburts-
tag. Behmer hatte sich dem Maschinenbaufach gewidmet,
bevor er 1853 die Berliner Akademie bezog, wo er bei
Steffeck arbeitete. 1856 ging er nach Paris zu Couture, dann
auf die Ecole des beaux arts zu Flandrin. Seit 1873 ist er
in Weimar ansässig. Er ist der Vater des 1879 geborenen,
schnell bekannt gewordenen Graphikers Marcus Behiner.

Prag. Dem Professor an der Prager Kunstakademie
Arch. Jan Kotera ist der Titel eines Oberbaurates ver-
liehen worden. Der Künstler ist der fähigste unter den
jüngern tschechischen Architekten.

Krakau. Der Maler Hyacinth Malczewski ist zum
ordentlichen Professor an der Krakauer Kunstakademie
ernannt worden.

WETTBEWERBE
Der Leipziger Künstlerverein erläßt im Auftrage des
Ausschusses für Errichtung eines Schillerdenkmals in
 
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