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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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133

Nekrologe — Persondien

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England naturalisieren zu lassen, so blieb er im Herzen
doch immer Franzose, und wenn seine Werke als englische
katalogisiert werden und aus diesem Grunde in der >National
Oallery of British Art« aufgenommen werden konnten, so
weisen seine Gemälde doch nach Frankreich und seine
Radierungen nach Rembrandt hin. Als sein bestes Öl-
gemälde in der genannten Sammlung seien die »Jeunes
filles en priere« genannt; auch das Kölner Museum besitzt
in der »Geographiestunde« ein ausgezeichnetes, charakte-
ristisches Werk von ihm. Die Zahl seiner Ölgemälde ist nur
gering, dagegen sind seine graphischen Arbeiten zahlreich.
Diese bestehen in Porträts berühmter Zeitgenossen und
Mitgefühl erweckenden Schilderungen des Volkslebens.
Im übrigen verweise ich auf den von mir verfaßten und
reich illustrierten Aufsatz in der «Zeitschrift für bildende
Kunst« {Juniheft 1910). o. v. Schleinitz.

Der bedeutende amerikanische Bildhauer Thomas Ball
(geboren am 3. Juni 1819 in Charlestown, Mass.) ist in Mont-
clair, N. J., 92 Jahre alt, gestorben. Er war es, der den An-
sporn zur neueren nordamerikanischen Skulptur gab. Ball war
zuerst 'Maler, widmete sich aber später, bis zu seinem
80. Lebensjahre, ganz der Bildhauerei. Seine bekanntesten
Werke sind die Statuen Washingtons in Boston, Daniel
Websters in New York, und, wohl seine bedeutendste
Leistung, das, auf einem ungeheuren Block von karrarischen
Marmor pyramidal aufgebaute Washington-Monument in
Methuen, Mass.

PERSONALIEN
Professor Adolph Goldschmidt wird als Nachfolger
Woelfflins den Berliner Lehrstuhl für Kunstgeschichte ein-
nehmen. Goldschmidt, der im 49. Jahre steht, hat bereits als
Berliner Privatdozent eine erfolgreiche Tätigkeit ausgeübt, be-
vor er Ostern 1904 nach Halle berufen wurde. Seitdem haben
seine Beziehungen zur Reichshauptstadt, besonders zu den
Museumskreisen, an Innigkeit vielleicht noch gewonnen, und
es trifft hier einmal der bei Berufungen nicht durchaus
übliche Fall zu, daß sie mit einer ganz allgemeinen Be-
friedigung begrüßt wird. Insbesondere werden auf Gold-
schmidt als akademischen Lehrer Erwartungen gesetzt, zu
denen seine Lehrtätigkeit an der Universität zu Halle in
hohem Grade berechtigt. In den sieben Jahren seines
dortigen Wirkens ist Halle mehr und mehr eine gesuchte
Bildungsstätte für den kunsthistorischen Nachwuchs gewor-
den. Wie einst um Springer, hat sich auch um seinen Schüler
A. Goldschmidt eine nicht geringe Anzahl bedeutender Be-
gabungen gesammelt, von denen manche an Museen und
Universitäten bereits im Sinne ihres Lehrers tätig sind. Neben
dieserakademischen Wirksamkeit geht beiGoldschmidt reiche
literarische Arbeit, besonders auf dem Gebiete der mittel-
alterlichen Kunstforschung. Dem 1889 erschienenen Buche
über die Lübecker Malerei und Plastik bis 1550 folgten
viele Einzeluntersuchungen, von denen die über den Utrecht-
psalter, den Albanipsalter von Hildesheim, die Studien zur
Geschichte der sächsischen Skulptur und die Arbeit über
die sizilianischen Königsschlösser in der Zeitschrift für
Bauwesen genannt seien. Für sich steht der besonders
liebevoll geschriebene Aufsatz über den Holländer Wilhelm
Buytewech im Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen.
Im Auftrage des Deutschen Vereines für Kunstwissen-
schaft erfolgte 1910 die mustergültige Publikation des
Goslarer Rathaus-Evangeliars, und für dieselbe Körper-
schaft bereitet Goldschmidt das mit Spannung erwartete
große Werk über die frühmittelalterlichen Elfenbeinskul-
pturen vor.

Dr. Theodor Wiegand, der in Konstantinopel statio-
nierte Abteilungsdirektor der Kgl. Museen in Berlin, ist als

Nachfolger des verstorbenen Prof. Kekule von Stiadonitz
zum ersten Direktor der Sammlung antiker Bildwerke
und Gipsabgüsse und des Antiquariums dieser Museen in
Berlin ernannt worden.

Die ordentliche Professur der Kunstgeschichte an der
Universität Kiel, die seit dem Fortgange Carl Neumanns
von Priv.-Doz. Dr. Hildebrandt (kommissarisch, nicht wie
zuerst gemeldet, endgültig) verwaltet wird, ist nun wieder
besetzt worden, und zwar durch die Berufung des bisher
als a. o. Professor in Leipzig wirkenden Dr. Georg Vitz-
thum von Eckstädt. Graf Vitzthum ist besonders als
Kenner mittelalterlicher Miniaturen hochgeschätzt und hat
sich vor allem dem Studium der französischen Miniatur
des 14. Jahrhunderts gewidmet; früher galten seine For-
schungen mehr der italienischen Kunst, als deren Frucht
ein Buch über Bernardo Daddi genannt sei.

Alexander Conze. In Alexander Conze, der am
10. Dezember seinen 80. Geburtstag feierte, sehen wir den
größten Organisator der letzten 50 Jahre und einen her-
vorragenden Bahnbrecher in dem Gebiet der klassischen
Archäologie, das, wie er selbst definiert, »genau da liegt,
wo sich der Querschnitt der klassischen Philologie und
der Längendurchschnitt der Kunstwissenschaft kreuzt.« Ein
ungewöhnliches Verdienst gebührt dem Berliner Archäo-
logen in der Erforschung der antiken Kunstdenkmäler,
wobei »Kunst« in dem beschränkten und doch gerade un-
endlich weiten Sinne zu verstehen ist, in dem das Wort
alle Gebilde der Menschenhand umfaßt, »alle in räumliche
Form hineingeschaffenen Menschengedanken«, um wiederum
den Meister wörtlich zu zitieren. — Conze ist am 10. De-
zember 1831 in Hannover geboren, wurde 1861 Privat-
dozent in Göttingen, 1863 außerordentlicher Professor in
Halle, 1869 ordentlicher Professor in Wien und wurde 1877
als Direktor der Sammlung von Skulpturen und Gips-
abgüssen nach Berlin berufen, welches Amt er später an
den vor kurzem verstorbenen Professor von Kekule über-
gab. Lange Jahre hat Conze als Generalsekretär des Kais.
Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin gewirkt und
als solcher die bedeutendsten Ausgrabungen Deutschlands
ins Werk gesetzt, welche dem Berliner Museum jene
kolossalsten Schätze zugeführt haben, die in dem letzten
halben Jahrhundert europäische Museen bereichert haben:
die Funde aus Pergamon. Aber auch schon in Wien hat
sich Conze als Anreger und Organisator bewährt. Das
archäologisch-epigraphische Seminar und die von ihm
zusammen mit Hirschfeld ins Leben gerufenen archäologisch-
epigraphischen Mitteilungen erzählen von seiner Wiener
Tätigkeit. Auch die Ausgrabungen in Samothrake hat er
damals veranlaßt und geleitet; und von Wien aus ist sein
großes, erst vor kurzem vollendetes Werk »Die attischen
Grabreliefs« gefördert worden. Im vorigen Jahre hat es
sich zum fünfzigsten Male gejährt, daß Conze und Micha-
elis als die ersten Stipendiaten des Kais. Deutschen —
damals Preußischen — Instituts nach Griechenland geschickt
worden sind. Musterhaft ist der Bericht über die damali-
gen Reisen und die Tätigkeit bei der Ausgrabung des
Pelasgikö in Delphi, das die jungen deutschen Archäologen
damals ausgegraben haben (Rapporto d'un viaggio fatto
nella Grecia nel 1860 dal a Conze ed A. Michaelis). —
Acht Jahre hatten die ersten Arbeiten in Pergamon ge-
dauert, die Conzes Initiative zu verdanken waren; aber
nach seinem Willen sollte dies das Ende nicht sein. Ein
Jahrzehnt hegte er ihn bei sich und bedachte den Plan der
Fortsetzung, während die Verarbeitung der überreichen
Ergebnisse ihren langsamen aber sicheren Weg unter seiner
hauptsächlichen Mitwirkung weiterschritten. Mit einem in
der Berliner Archäologischen Gesellschaft am 9. Dezember
 
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