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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft: Zweiter Kongreß für Ästhethik und allgemeine Kunstwissenschaft Berlin, 16.-18. Oktober 1924 — 19.1925

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Frey, Dagobert: Wesensbestimmung der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.3819#0071

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64 DAGOBERT FREY.

werdende Registrierung von Erschütterungen und Schwingungen angelegtes Sinnes-
organ. Darum entsteht es, im Gegensatz zum Auge, im Zusammenhang mit der
Körperperipherie, und dementsprechend sind auch zentralere Phänomene, wie die
eidetischen, beim Aufbau der akustischen Wahrnehmungsfunktionen in unvergleich-
lich geringerem Umfang beteiligt als bei dem der optischen.

Dem Einwand, er könne mit den Ergebnissen der theoretischen Physik zu-
sammengeraten, begegnet Jaensch durch den Hinweis darauf, daß er, selbst von
Mathematik und Physik herkommend, wohl wisse: eine Durchleuchtung des ganzen
Weltbildes wurde schon mehrfach von der Physik her versucht, aber noch kaum je
von einer Weltwissenschaft aus, die gerade auch dem Bereich der seelischen und
Lebenstatsachen Rechnung zu tragen bemüht ist. Von jeder Wissenschaft aus sind nur
»perspektivische' oder »Seitenansichten« der Welt zu gewinnen, und auch die ange-
deutete muß entwickelt werden. — Auch zu Herrn Geigers Ausführungen besteht
kein Gegensatz. Die sogenannten Phänomenologen pflegen allerdings hervorzuheben,
daß es die Phänomenologie mit den Gegenständlichkeiten zu tun habe, die
erfaßt werden, die Psychologie nur mit dem Vorgang ihres Erfassens. Aber dieser
Unterschied besteht nicht. Die Wahrnehmungspsychologie hat es erstwesentlich mit
der Wahrnehmung, dem Sehding usf., also auch mit Gegenständlichem zu tun, die
Jugendpsychologie mit der eigentümlichen »Welt« des Jugendlichen, die psycho-
logische Ästhetik mit der »Welt« des künstlerischen Menschen. — Vor der Ausein-
andersetzung mit Herrn Kreis muß die Diskussion wegen Zeitmangels abgebrochen
werden.

Erster Tag.

16. Oktober 1924, nachmittags.
Verhandlungsleiter: Oskar Wulff.

Dagobert Frey:
Wesensbestimmung der Architektur.

Eine Systematik der Künste muß ebenso von den uns empirisch
gegebenen Gattungsbegriffen der Künste ausgehen, wie sie der
kategorialen Bedeutung der den Kunstgattungen zugeordneten
Begriffe, wie »malerisch«, »plastisch«, »architektonisch«, als einer sprach-
psychologisch gegebenen Tatsache gerecht werden muß. Eine Syste-
matik, an die wir diese Forderung stellen, kann nicht allein auf Material
und Technik begründet werden; sie muß vielmehr jene Kategorien
aufstellen, welche die in der Bezeichnung der Kunstarten doppelte
Bedeutung im formlogischen System zusammenfallen lassen.

Wie wir wissenschaftlich an ein und dasselbe Objekt verschiedene
Fragen stellen können, die den verschiedenen Wissenschaften zuge-
ordnet sind, so können wir auch ein und dasselbe Objekt künstlerisch
verschieden betrachten, wir können es z. B. malerisch, plastisch oder
architektonisch sehen. Wie in einem System der Wissenschaften diese
nicht durch das objektive Forschungsgebiet, sondern durch die
Fragestellung definiert werden, ebenso können die Künste nicht
 
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