Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 31.1918

DOI Artikel:
Alexander Schnütgen als Priester
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4276#0126

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
110

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 11/12

ALEXANDER SCHNÜTGEN
ALS PRIESTER.

Von einem seiner Koätanen.

Um Ostern 1865 trat Alexander Schnütgen zur näheren Vorbereitung auf
die heilige Priesterweihe in das Erzbischöfhche Priesterseminar zu Köln
ein. Seine akademischen Studien hatte er in Münster, Löwen und im
Bischöflichen Seminar zu Mainz vollendet. An Körpergröße und an Frische des
Geistes überragte er uns alle fünfzehn, die wir mit ihm ins Seminar ein-
traten. Im Seminar wußte er durch seine Liebenswürdigkeit, sein erbauliches
Beispiel und durch seinen sprudelnden Humor bald aller Herzen zu gewinnen.
Unter allen war keiner, der ihm gram war. Als gutes Vorzeichen für seine Tüchtig-
keit als Kanzelredner wurde es betrachtet, daß er zu den wenigen Auserwählten
gehörte, die in der Seminarkirche vor recht zahlreichen Zuhörern eine der soge-
nannten O-Predigten im Advent 1865 halten durfte. Am 2. und 4. September

1865 empfing er die Subdiakonats- und Diakonatsweihe und endlich am 7. April

1866 die heilige Priesterweihe. Der hochwürdigste Herr Weihbischof und da-
malige Kapitularvikar Dr. Baudn legte uns die Hände auf. Damals waren in Köln
zwei Kaplanstellen vakant am Dom und an St. Andreas. Schon lange vorher
hieß es unter uns allgemein, Domvikar wird kein anderer als Schnütgen. Und
so war es in der Tat. Bereits am 14. April wurde er zum Domvikar und zugleich
zum Pfarrkaplan der Dompfarre ernannt. Als letzterer mußte er sich allen Zweigen
der Seelsorge widmen und das tat er mit glühender, jugendlicher Begeisterung.
Wohin immer sein Beruf als Pfarrseelsorger ihn rief, in die Schule, auf die Kanzel,
in den Beichtstuhl, zu den Kranken, zu den Armen usw., allüberall stellte er
seinen Mann. Mit rührender Kindlichkeit wußte er sich zu den Kleinen herab-
zulassen, ihrer kindlichen Auffassungskraft anzupassen und so nach dem Vorbilde
des göttlichen Kinderfreundes die Herzen der Kleinen zu gewinnen und ihnen
die göttlichen Hellswahrheiten zu vermitteln. Auf der Kanzel war er sehr gern
gehört. Er hatte das Wort in der Gewalt, war schlagfertig, sprach überzeugend
und aus dem Herzen. Seine Lebendigkeit im Vortrag und die Gediegenheit des
Inhaltes seiner Predigten verschafften ihm immer eine dankbare Zuhörerschaft,
nur schade, daß er etwas rasch sprach. Sem besonderes Kreuz auf der Kanzel
war das Vorbeten des Rosenkranzes, namentlich des Apostolischen Glaubens-
bekenntnisses, welches er, ohne den Wortlaut im Buch vor sich zu haben, aus-
wendig vorzubeten niemals wagte. Gesucht war er von Anfang an als Beicht-
vater, und diesen Zweig der Seelsorge hat er bis in sein Alter hinein besonders
gepflegt. Bis in die letzten Jahre seines Lebens hatte er hier einen bestimmten
Kundenkreis. Was er hier im Beichtstuhl im stillen gewirkt, wie vielen er den
Frieden des Herzens wieder vermittelt und den Hingang in die Ewigkeit erleichtert
hat, weiß nur Gott allein. Selbst in den verzweifeltsten Fällen wurde Schnütgen
als letzter Rettungsanker herbeigeholt, und fast immer gelang es ihm auch, die
gewünschte Rettung zu bringen. Hier war er unverdrossen und stets hilfsbereit.
Zu den Krankenlagern wußte er stets Trost und Ermunterung zu bringen, so daß
 
Annotationen