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Zeitschrift für christliche Kunst — 31.1918

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20

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 2

BÜCHERSCHAU.

Die Peterstüre am Dome zu
Schleswig von Richard Haupt.
(Abdruck aus Bd. 47, der Zeitschrift für
Schleswig-Holsteinische Geschichte 1917.)
Hansen in Preetz.

Den Schleswiger (Backstein-)Dom schmückt
ein, hier besonders merkwürdiges, spätroma-
nisches Steinportal mit einem reichen Tym-
panon, dessen Deutung mehrfach die Archäo-
logen, auch den bis 1890 dort wohnenden
Konservator Haupt beschäftigt hatte, ohne
befriedigende Lösung. — Dasselbe stellt
den sitzend thronenden Weltrichter dar
zwischen den Evangehstensymbolen, zwei
stehenden Heiligen und einem gekrönten
Stifter, sowie einer verletzten langen In-
schrift auf Spruchband. Aus der endlichen
und wohl endgültigen Deutung der letzteren
ergibt sich, daß es sich nur um St. Petrus,
als den Patron des ursprünglich zu Hamburg
gehörigen Bistums Schleswig, und St. Lau-
rentius, als denjenigen des schwedischen
Bistums Lund, handeln kann, welches den
von jenem vertriebenen Bischof Hermann auf-
genommen hatte (in seinem Dome die Grab-
platte mit Umschrift bewahrend), um dessen
Rückkehr die Spruchbandinschnft bittet,
so daß sich als Ursprungszeit 1140—50 er-
gibt. — Eine Fülle lokaler und kunstgeschicht-
licher, sowie ikonographischer Kenntnisse
liegt dieser ganzen kritischen Untersuchung
und Beweisführung zugrunde. Jene zeichnet
bekanntlich den so bescheidenen, wie vielseiti-
gen und gründlichen Forscher aus, der auch in
der Polemik stets liebenswürdig und originell
bleibt, dazu sehr lehrreich und anregend. S.

Wilna, eine vergessene Kunststätte. Mit
2 Farbentafeln, 135 Textbildern und einem
Plan der Altstadt von Prof. Dr. Paul
Weber, Jena. — Wilna 1917 im dritten
Jahre des großen Krieges. Verlag der Zei-
tung der 10. Armee. Für den Buchhandel
Verlag von R. Piper & Cie. in München.

M. 2,50.

Dieses ungemein ansprechende, sehr wohl-
feile Buch, welches ich der Aufmerksamkeit
eines befreundeten und beschlagenen Ritt-

meisters im Osten verdanke, behandelt eine,
erst durch die neue Befreiung bekannter ge-
wordene, sehr merkwürdige Kunststadt, deren
so zahlreichen wie mannigfaltigen Denkmäler
vortreffliche Abbildung und knappe, aber
gründliche Beschreibung erfahren. — Erstere,
mit Einschluß der beiden farbigen Abbil-
dungen, ist Kriegern zu danken, letztere dem
bekannten Jenenser Kunsthistoriker, der
durch seine, von der in Wilna erscheinenden
„Zeitung der 10. Armee" angeregten Vor-
träge für Offiziere und Mannschaften, nicht
nur diesen, sondern auch der Kunstgeschichte
einen großen Dienst erwiesen hat. Denn in
dem Buche, das auf ihnen beruht, fehlt
nichts Wesentliches, so wenig wie in dem ge-
waltigen, gut reproduzierten und so über-
sichtlich wie anmutig eingeordneten Bilder-
matenal. — Die ersten einfachen, zumeist in
Holz ausgeführten Bauten der deutschen An-
siedler erscheinen in ihren Überresten, die
alte Königstadt in der Mannigfaltigkeit ihrer
Anlagen und Umbauten, die deutschen mittel-
alterlichen Kulturdenkmäler mit ihrer über-
reichen spätgotischen Bernhardinerkirche, die
Kirchen- und Profanbauten der Gegenrefor-
mation in der italienischen Spätrenaissance,
im schweren Barock, leichten Rokoko und
nüchternen Klassizismus, eine Fülle von
Widersprüchen, die sich aber zu höchst
malerischen kostbaren Gruppen vereinigen,
in denen auch die plastischen und kunstge-
werblichen Gebilde nicht fehlen.

Unter dieser Führung den geradezu ver-
blüffenden Denkmälerschatz zu besichtigen
ist ein großer Genuß, und mein Freund, der
Rittmeister und Kommandeur hat Recht mit
der Meinung, daß dieser in jeder Hinsicht
gelungene Versuch Nachahmung verdiene,
namentlich auch in dem Sinne, daß „unsere
Denkmal- und Heimatschutz-Vereine" diesem
Beispiele folgen möchten, „zugunsten ihrer
Patenstädte im Westen und Osten, nament-
lich im letzteren". „Dadurch würde nicht
nur manches Kunstdenkmal erhalten, sondern
auch eine innere Bindung geschaffen zwischen
der alten Heimat und den neu-alten Ge-
bieten." S.

Da die Bücherschau trotz ihrer vorwiegend referierenden Behandlung, zumal bei
der vorgeschriebenen Reduktion des Hefte-Umfanges, leider zu viel Raum beanspruchte,
so ist eine Einschränkung derselben nicht mehr zu vermeiden, so daß fernerhin — nach der
Erledigung der bereits gesetzten Referate — in manchen Fällen die Beschränkung auf die
einfache Anzeige kaum zu vermeiden sein wird.
 
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