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Zeitschrift für christliche Kunst — 31.1918

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Hasak, Max: Wo stammt der märkische Ziegelbau her?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4276#0071

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Nr. 5/6 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 57

WO STAMMT DER MÄRKISCHE
ZIEGELBAU HER?

(Mit Tafel VI.)

Schon Jakob Grimm klagt: „Es ist ein alter Zug der Deutschen, ihr Eigen-
tum immer am letzten anzuerkennen und am ersten preiszugeben." So
gab es leidenschaftliche Kämpfe darüber, ob der märkische Ziegelbau aus
Holland, aus Dänemark oder aus Italien stamme; daß er aus Deutschland selbst
stammen könne, darauf war niemand verfallen.

Zuerst gelang mir der Nachweis, daß die Herstellungsart der mär-
kischen Backsteine deutschen Ursprunges sei und nicht italienischer Herkunft1.
Die ältesten Ziegelbauten, wie Jenchow und Lehnin, zeigen sauberste Herstellung,
sämtliche Steine einander gleich. Während in Italien zur selben Zeit (gegen 1150)
kein Stein dem anderen gleicht, weder in Länge, Breite oder Höhe, und zwar in
Pavia, wie um Venedig, wie am Golf von Tarent. Die märkischen Backsteine sind
eben damals wie heutzutage in Holzkästen gestrichen. Die Italiener haben er-
sichtlich große Lehmkuchen geschlagen, aus denen sie die Steine mit dem Messer
herausschnitten. Nun beschreibt aber schon der hl. Rabanus Maurus in seinem
„De Universo" gegen 830 diese deutsche Herstellungsart wie folgt:'

„Tegulae autem primae positionis nomen cuius diminutivum tigillum. Later-
cuh vero vocati, quod lati formentur circumactis undique quatuor
t a b u 1 i s. Lateres autem crudi sunt, qui et ipsi inde nominati, quod lati 1 i g -
neis formis efficiuntur.

(Tegula ist aber der Name im ersten Fall, die Verkleinerung tigillum. Later-
cuh aber werden sie genannt, weil sie breit hergestellt werden, umgeben
ringsum von vier Brettchen. Lateres sind aber roh, die ebenfalls
so benannt sind, weil sie in h öl zern en Formen hergestellt werden.)

Erst gegen Ende des XII. Jahrh. taucht diese deutsche Herstellungsart in
Italien auf. Sie stammt also aus Deutschland und überragt die italienische bar-
barische Weise ganz beträchtlich an Sauberkeit.

Wenn aber die Deutschen schon 300 Jahre lang solch vorzügliche Backsteine
herstellten, ehe die Italiener sie ihnen absahen, warum sollen dann die wenigen
Kunstformen des romanischen Backsteinbaues eine Erfindung der Italiener und
nicht der Deutschen sein? — Ja aber man findet vor den märkischen Backstein-
bauten des XII. Jahrh. keine Vorgänger in Deutschland! — Auch dieser Ein-
wurf läßt sich beheben. Im Augsburgischen, dem alten Vindehzien, hat man durch
alle Jahrhunderte hindurch in Ziegeln gebaut. Der Dom von Augsburg, zwischen
994 und 1006 neu errichtet, steht noch heute aufrecht als Backsteinbau vor uns,
und neben ihm eine große Zahl romanischer Kirchen in Stadt und Land: St.
Peter am Perlachsberg, St. Georg, St. Moritz, Heiligkreuz, Göggingen, Inningen,
Gersthofen, Oberhausen. Von hier aus ist der Backsteinbau nach den neu
eroberten Gebieten rechts der Elbe übertragen worden; standen doch dieselben
zum Teil unter ein und demselben Herrscher, nämlich Heinrich dem Löwen,

1 Hasak: „Die romanische und die gotische Baukunst", Bd. 2 S. 88. Im Handbuch der
Architektur. Stuttgart 1903.

- Rabani Mauri Opera a Pameho ohm collecta. Köln 1626. De Universo.
 
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