Gartendenkmale in Niedersachsen -
eine Beschreibung des Pflege- und Erhaltungszustandes
Erika Schmidt
Wer sich auf die Suche nach Gartendenkmalen in Niedersachsen
macht, trifft die Anlagen in unterschiedlicher Verfassung an. Im
Haupteil des Vortrages werden allgemeine Erscheinungen anhand
zahlreicher Lichtbilder vor Augen geführt, und zwar ohne Nen-
nung von Namen, weil es nicht um die Einzelfälle geht, sondern
um das Exemplarische. Die entsprechenden Textpassagen sind im
folgenden zusammenfassend wiedergegeben.
Typische Zustandsbilder und Gefährdungen
Durch Bebauung zerstört
Wenn ein Garten seine Funktion als Anbaufläche, Erholungs-
stätte, Wohn- oder Repräsentationsraum verloren hat oder
unglücklicherweise neben expandierenden Baugebieten liegt,
wird sich früher oder später jemand finden, der in dem Garten-
gelände vor allem eine noch unbebaute Fläche sieht - ungeach-
tet ideeller Werte oder städtebaulicher Qualitäten der Freifläche.
So erhebt sich heute auf dem Areal eines von Zeitgenossen
gerühmten, frühen deutschen Landschaftsgartens ein Postscheck-
amt. In so manchem Schloßgarten, der - wenn schon nicht als
Gartenkunstwerk, so doch mindestens als freiräumliche Ergän-
zung eines bedeutenden Baudenkmals - hätte unverbaut bleiben
müssen, steht heute ein modernes Kreisverwaltungszentrum, eine
Schule oder eine Schwimmhalle. Wo sich ein in den zwanziger
Jahren als anspruchsvolles Kunstwerk vollendeter Landhausgarten
befand, entstand seit 1962 Teppichhausbebauung. Nur die aus-
führliche Bildberichterstattung in einer Fachzeitschrift ist uns von
der reichgegliederten Gartenanlage geblieben.
In solchen Fällen bleibt dem Konservator nichts mehr zu tun.
Man muß sich die Verluste aber bewußt machen, um das Verblie-
bene richtig würdigen zu können und desto entschlossener
gegen ähnliche Schicksale zu verteidigen.
1 Lindenlaubengang auf einem Damm zwischen einst „schiffbaren" Gewäs-
sern, von Wildwuchs bedrängt.
tung stößt. Altehrwürdige Alleen verschwinden zwischen Stan-
genholz aus Selbstaussaat und jungen, gepflanzten Fichten. Ein
Lindenlaubengang (Abb.1), immerhin noch treulich in Schnitt
gehalten, wird von Brennesseln, Holunder und Ahorn bedrängt.
Daß er auf einem Damm zwischen Graben und Teich, die zum
Teil einst schiffbar waren, gepflanzt wurde, ist kaum zu erken-
nen. Wenn dann noch in unmittelbarer Nähe Nutzholz wächst,
fragt man sich bange, wie die Kräfteverhältnisse sich hier weiter-
entwickeln werden. Über diese Anlage heißt es in einem vor fünf
Jahren erschienenen Führer zu Kunstdenkmalen, sie stelle einen
in seinen Grundzügen im heutigen Landschaftspark noch ables-
baren Barockgarten dar. Doch fällt es jetzt schon ebenso schwer,
den Landschaftsgarten zu erkennen, wie sich Zusammenhänge
zwischen den Resten regelmäßiger Anlagenelemente vorzustellen.
2 Partie einer im frühen 20. Jahrhundert von Fritz Encke und Leberecht
Migge geschaffenen Gartenanlage, seit Jahrzehnten verwahrlost.
Verwahrlost, verwildert, unter Nutzholz erstickt
Das zweite Kapitel in einer Geschichte der vernichteten Zeugnisse
von Gartenkultur ist den verwahrlosten, unter Wildwuchs und
Nutzholz erstickten und verfallenen Anlagen zu widmen. Oft muß
man glauben, ein Allerweltsdickicht vor sich zu haben, bis man
auf vereinzelte Gehölzraritäten als Indizien gärtnerischer Gestal-
Womöglich bleibt von dem Park - er gehörte zu einem 1944 zer-
störten, ehemals herzoglichen Schloß - bald nur noch ein Boden-
denkmal.
Während ungebändigte und im Absterben begriffene Pflan-
zenbestände durchaus positiv als rührend, geheimnisvoll und
urwüchsig erlebt werden können, obwohl sie den Verlust der
Gartenstruktur bedeuten, wird Verfall an Artefakten leichter als
16
eine Beschreibung des Pflege- und Erhaltungszustandes
Erika Schmidt
Wer sich auf die Suche nach Gartendenkmalen in Niedersachsen
macht, trifft die Anlagen in unterschiedlicher Verfassung an. Im
Haupteil des Vortrages werden allgemeine Erscheinungen anhand
zahlreicher Lichtbilder vor Augen geführt, und zwar ohne Nen-
nung von Namen, weil es nicht um die Einzelfälle geht, sondern
um das Exemplarische. Die entsprechenden Textpassagen sind im
folgenden zusammenfassend wiedergegeben.
Typische Zustandsbilder und Gefährdungen
Durch Bebauung zerstört
Wenn ein Garten seine Funktion als Anbaufläche, Erholungs-
stätte, Wohn- oder Repräsentationsraum verloren hat oder
unglücklicherweise neben expandierenden Baugebieten liegt,
wird sich früher oder später jemand finden, der in dem Garten-
gelände vor allem eine noch unbebaute Fläche sieht - ungeach-
tet ideeller Werte oder städtebaulicher Qualitäten der Freifläche.
So erhebt sich heute auf dem Areal eines von Zeitgenossen
gerühmten, frühen deutschen Landschaftsgartens ein Postscheck-
amt. In so manchem Schloßgarten, der - wenn schon nicht als
Gartenkunstwerk, so doch mindestens als freiräumliche Ergän-
zung eines bedeutenden Baudenkmals - hätte unverbaut bleiben
müssen, steht heute ein modernes Kreisverwaltungszentrum, eine
Schule oder eine Schwimmhalle. Wo sich ein in den zwanziger
Jahren als anspruchsvolles Kunstwerk vollendeter Landhausgarten
befand, entstand seit 1962 Teppichhausbebauung. Nur die aus-
führliche Bildberichterstattung in einer Fachzeitschrift ist uns von
der reichgegliederten Gartenanlage geblieben.
In solchen Fällen bleibt dem Konservator nichts mehr zu tun.
Man muß sich die Verluste aber bewußt machen, um das Verblie-
bene richtig würdigen zu können und desto entschlossener
gegen ähnliche Schicksale zu verteidigen.
1 Lindenlaubengang auf einem Damm zwischen einst „schiffbaren" Gewäs-
sern, von Wildwuchs bedrängt.
tung stößt. Altehrwürdige Alleen verschwinden zwischen Stan-
genholz aus Selbstaussaat und jungen, gepflanzten Fichten. Ein
Lindenlaubengang (Abb.1), immerhin noch treulich in Schnitt
gehalten, wird von Brennesseln, Holunder und Ahorn bedrängt.
Daß er auf einem Damm zwischen Graben und Teich, die zum
Teil einst schiffbar waren, gepflanzt wurde, ist kaum zu erken-
nen. Wenn dann noch in unmittelbarer Nähe Nutzholz wächst,
fragt man sich bange, wie die Kräfteverhältnisse sich hier weiter-
entwickeln werden. Über diese Anlage heißt es in einem vor fünf
Jahren erschienenen Führer zu Kunstdenkmalen, sie stelle einen
in seinen Grundzügen im heutigen Landschaftspark noch ables-
baren Barockgarten dar. Doch fällt es jetzt schon ebenso schwer,
den Landschaftsgarten zu erkennen, wie sich Zusammenhänge
zwischen den Resten regelmäßiger Anlagenelemente vorzustellen.
2 Partie einer im frühen 20. Jahrhundert von Fritz Encke und Leberecht
Migge geschaffenen Gartenanlage, seit Jahrzehnten verwahrlost.
Verwahrlost, verwildert, unter Nutzholz erstickt
Das zweite Kapitel in einer Geschichte der vernichteten Zeugnisse
von Gartenkultur ist den verwahrlosten, unter Wildwuchs und
Nutzholz erstickten und verfallenen Anlagen zu widmen. Oft muß
man glauben, ein Allerweltsdickicht vor sich zu haben, bis man
auf vereinzelte Gehölzraritäten als Indizien gärtnerischer Gestal-
Womöglich bleibt von dem Park - er gehörte zu einem 1944 zer-
störten, ehemals herzoglichen Schloß - bald nur noch ein Boden-
denkmal.
Während ungebändigte und im Absterben begriffene Pflan-
zenbestände durchaus positiv als rührend, geheimnisvoll und
urwüchsig erlebt werden können, obwohl sie den Verlust der
Gartenstruktur bedeuten, wird Verfall an Artefakten leichter als
16