Gartendenkmalpflege in der Stadt Göttingen
Norbert Mattern
Göttingen war von jeher eine reine Bürgerstadt, die sich bis
heute zu einer Stadt mit etwa 125.000 Einwohnern entwickelt
hat. Feudale Gartenanlagen - gleich welcher Größe - sind nicht
zu finden, sondern eine kleinstädtisch bürgerliche Stadtstruktur,
die ganz besonders auch durch die traditionsreiche Universität
geprägt wurde.
Göttingen ist reich an Baudenkmalen, was die Denkmaltopo-
graphie aus dem Jahre 1982 sehr deutlich gemacht hat. Vorran-
gig Kirchen, Bürgerhäuser und Zweckbauten wurden als schüt-
zenswert eingestuft, daneben Teile des Stadtgrundrisses, die Forti-
fikationsanlagen, alte Friedhöfe oder öffentliche Grünanlagen der
Jahrhundertwende. Allen letztgenannten Objekten ist jedoch
gleich, daß aufgrund der Lage ein enormer Nutzungsdruck auf
ihnen lastet. Die Wallanlagen z. B. waren/sind aufgrund ihrer
exponierten Lage ständig gefährdet. Von der Stadtinnenseite
durch sich ausdehnende Bebauung bedrängt, wird sie auf der
anderen Seite im wesentlichen von den Platzansprüchen eines
immer noch wachsenden innerstädtischen Verkehrs bedroht.
Göttingen und Umgebung. Kartengrundlage: Kurhannoversche Landesauf-
nahme 1 : 25 000, Blatt 155 (1784); vervielfältigt mit Erlaubnis des Nieders.
Landesveraltungsamtes - Landesvermessung - B 5 - 428/82.
Die alten Friedhöfe des 18./19. Jahrhunderts sind seit langem
aufgelassen und werden als öffentliche Grünanlage (mit einge-
streuten einzelnen schützenswerten Grabdenkmalen) geführt. Sie
wurden offensichtlich nur von wenigen Besuchern angenommen
- trotz Innenstadtnähe.
Eine Öffnung im Sinne einer neuen Nutzbarkeit als innerstädti-
scher Erholungsort führte bedauerlicherweise eher zur Zweckent-
fremdung als Verkehrsfläche für Radfahrer mit den damit verbun-
denen Nutzungskonflikten. Ganz anders sieht der Umgang mit
dem großen zentralen Stadtfriedhof des 19./20. Jahrhunderts aus.
Dieser soll aufgelassen werden und ebenfalls zukünftig als öffent-
liche Grünanlage dienen. Aufgrund der Größe von 36 ha und ca.
60.000 Bestattungen treten hier besondere Probleme speziell im
Hinblick des Denkmalschutzes der Grabdenkmale auf, da Hun-
derte von Denkmalen nach einer Erhebung besonders schützens-
wert und damit erhaltenswert sind - wer trägt die Kosten?
Aber auch eine Grünanlage, wie die Schillerwiese, die um die
Jahrhundertwende für eine öffentliche Nutzung geschaffen
wurde, bietet heute Konflikten Raum.
Nicht nur städteplanerische, freizeitorientierte Vorstellungen
bzw. Nutzungsansprüche offenbaren die Differenzen in der Inan-
spruchnahme und Bewertung öffentlicher Grünsubstanz, sondern
auch bereits die Pflege unterschiedlicher Bereiche dieses Objektes
zeigt deutlich, wie schwierig der Erhalt und der Unterhalt von
Grünanlagen unter dem Gesichtpunkt der Gartendenkmalpflege
ist.
Hierbei denke ich nicht zuletzt an Fragen des Umwelt- und
Naturschutzes, die in Göttingen vor allem wegen der besonderen
Bevölkerungsstruktur äußerst kontrovers diskutiert werden, z. B.
die Fällung von Bäumen, um Sichtachsen freizuhalten o. ä.
Die Stadt Göttingen besitzt im Vergleich zu Baudenkmalen nur
wenige Gartenbaudenkmale. Die Akzeptanz dieser Denkmalkate-
gorie ist im politisch-administrativen Bereich sehr gering. Finanz-
mittel, die ausschließlich der Gartendenkmalpflege (z B. Parkpfle-
gewerken und -maßnahmen) gewidmet wären, gibt es so gut
wie keine. Es werden lediglich jährlich 15.000 DM zum Schutz
denkmalwürdiger Grabmale aufgewendet. Immerhin konnten
1992 21.000 DM beschafft werden, als ein denkmalwertes Grab-
mal durch einen vom Sturm umgeworfenen Baum stark beschä-
digt war.
Gartendenkmalpflege in Göttingen zu betreiben, wird unter
den heutigen Haushaltsbedingungen fast zur Illusion. Auch wenn
per Gesetz eine Verpflichtung besteht, unsere Kulturdenkmale/
Gartendenkmale zu erhalten, so ist dies nicht möglich, ohne eine
zusätzliche finanzielle Unterstützung von außen. Mit den Mitteln,
die für die originären Aufgaben einer Garten- und Friedhofsver-
waltung zur Verfügung gestellt werden, ist es bereits nicht mehr
möglich, befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Wie soll unter sol-
chen Bedingungen eine Aufgabe erfüllt werden, die eines erhebli-
chen zusätzlichen Finanzeinsatzes bedarf? Mittel- und langfristig
ist dieses Problem nur durch eine gezielte Information und inten-
sive Problematisierung des Themas Gartendenkmalpflege in Göt-
tingen möglicherweise zu verbessern. Wünschenswert wäre in
diesem Zusammenhang eine Überarbeitung der Denkmaltopogra-
phie - Schwerpunkt „Gartendenkmale" (auch im privaten
Bereich) die die heutigen Politiker, aber auch die Bevölkerung
auf die historischen Werte der Gartendenkmalsubstanz aufmerk-
sam macht. Ohne eine Unterstützung von außen - insbesondere
durch das Institut für Denkmalpflege - wird es trotz allen Interes-
ses und Wollens auf Seiten der städtischen Gartenverwaltung
nicht gelingen, die Gartendenkmale unserer Stadt zu pflegen und
zu erhalten.
Abbildungsnachweis
aus: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenk-
male in Niedersachsen, Stadt Göttingen 5.1, S. 62.
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Norbert Mattern
Göttingen war von jeher eine reine Bürgerstadt, die sich bis
heute zu einer Stadt mit etwa 125.000 Einwohnern entwickelt
hat. Feudale Gartenanlagen - gleich welcher Größe - sind nicht
zu finden, sondern eine kleinstädtisch bürgerliche Stadtstruktur,
die ganz besonders auch durch die traditionsreiche Universität
geprägt wurde.
Göttingen ist reich an Baudenkmalen, was die Denkmaltopo-
graphie aus dem Jahre 1982 sehr deutlich gemacht hat. Vorran-
gig Kirchen, Bürgerhäuser und Zweckbauten wurden als schüt-
zenswert eingestuft, daneben Teile des Stadtgrundrisses, die Forti-
fikationsanlagen, alte Friedhöfe oder öffentliche Grünanlagen der
Jahrhundertwende. Allen letztgenannten Objekten ist jedoch
gleich, daß aufgrund der Lage ein enormer Nutzungsdruck auf
ihnen lastet. Die Wallanlagen z. B. waren/sind aufgrund ihrer
exponierten Lage ständig gefährdet. Von der Stadtinnenseite
durch sich ausdehnende Bebauung bedrängt, wird sie auf der
anderen Seite im wesentlichen von den Platzansprüchen eines
immer noch wachsenden innerstädtischen Verkehrs bedroht.
Göttingen und Umgebung. Kartengrundlage: Kurhannoversche Landesauf-
nahme 1 : 25 000, Blatt 155 (1784); vervielfältigt mit Erlaubnis des Nieders.
Landesveraltungsamtes - Landesvermessung - B 5 - 428/82.
Die alten Friedhöfe des 18./19. Jahrhunderts sind seit langem
aufgelassen und werden als öffentliche Grünanlage (mit einge-
streuten einzelnen schützenswerten Grabdenkmalen) geführt. Sie
wurden offensichtlich nur von wenigen Besuchern angenommen
- trotz Innenstadtnähe.
Eine Öffnung im Sinne einer neuen Nutzbarkeit als innerstädti-
scher Erholungsort führte bedauerlicherweise eher zur Zweckent-
fremdung als Verkehrsfläche für Radfahrer mit den damit verbun-
denen Nutzungskonflikten. Ganz anders sieht der Umgang mit
dem großen zentralen Stadtfriedhof des 19./20. Jahrhunderts aus.
Dieser soll aufgelassen werden und ebenfalls zukünftig als öffent-
liche Grünanlage dienen. Aufgrund der Größe von 36 ha und ca.
60.000 Bestattungen treten hier besondere Probleme speziell im
Hinblick des Denkmalschutzes der Grabdenkmale auf, da Hun-
derte von Denkmalen nach einer Erhebung besonders schützens-
wert und damit erhaltenswert sind - wer trägt die Kosten?
Aber auch eine Grünanlage, wie die Schillerwiese, die um die
Jahrhundertwende für eine öffentliche Nutzung geschaffen
wurde, bietet heute Konflikten Raum.
Nicht nur städteplanerische, freizeitorientierte Vorstellungen
bzw. Nutzungsansprüche offenbaren die Differenzen in der Inan-
spruchnahme und Bewertung öffentlicher Grünsubstanz, sondern
auch bereits die Pflege unterschiedlicher Bereiche dieses Objektes
zeigt deutlich, wie schwierig der Erhalt und der Unterhalt von
Grünanlagen unter dem Gesichtpunkt der Gartendenkmalpflege
ist.
Hierbei denke ich nicht zuletzt an Fragen des Umwelt- und
Naturschutzes, die in Göttingen vor allem wegen der besonderen
Bevölkerungsstruktur äußerst kontrovers diskutiert werden, z. B.
die Fällung von Bäumen, um Sichtachsen freizuhalten o. ä.
Die Stadt Göttingen besitzt im Vergleich zu Baudenkmalen nur
wenige Gartenbaudenkmale. Die Akzeptanz dieser Denkmalkate-
gorie ist im politisch-administrativen Bereich sehr gering. Finanz-
mittel, die ausschließlich der Gartendenkmalpflege (z B. Parkpfle-
gewerken und -maßnahmen) gewidmet wären, gibt es so gut
wie keine. Es werden lediglich jährlich 15.000 DM zum Schutz
denkmalwürdiger Grabmale aufgewendet. Immerhin konnten
1992 21.000 DM beschafft werden, als ein denkmalwertes Grab-
mal durch einen vom Sturm umgeworfenen Baum stark beschä-
digt war.
Gartendenkmalpflege in Göttingen zu betreiben, wird unter
den heutigen Haushaltsbedingungen fast zur Illusion. Auch wenn
per Gesetz eine Verpflichtung besteht, unsere Kulturdenkmale/
Gartendenkmale zu erhalten, so ist dies nicht möglich, ohne eine
zusätzliche finanzielle Unterstützung von außen. Mit den Mitteln,
die für die originären Aufgaben einer Garten- und Friedhofsver-
waltung zur Verfügung gestellt werden, ist es bereits nicht mehr
möglich, befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Wie soll unter sol-
chen Bedingungen eine Aufgabe erfüllt werden, die eines erhebli-
chen zusätzlichen Finanzeinsatzes bedarf? Mittel- und langfristig
ist dieses Problem nur durch eine gezielte Information und inten-
sive Problematisierung des Themas Gartendenkmalpflege in Göt-
tingen möglicherweise zu verbessern. Wünschenswert wäre in
diesem Zusammenhang eine Überarbeitung der Denkmaltopogra-
phie - Schwerpunkt „Gartendenkmale" (auch im privaten
Bereich) die die heutigen Politiker, aber auch die Bevölkerung
auf die historischen Werte der Gartendenkmalsubstanz aufmerk-
sam macht. Ohne eine Unterstützung von außen - insbesondere
durch das Institut für Denkmalpflege - wird es trotz allen Interes-
ses und Wollens auf Seiten der städtischen Gartenverwaltung
nicht gelingen, die Gartendenkmale unserer Stadt zu pflegen und
zu erhalten.
Abbildungsnachweis
aus: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenk-
male in Niedersachsen, Stadt Göttingen 5.1, S. 62.
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