105
eines Hauses vermag dem Ziel gerecht zu werden, als
„Vorbild und Beispiel der rechten Baugesinnung zu
dienen", wie Ottenjann noch 1956 ausdrücklich be-
tont. Das alles erinnert stark an tradierte Idealvorstel-
lungen vom ländlichen Bauen, denen sich bereits die
Vertreter der Heimatbewegung verpflichtet fühlten.
Dass wir über das inhaltliche Voranschreiten des Mu-
seumsdorfs oft bis ins Detail informiert sind, liegt an
den akribischen Tagebuchaufzeichnungen des Mu-
seumsleiters. Bereits am 17. Januar 1934 schreibt
er, dass das erste „Modell des Museumsdorfs fertig
[wurde]. Der Entwurf stammt vom Reg. Oberbaurat
Wohlschläger- Oldenburg; die Zeichnungen lieferte
Dipl.-Ing Cromme - Vechta; in Gips wurde es ausge-
führt und in Farbe gesetzt von Bildhauer Paul Dierkes
- Cloppenburg."30 Der Kreis der beteiligten Personen
war also erweitert worden, vor allem durch die Person
des Staatshochbauamtsleiters Wohlschläger, der auch
später so etwas wie der konstruktive Begleiter des Ge-
samtvorhabens sein sollte.31
Die Vorgaben für das Modell bilden erkennbar die
Gebäude ab, die größtenteils schon in der Veröffent-
lichung vom November 1933 aufgelistet wurden und
die auch bei der weiteren Planung den Kern des Dor-
fes bilden sollten. Immer noch ein Plan, wie Ottenjann
vorsichtig formulierte, aber auch kein „reines Phanta-
siegebilde" -wie u. a. die „Bremer Nachrichten" am
23. Januar 1934 nach den Vorformulierungen Otten-
janns berichteten:
„Insbesondere sind die einzelnen vorgesehenen
Gebäude sämtlich - von Einzelheiten abgesehen
- irgendwo im Lande vorhanden, ihnen nachge-
bildet: Das große Bauernhaus mit vorgekröpftem
Giebel entspricht dem Quatmannshof in Eds-
ten [gemeint ist Elsten], das Doppelheuerhaus
mit steilem Giebel steht in Oldorf, das einfache
Heuerhaus mit abgewalmtem Giebel treffen wir
allüberall im Münsterland, zu dem Schafstall hat
der prächtige Schafkoven in Varrelbusch Pate
gestanden, auch alle Nebengebäude: das Back-
haus, der Speicher, der Holzstall, die Scheune, der
Dreschturm, die Bleichhütte und das Bienenhaus,
sind irgendwelchen Vorbildern im Lande nach-
gebildet. Das Bilderwerk hat dabei die besten
Dienste geleistet. Bei dem Adelshof ist gedacht
an Gut Hopen, bei dem städtischen Bau an das
Brunssche Haus in Cloppenburg, bei der Kirche
an die schöne altersgraue Altenoyther Kirche.
Auch die Windmühle ist typisch münsterländisch.
Der Brunnen auf dem großen freien Platz ist dem
Marktbrunnen in Wildeshausen nachgebildet.
Er ist neben dem Zieh- und Windebrunnen, die
zu den Bauernhäusern gestellt sind, mehr städ-
tischer Art und stellt einen ausgezeichneten
Schmuck des von all den verschiedenen Gebäu-
den umgebenen freien Platzes dar, der übrigens
die denkbar schönste Freilichtbühne hergibt.
Auch das Hünengrab, das für das Münsterland ja
so charakteristisch ist, ward nicht vergessen. Al-
les in allem ein Plan, der, so großzügig er auch
erscheinen mag, dennoch absolut durchführbar
ist, ein Plan, der so natürlich gewachsen ist, daß
er den einzig richtigen Weg weist, wie künftig
all die herrlichen Schätze des münsterländischen
Heimatmuseums sinngemäß und lebenswahr un-
tergebracht werden können."32
Vieles von dem, was hier visionär aufgelistet wird,
ist in den nachfolgenden Jahren verwirklicht wor-
den, wenn auch nicht bis in alle Details, denn weder
das Gut Hopen aus dem Landkreis Vechta noch das
Bruns'sche Haus aus Cloppenburg noch die „alters-
graue Altenoyther Kirche" fanden den Weg ins Muse-
umsdorf. Die inhaltlichen Pflöcke zur Umsetzung des
Museumsdorf-Gedankens schienen indes Ende 1933
eingeschlagen zu sein, die Weichen waren zu Beginn
des Jahres 1934 auf Realisierung gestellt. Entspre-
chend selbstbewusst veröffentlichte Heinrich Otten-
jann in den nächsten Monaten verschiedene Texte, in
denen er die originäre Genese der Museumsdorf-Idee
schilderte und glaubhaft zu versichern verstand, dass
ihm die „nordischen Freiluftmuseen oder das Königs-
berger Dorfmuseum gänzlich unbekannt" geblieben
waren.33 Aber spätestens am 20. Dezember 1934, als
bereits das vorgesehene Baugelände an der Soeste
durch Einsatzkräfte des FADs übersandet und drai-
niert worden war, muss Heinrich Ottenjann mit sei-
6 Spatenstich auf dem Gelände des Museumsdorf-Areals an
der Soeste, August 1934. In der Bildmitte Museumsleiter Dr.
H. Ottenjann. Foto: R. Engels.
nen Vorstellungen vom Museumsdorf - in denen üb-
rigens auch die Symbiose mit einem „germanischen
Thingplatz"34 durchaus Platz hatte (!) - in eine erste,
ernsthafte Konfliktsituation geraten sein. Denn an
diesem Tage traf in Cloppenburg eine parteipolitisch
ausgerichtete Regierungsabordnung aus Oldenburg
eines Hauses vermag dem Ziel gerecht zu werden, als
„Vorbild und Beispiel der rechten Baugesinnung zu
dienen", wie Ottenjann noch 1956 ausdrücklich be-
tont. Das alles erinnert stark an tradierte Idealvorstel-
lungen vom ländlichen Bauen, denen sich bereits die
Vertreter der Heimatbewegung verpflichtet fühlten.
Dass wir über das inhaltliche Voranschreiten des Mu-
seumsdorfs oft bis ins Detail informiert sind, liegt an
den akribischen Tagebuchaufzeichnungen des Mu-
seumsleiters. Bereits am 17. Januar 1934 schreibt
er, dass das erste „Modell des Museumsdorfs fertig
[wurde]. Der Entwurf stammt vom Reg. Oberbaurat
Wohlschläger- Oldenburg; die Zeichnungen lieferte
Dipl.-Ing Cromme - Vechta; in Gips wurde es ausge-
führt und in Farbe gesetzt von Bildhauer Paul Dierkes
- Cloppenburg."30 Der Kreis der beteiligten Personen
war also erweitert worden, vor allem durch die Person
des Staatshochbauamtsleiters Wohlschläger, der auch
später so etwas wie der konstruktive Begleiter des Ge-
samtvorhabens sein sollte.31
Die Vorgaben für das Modell bilden erkennbar die
Gebäude ab, die größtenteils schon in der Veröffent-
lichung vom November 1933 aufgelistet wurden und
die auch bei der weiteren Planung den Kern des Dor-
fes bilden sollten. Immer noch ein Plan, wie Ottenjann
vorsichtig formulierte, aber auch kein „reines Phanta-
siegebilde" -wie u. a. die „Bremer Nachrichten" am
23. Januar 1934 nach den Vorformulierungen Otten-
janns berichteten:
„Insbesondere sind die einzelnen vorgesehenen
Gebäude sämtlich - von Einzelheiten abgesehen
- irgendwo im Lande vorhanden, ihnen nachge-
bildet: Das große Bauernhaus mit vorgekröpftem
Giebel entspricht dem Quatmannshof in Eds-
ten [gemeint ist Elsten], das Doppelheuerhaus
mit steilem Giebel steht in Oldorf, das einfache
Heuerhaus mit abgewalmtem Giebel treffen wir
allüberall im Münsterland, zu dem Schafstall hat
der prächtige Schafkoven in Varrelbusch Pate
gestanden, auch alle Nebengebäude: das Back-
haus, der Speicher, der Holzstall, die Scheune, der
Dreschturm, die Bleichhütte und das Bienenhaus,
sind irgendwelchen Vorbildern im Lande nach-
gebildet. Das Bilderwerk hat dabei die besten
Dienste geleistet. Bei dem Adelshof ist gedacht
an Gut Hopen, bei dem städtischen Bau an das
Brunssche Haus in Cloppenburg, bei der Kirche
an die schöne altersgraue Altenoyther Kirche.
Auch die Windmühle ist typisch münsterländisch.
Der Brunnen auf dem großen freien Platz ist dem
Marktbrunnen in Wildeshausen nachgebildet.
Er ist neben dem Zieh- und Windebrunnen, die
zu den Bauernhäusern gestellt sind, mehr städ-
tischer Art und stellt einen ausgezeichneten
Schmuck des von all den verschiedenen Gebäu-
den umgebenen freien Platzes dar, der übrigens
die denkbar schönste Freilichtbühne hergibt.
Auch das Hünengrab, das für das Münsterland ja
so charakteristisch ist, ward nicht vergessen. Al-
les in allem ein Plan, der, so großzügig er auch
erscheinen mag, dennoch absolut durchführbar
ist, ein Plan, der so natürlich gewachsen ist, daß
er den einzig richtigen Weg weist, wie künftig
all die herrlichen Schätze des münsterländischen
Heimatmuseums sinngemäß und lebenswahr un-
tergebracht werden können."32
Vieles von dem, was hier visionär aufgelistet wird,
ist in den nachfolgenden Jahren verwirklicht wor-
den, wenn auch nicht bis in alle Details, denn weder
das Gut Hopen aus dem Landkreis Vechta noch das
Bruns'sche Haus aus Cloppenburg noch die „alters-
graue Altenoyther Kirche" fanden den Weg ins Muse-
umsdorf. Die inhaltlichen Pflöcke zur Umsetzung des
Museumsdorf-Gedankens schienen indes Ende 1933
eingeschlagen zu sein, die Weichen waren zu Beginn
des Jahres 1934 auf Realisierung gestellt. Entspre-
chend selbstbewusst veröffentlichte Heinrich Otten-
jann in den nächsten Monaten verschiedene Texte, in
denen er die originäre Genese der Museumsdorf-Idee
schilderte und glaubhaft zu versichern verstand, dass
ihm die „nordischen Freiluftmuseen oder das Königs-
berger Dorfmuseum gänzlich unbekannt" geblieben
waren.33 Aber spätestens am 20. Dezember 1934, als
bereits das vorgesehene Baugelände an der Soeste
durch Einsatzkräfte des FADs übersandet und drai-
niert worden war, muss Heinrich Ottenjann mit sei-
6 Spatenstich auf dem Gelände des Museumsdorf-Areals an
der Soeste, August 1934. In der Bildmitte Museumsleiter Dr.
H. Ottenjann. Foto: R. Engels.
nen Vorstellungen vom Museumsdorf - in denen üb-
rigens auch die Symbiose mit einem „germanischen
Thingplatz"34 durchaus Platz hatte (!) - in eine erste,
ernsthafte Konfliktsituation geraten sein. Denn an
diesem Tage traf in Cloppenburg eine parteipolitisch
ausgerichtete Regierungsabordnung aus Oldenburg