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"Unter der GrasNarbe" <Veranstaltung, 2014, Hannover>; Schomann, Rainer [Editor]; Schormann, Michael Heinrich [Editor]; Wolschke-Bulmahn, Joachim [Editor]; Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; VGH-Stiftung [Editor]; Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur [Editor]; Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Unter der GrasNarbe: Freiraumgestaltungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur als denkmalpflegerisches Thema : Dokumentation der Tagung vom 26.-29. März 2014 in Hannover — Petersberg: Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, Heft 45.2015

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Schormann, Michael Heinrich: Kasernen und militärische Großprojekte für den Krieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.51271#0139
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Michael Heinrich Schormann

Kasernen und militärische Großprojekte für den Krieg

Der Beitrag versucht zwei Ziele zu verfolgen: Zum ei-
nen sollen Umfang und Art militärischer Bauprojekte
auf dem Territorium des Deutschen Reiches in den
Jahren von 1935 bis zum Beginn des Zweiten Welt-
krieges kurz umrissen werden. So soll der damit ein-
hergehende Flächenbedarf aufgezeigt werden, der
einen erheblichen Eingriff in den Freiraum bedeutete.
Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden,
inwieweit man auf militärischer Seite bereit war, die
neuen Baulichkeiten mit einer Freiraumgestaltung pla-
nerisch zu begleiten. Einschränkend ist allerdings zu
bemerken, dass eingehende Untersuchungen zu die-
sem Themenbereich anscheinend bisher nicht erfolgt
sind. Insofern kann an dieser Stelle nur ein knapper
Überblick auf Grundlage der einschlägigen Heeresver-
waltungsverfügungen gegeben werden.
Vom Heer des Kaisers zur Wehrmacht Hitlers
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden
Deutschland im Versailler Vertrag nur 100.000 (Be-
rufssoldaten und 15.000 Marinesoldaten für die
Landesverteidigung zugestanden. Gegenüber der
Friedensstärke des Jahres 1913 von rd. 808.000 Mann
eine erhebliche Reduzierung, die eine Schließung von
Kasernen und Standorten zur Folge hatte. Von den
annähernd 310 Garnisonen und 25 Truppenübungs-
plätzen der Vorkriegszeit wurden durch die Reichs-
wehr lediglich noch 150 Garnisonen und 13 Trup-
penübungsplätze genutzt.1 Im Verhältnis zur drastisch
reduzierten Truppenstärke allerdings eine noch immer
beachtliche Zahl. Ungeachtet der Bestimmungen des
Versailler Vertrages gab es seitens der Reichswehrfüh-
rung im Geheimen auch stets Überlegungen und Plä-
ne zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht
und zur Vergrößerung der Armee.
Insofern traf das „Gesetz über den Aufbau der deut-
schen Wehrmacht" vom 16. März 1935 die Heeres-
leitung keineswegs überraschend und unvorbereitet,
zumal Hitler die Führung der Reichswehr auf einer Be-
fehlshaberbesprechung bereits im Februar 1933, nur
vier Tage nach der Machtübernahme der Nationalso-
zialisten, über seine mittel- und langfristigen Ziele in
Kenntnis gesetzt hatte.2 Nach den handschriftlichen
Aufzeichnungen des Generalleutnants Curt Liebmann
hatte Hitler deutlich gesagt:
„Wie soll pol. Macht, wenn sie gewonnen ist, ge-
braucht werden? Jetzt noch nicht zu sagen. Viel-
leicht Erkämpfung neuer Export-Mögl., vielleicht

- und wohl besser - Eroberung neuen Lebens-
raums im Osten u. dessen rücksichtslose Germa-
nisierung".3
Bis zum Jahr 1938 sollte der Ausbau des Heeres auf
36 Divisionen abgeschlossen sein, des Weiteren der
Ausbau der Kriegsmarine und der Aufbau der Luft-
waffe. Entsprechend war bis 1938 beim Friedensheer
mit etwa 800.000 Soldaten zuzüglich Pferde, Kraft-
fahrzeuge, Verpflegung und Munition, Waffen und
Geräten zu rechnen. Für den zu erwartenden Kriegs-
fall wären binnen weniger Tage etwa 3.000.000 Men-
schen, 400.000 Pferde und 200.000 Kraftfahrzeuge
hinzugekommen - und alles musste untergebracht
werden.4 Die für die Soldaten erforderlichen Ausrüs-
tungsteile wie Uniformen und Waffen mussten schon
lange vor einer Mobilmachung beschafft und eingela-
gert werden.
Neue Kasernen braucht das Land
In der Folge begann eine beispiellose Bautätigkeit von
geradezu unvorstellbaren Dimensionen. Im Gegensatz
zur Armee des Kaiserreiches hatten sich nicht nur die
strategischen Vorgaben verändert, sondern mit der
stetigen und raschen Weiterentwicklung der Militär-
technik kamen auch weitere und neue Bauaufgaben
hinzu. Überdies waren bestehende Kasernen einer
Wohnnutzung zugeführt worden oder sie waren ver-
altet und ihre Lage in den Städten entsprach nicht
mehr den Anforderungen und Vorgaben des Militärs.
Die Bauaufgabe war demzufolge umfangreich, verur-
sachte immense Kosten und beanspruchte viel Raum.
Aber sie war für die nationalsozialistische Diktatur von
herausragender Bedeutung und wurde deshalb von
Anfang an mit Hochdruck betrieben.
In den Jahren bis zum Beginn des Zweiten Weltkrie-
ges wurden alte Kasernenanlagen umgebaut und er-
weitert.5 Ferner entstanden auf dem Territorium des
Deutschen Reiches zahlreiche neue Kasernenanlagen
und Fliegerhorste, Kommandanturen und Verwal-
tungsbauten, Kriegs- und Truppenschulen, Verpfle-
gungsämter, Zeugämter, Lazarette, Treibstofflager und
Munitionsanstalten. Werftanlagen und Ubootbunker
der Marine wurden errichtet und letztlich zählen auch
Truppenübungsplätze und Kriegsgefangenenlager so-
wie die Befestigungen der Westgrenze, der Ostgrenze
und die Befestigungen in Ostpreußen, später auch der
Atlantikwall, zum Bauprogramm.
 
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