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"Unter der GrasNarbe" <Veranstaltung, 2014, Hannover>; Schomann, Rainer [Editor]; Schormann, Michael Heinrich [Editor]; Wolschke-Bulmahn, Joachim [Editor]; Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; VGH-Stiftung [Editor]; Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur [Editor]; Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Unter der GrasNarbe: Freiraumgestaltungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur als denkmalpflegerisches Thema : Dokumentation der Tagung vom 26.-29. März 2014 in Hannover — Petersberg: Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, Heft 45.2015

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Franz, Birgit: Erhalt „bequemer" und „unbequemer" Objekte des Nationalsozialismus: auch eine Frage der Vermittlung?
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51271#0239
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zufällig stoßen können, u.a. über weithin sichtbare
Informationstafeln inmitten des Weinstraßenörtchens
Oberotterbach. Die kleine Runde erstreckt sich über
acht Kilometer, die große Runde über 16 Kilometer,
mit Ausgangspunkten an insgesamt sechs weiteren
Parkplätzen.
An zahlreichen Wegegabelungen kann man sich
immer wieder neu entscheiden (Abb. 6): für den
WestWallWeg zu den hiesigen Relikten des ab 1936
geplanten militärischen Verteidigungssystems des
Deutschen Reichs mit insgesamt rund 20.000 Bun-
kern, Stollen, Gräben und Panzersperren zwischen der
niederländischen und der schweizerischer Grenze, für
den Jakobsweg in Richtung des mutmaßlichen Apos-
telgrabes im spanischen Santiago de Compostela oder
für die Rast in der nächsten Weinstube! Das mag flap-
sig klingen, ist aber gerade in dieser unprätentiösen
Verknüpfung bedenkenswert. Nichts ist aufgedrängt,
alles bleibt freiwillig: Beim Erwandern des Strecken-
und Flächendenkmals Westwall48 verknüpft sich die
Erinnerungslandschaft mit den verbliebenen Kennt-
nissen aus dem Schulgeschichtsbuch und für jene, die
wollen, auch mit neuen Einblicken.
So wäre beispielweise ohne aufbereitete Information
der Zweck der über 1,6 Kilometer gestaffelt angeleg-
ten Wasserbauwerke (Abb. 7) auf weiten Strecken
nicht zu erkennen. Für jene, die nicht gerade auf Res-

te der zugehörigen Höckerlinie stoßen, würde das Bild
von der Landschaft eher von den zumeist anzutreffen-
den Anglern geprägt. Anhand der zum WestWallWeg
gehörenden Informationstafeln erklärt sich, dass hier,
in der sogenannte Weißenburger Senke, seinerzeit
gegen einen potentiellen französischen Panzerangriff
auf die Südpfalz massiv aufgerüstet wurde, u.a. mit
riesigen, eine großräumige Sperrlinie bildenden Pan-
zerhindernissen. Die intensiven Bautätigkeiten be-
gannen 1938 durch Privatfirmen, intensiv unterstützt
vom Reichsarbeitsdienst unter Ausnutzung der von
Göring erlassenen Verordnung vom 22. Juni 1938 zur
Dienstverpflichtung. Sie stoppten im Sommer 1940,
die Besetzung Frankreichs hatte den Westwall obso-
letwerden lassen. Erst Ende August 1944 wurden sie,
aufgrund des schnellen Vormarschs der Alliierten nach
deren Landung in der Normandie, wieder vorangetrie-
ben, dieses Mal mit Frauen, Kindern, Kriegsgefange-
nen und Zwangsarbeitern.
Weitere Informationstafeln in den Bergen des Pfälzer
Waldes geben zum Beispiel an ausgewählten Bunkern
bzw. Bunkerruinen49 mit Hilfe von Texten, Skizzen,
historischen Bildern sowie Ausschnitten aus dem vom
Reichsministerium für Volksaufklärung und Propagan-
da publizierten Nachrichtenblatt „Der Westwall-Bote"
sowie aus Flugblättern der US-amerikanischen Armee
vielfältige Lesehilfe. Sie informieren über die Kriegs-
funktionen der diversen Bunkertyen, über Tod und

7 Die „DenkMal"-Werte hinter dem Bild in der Landschaft erkennen, hier der zu den Westwallrelikten gehörende Panzergra-
ben am 14.07.2012. Foto: Birgit Franz/Georg Maybaum.
 
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