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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

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Die Ev.-ref. Kirche in Eilsum
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Bläuer Böhm, Christine: Salze und Salzkrusten
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https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0116
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Ausblühungen nötigen Nationen könnten bereits viel früher,
zusammen mit NO3“ und CI", mit der Grundfeuchte ins Mau-
erwerk gekommen sein. Daß trotz der Verwendung von Kali-
wasserglas nicht Kaliumcarbonate ausblühen, läßt sich mit
der tiefen Gleichgewichtsfeuchtigkeit dieser Salze erklären
(Arnold, 1981). Da die Natriumcarbonate vor allem auf Neu-
putzflächen vorkommen, muß vermutet werden, daß diese
Neuputze mehr oder weniger große Mengen an Zement ent-
halten (Analysen von Putzen werden zur Zeit bei der BGR
durchgeführt).
Die meisten in Salzausblühungen vorkommenden Ionen, vor
allem aber Nitrate, können mit der Grundfeuchte in die Mauern
transportiert werden (Arnold, 1982). Sulfate können durch den
Regen aus der verschmutzten Luft ausgewaschen und somit
ins Mauerwerk transportiert werden, oder sie können trocken
auf den Mauern deponiert werden, wobei die trockene Depo-
sition von Schwefel stark materialabhängig und in Innenräu-
men sehr viel geringer ist als an Außenfassaden (Furlan &
Girardet, 1988). In Meeresnähe ist weiter zu erwarten, daß
nicht unerhebliche Mengen an Salzen (zum Beispiel Chloride)
in feinsten Wassertröpfchen durch den Wind auf die Mauern
geblasen werden können (coastal spray).
Die in großen Mengen auftretenden Natriumsulfatausblühun-
gen könnten, ähnlich wie die Natriumcarbonate, im Zusam-
menhang mit der Zement- und Wasserglasanwendung ste-
hen. Wenn nämlich die Salze aus dem alkalischen Baustoff
auf die bereits in der Mauer vorhandenen Salze treffen, können
sie miteinander reagieren, und es können neue Salze entste-
hen (Arnold, 1985). Für Eilsum könnte eine solche Entstehung
der heutigen Natriumsulfatausblühungen etwa folgenderma-
ßen stattgefunden haben - eine Spekulation:
Über die Jahrhunderte hinweg wurden Salze in die Mauern
transportiert. Ein solcher Transport konnte zum Beispiel durch
die folgenden Mechanismen geschehen:
- Salze wurden mit der Grundfeuchte in die Mauern transpor-
tiert,
- windgetriebener Regen sickerte durchs Dach in die Schutt-
auffüllungen in den Gewölbezwickeln und von da in die
Gewölbe,
- der Regen konnte direkt durch die Schallöcher in den Turm
und von da in die Apsiskalotte gelangen,
- die Mauern wurden direkt beregnet,
- kochsalzhaltige, feinste Wassertröpfchen wurden vom
Meer her an die Mauern geblasen.
All diese Mechanismen führten mit den möglicherweise bereits
primär in den Baumaterialien enthaltenen Salzen zu einem
Salzgemisch in der Mauer, das hier, gemäß der eigenen 115
Salz- und Krustenanalysen, wohl hauptsächlich aus den Ionen
Na+, K+, Ca2+, SO42“, CI" und NO3" in unterschiedlichen
Mengen bestanden haben dürfte. Bereits aus diesen Ionen
könnten sich ein gutes Dutzend der häufigsten Mauersalze
bilden, wenn die klimatischen Bedingungen es zulassen wür-
den, und falls die Konzentrationen hoch genug wären. Unter
den in Eilsum gegebenen Klimabedingungen wären, in Analo-
gie auch zu anderen Kirchen, wahrscheinlich vor allem Gips
und Kaliumnitrat ausgeblüht, beides relativ geringlösliche
Salze, respektive Salze mit einer hohen Gleichgewichtsfeuch-
tigkeit. Durch die Verwendung von alkalischen Baumaterialien
wurden nun zusätzliche Mengen an K+, Na+ sowie CO32“ in
die Mauern eingebracht. Weiter wurden größere Mengen Was-
ser (zum Beispiel Anmachwasser des Zementmörtels) ins
Mauerwerk gebracht, so daß diese neuen Ionen mit den ur-
sprünglichen Ionen zusammengeführt wurden und nun mit-
einander reagieren konnten. Aus diesem neuen Salzsystem
sind mindestens weitere fünf der häufigsten Mauersalze bild-
bar. Zudem wurden mit dem Zement wahrscheinlich so große
Salzmengen zugeführt (aus den löslichen Alkalien eines Sacks
Zement können sich bis zu 500 g und mehr Salze bilden;
Arnold, 1985), daß jetzt auch leichter lösliche Salze mit hoher

Gleichgewichtsfeuchte ausblühen konnten, so zum Beispiel
aus der Reaktion von Natriumcarbonat mit Gips entstandene
Natriumsulfate. Der bei dieser Reaktion ebenfalls anfallende
Calcit ist sehr schwierig nachweisbar, da er sich kaum von
Calcit aus der Tünche oder dem Putz unterscheiden läßt.
Das hier aufgezeichnete Szenario bleibt natürlich so lange
Spekulation, bis weitere Analysen es entweder bestätigen
oder widerlegen. Sicher ist dagegen bereits jetzt, daß viele,
sehr unterschiedliche Vorgänge zu dem Salzsystem geführt
haben, das wir heute an und in der Wand vorfinden.
Zusammenfassung und Schluß
Lösliche Salze spielten und spielen eine wichtige Rolle bei der
Zerstörung der Wandmalereien der Kirche in Krummhörn-
Eilsum. Zu den autochthonen Mauersalzen wie Sulfaten, Chlo-
riden und Nitraten kamen im Zuge früherer Restaurierungen
noch Alkalicarbonate hinzu, so daß wir es in diesem Bau mit
einem „reichhaltigen” Salzsystem zu tun haben, das sehr
schwierig restauratorisch in den Griff zu bekommen sein wird.
Literatur
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2nd Internat. Symposium on Deterioration of Building Stones, Athens
27. Sept - 1. Oct 1976, S. 27-36.
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on Deterioration and Preservation of Stone Objects, July 7.-9., 1982,
S. 11-28.
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S. 255-267.
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sphériques du soufre sur diverses natures de pierre. In: Proc. Vlth
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Poland, S. 187-196.
R. Snethlage: Steinkonservierung 1979-1983. Bericht für die Stiftung
Volkswagenwerk. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Ar-
beitsheft 22, 1983.
Abbildungsnachweis
Verfasser.
Summary
Soluble salts play an important role in the deterioration of the
mediaeval wall paintings in the church of Krummhörn-Eilsum
(FRG). Ten different kinds of crusts, fluffy or powdery effloresc-
ences can be distinguished. They mainly consist of Mirabilite
(Na2S04 • 10H2O), Thenardite (Na2SO4), Gypsum (CaS04 ■
2H2O), Natron (Na2CO3 • 10H2O) and/or Thermonatrite
(Na2CO3 • H2O). In addition to these mineral phases, Cl"- and
NO3"-ions can very often be found in the salts, by means of
microchemical tests. The salts lead to different phenomena
of deterioration, such as e.g. incorporation of the paint layer
by salt crusts, which tend to separate from the wall, to name
just the one example. Some parts of the salts were transported
into the walls by more or less “natural” processes as e.g.
ground moisture, coastal spray and rain. Other parts of the
salts however must be related to renovation activities such
as the use of water glass and cement containing mortars.

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