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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Rammelsberg — Hannover: Inst. für Denkmalpflege, Heft 9.1992

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Die Denkmale des Bergbaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.51149#0021
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Der Maltermeisterturm ist nicht nur das älteste
erhaltene Gebäude der Tagesanlagen des
Rammeisberges, sondern wahrscheinlich so-
gar das älteste erhaltene Tagesgebäude im ge-
samten deutschen Bergbau11.

Tiefer-Julius-Fortunatus-Stollen
Nachdem die Wasserhaltung technisch weiter-
entwickelt war, konnte im 15. Jahrhundert der
Abbaubetrieb verstärkt wiederaufgenommen
werden. Doch auch die im Jahr 1455 durch
Claus von Gotha eingeführten Heinzenkünste
- das waren endlose, mit gepolsterten Leder-
bällen ausgestattete umlaufende Ketten, die
von Kunsträdern angetrieben wurden, so daß
die Wasser mit sich reißenden Bälle in den höl-
zernen Pumpenrohren gehoben wurden -
waren nur bis zu einer Hubhöhe von etwa
40 m effektiv. Die einzige Lösung konnte wie-
derum nur ein entsprechend tief einkommen-
der Wasserlösungsstollen sein.
Im Jahr 1486 wurde in der Nähe des Breiten
Tores vom Rat der Stadt Goslar mit dem Auf-
fahren des sogenannten Meißner Stollens be-
gonnen, dessen Vortrieb jedoch bald aus Ko-
stengründen wieder eingestellt werden mußte.
Nach weiteren vergeblichen Anläufen nahm
Herzog Julius unmittelbar nach dem Tode sei-
nes Vaters die Arbeit am Meißner Stollen 1568
wieder auf und vollendete das seitdem Tiefer-
Julius-Fortunatus-Stollen genannte Bauwerk
1585. Der ca. 2600 m lange Wasserlösungs-
stollen kam 45 m unter dem Rathstiefsten Stol-
len ein. Der Tiefe-Julius-Fortunatus-Stollen
wurde in mühsamer Schlägel- und Eisenarbeit
mit einer täglichen Vortriebsleistung von etwa
10 bis 15 cm aufgefahren. Dort wo der Fels
nicht standfest war, wurde die Firste des Stol-
lens in alter Gewölbemauertechnik abgefan-
gen. Der Stollen ist noch vollständig erhalten
und diente bis zuletzt der Wasserlösung des
gesamten Erzbergwerkes (Abb. 35, 36). Aus
einem tiefliegenden Mundloch tritt der Stollen
zu Tage aus und führt das Wasser in einer offe-
nen, in Trockenmauer gesetzten Grabentourzu
den Ockersümpfen ab.

Ockersümpfe
Diese durch den Tiefen-Julius-Fortunatus-
Stollen zu Tage ausfließenden Wasser führten
seit jeher große Mengen an Eisen mit sich, das
in den Ockersümpfen als Eisenhydroxid aus-
geschieden und zur Verwendung als Farbpig-
ment gesammelt wurde. Wahrscheinlich
schon kurz nach 1587 ließ der Oberzehntner
Christoph Sander die Sümpfe zum Sammeln
des Ockerschlammes anlegen. Die noch heute
erhaltenen, kurz hinter dem Mundloch des
Tiefen-Julius-Fortunatus-Stollens in der Nähe
des Breiten Tores liegenden Absetzteiche dien-
ten bis zum 19. Jahrhundert der Farbengewin-
nung und seitdem nur noch zum Klären der
Grubenwässer (Abb. 64).

Herzberger Teich
Noch vor Fertigstellung des Tiefen-Julius-For-
tunatus-Stollens wurde im Jahr 1561 als Ge-
meinschaftsleistung von Herzog Heinrich dem
Jüngeren und der Stadt Goslar der Herzberger
Teich angelegt. Nach dem Oberharzer Vorbild
hatte dieser etwa 25.000 cbm Wasser aufneh-
mende Speicherteich die Aufgabe, die Was-
serräder in niederschlagsarmen Zeiten mit Auf-
schlagwasser zu versorgen.
Die Dichtung des Dammes wurde beim Herz-
berger Teich an der teichzugewandten Seite
eingebaut. Es handelt sich also noch um eine
Teichkonstruktion der sogenannten älteren
Bauart. Die sogenannte neuere Bauart, die bei
den Speicherteichen des Oberharzes gegen
Ende des 17. Jahrhunderts einsetzte, sah die
Dichtung jeweils im Dammkern vor. Da die Tei-
che der älteren Bauart mit Grundablaßeinrich-
tungen versehen wurden, bei denen die Ver-
schlußorgane der Teiche, die sogenannten
Striegel, im Teich vor der Dichtung lagen, er-
hielt der HerzbergerTeich eine derartige Ablaß-
einrichtung. Beim Striegel handelte es sich um
einen konisch zulaufenden Holzzapfen, der,
ausgehend vom Striegelhaus, das auf Böcken
im Teich stand, über eine Betätigungsstange
in die Öffnung des hölzernen Striegelgerennes
(Abflußrohres) hineinfaßte. Das Wasser floß
durch dieses einteilige hölzerne Gerenne, das
wasserseitig einen Siebkasten zum Schutz vor
Verschmutzungen hatte.12 Obwohl die heutige

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