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Allgemeine Kunstchronik: ill. Zeitschr. für Kunst, Kunstgewerbe, Musik, Theater u. Litteratur — 15.1891

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Allgemeine Kunst-Chronik. XV. Band Nr. 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.73795#0083
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XV, Bö, Nr. 3

Herausgeb«

WIEN

Drittes Jänierheft

ALLGEMEINE
KUNST-CHRONIK
Mirti Zeitschrift fr Kunst, IIM I< Theater uei lLiteratur.

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Dombaumeister Schmidt.
as Leichenbegängnis, welches am letzten Sonntag die
Bevölkerung und Gemeindevertretung von Wien, die
Künstler- und Handwerkergenossenschaften, Ingenieur-,
Architekten- und Technikervereine, Akademiker, Schüler
und Mitarbeiter dem Dombaumeister Friedrich Frei-
herrn von Schmidt bereiteten, war ein leuchtendes
Zeugnis des Dankes und der Bewunderung, welche wir
Alle dem Hingeschiedenen für die Werke, mit welchen
er die Kaiserstadt geschmückt, und für seine segens-
reiche Thätigkeit als Lehrer und Bürger zollen. Vom
kaiserlichen Stiftungshause, seiner letzten und an-
muthigsten Schöpfung, bewegte sich der fast endlose
Trauerzug nach dem Stephansdom, an welchem er seit
1862 als Dombaumeister, den Thurm, Wiens schönstes
und stolzestes Wahrzeichen, erneuernd und die Ge-
brechen der Kirche selbst heilend, gewirkt hatte. Die
Mitarbeiter, Werkmeister, Gehilfen seines größten
Werkes und die Vertreter der Stadt legten sodann vor
dem Rathhause ihre Kränze auf den Sarg des Meisters,
und in gleicher Weise wurde derselbe neu geschmückt,
als der Zug vor dem Hause des Österreichischen

Ingenieur- und Architektenvereines angelangt war, wo des Meisters belehrende, anregende, zündende
Reden nun nicht mehr vernommen werden sollen. Die Schüler- und Lehrerschaft der Akademie der
bildenden Künstler entboten ihm sodann als ihrem ehemaligen Rektor, als ihrem Lehrer und Ehren-
vorstande am Fuße der Steintreppe der Akademie den letzten Gruß, und die Wiener Künstlergenossen-
schaft wie die Vertreter der Budapester, Lemberger und deutschen Künstlergenossenschaften riefen
ihrem Ehrenmitglied und Freund am Künstlerhause, von welchem, wie von der benachbarten Handels-
akademie die Trauerfahne wallte, den letzten Scheidegruß zu. Und im Namen aller berühmten Körper-
schaften, deren Mitglied er gewesen, im Namen der Schüler des Verblichenen wurde der Dombau-
meister an seinem Grabe nocli als Lehrer, Künstler und Mitbürger von berufenen Stimmführern der
Wiener Baukünstler gefeiert.
 
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