Kaiser Rudolf I. von Habsburg auf der Bühne.
Zum 600. Gedenktage seines Todes, 15. Juli 1291.
Eine theatergeschichtliche Studie von P. v. Radics.
(Nachdruck vorbehalten.)
ie Mannheit, die so
großen Verwir-
rungen ein Ende
gemacht," wie
Goethe in der Er-
innerung an seine
Jugendbetrach-
tungen vor Ru-
dolfs Bildnisse im
großen Kaiser-
saale zu Frankfurt
noch bei der Ab-
fassung seiner
„Wahrheit und Dichtung" begeistert ausruft, diese
„Mannheit" des Gründers der Dynastie Habsburg,
welche überdies dem Dichter das „Historisch-Inter-
essante" jener Kaiserbilder erst mit Rudolf I. be-
ginnend erscheinen ließ, sie war es einerseits, wie
andererseits das Hochtragische im Untergange des
mächtigen Böhmerkönigs Ottokar, was schon früh-
zeitig zur dramatischen Behandlung des Kampfes
der beiden fürstlichen Gegner, beziehungsweise der
von ihnen vertretenen Staatsprinzipien einlud.
Dem deutschen Fürsten Rudolf, der die deutsche
Sprache so hochgehalten, dass er sie zur Geschäfts-
sprache im Reiche an Stelle der lateinischen erhob,
war denn auch das größte Lob seiner vielen und
reichen Tugenden in deutscher Sprache gesungen
worden von dem zeitgenössischen Reimchronisten
Ottokar von Horneck, der ihn also nannte :
einen so getanen man,
der alles das hat unde kan,
daz ein volkomen man haben sol.
Die erste Dramatisirung seiner Person und
Thaten erfuhr aber Rudolf nach dem Geschmacke
der Zeit und noch mehr des Ortes und der Verhält-
nisse, an dem und unter denen jene gegen Ende des
XVI. Jahrhunderts entsprang, in — lateinischer
Sprache. Zu Linz in Oberösterreich war es, wo ein
Dichter mit dem latinisirten Namen Calaminus
(Röhrig), soweit bekannt der Erste, sich die so
sympathische Gestalt Kaiser Rudolf I. in seinem
Kampfe mit dem Böhmenkönige zum Vorwurfe
wählte und ein Drama unter dem Titel Rvdolph-
ottocarvs schrieb, das er als ein österreichisch-
patriotisches, als austriaca comoedia bezeichnete.
Calaminus-Röhrig, ein gebürtiger Schlesier,
1576 Magister in Straßburg, um 1580 nach Linz als
Lehrer an die ständische Schule berufen, kam von
hier aus durch den kaiserlichen Rath und Historio-
graphen Sambucus in Verbindung mit dem kaiser-
lichen Hofe in Wien und edirte sein Rudolfs-Drama
1594 in Straßburg.
Als gewandter lateinischer Dichter bereits
preisgekrönt, erhielt er für die austriaca tragoedia
von Kaiser Rudolf II. dessen Bildnis zum Geschenke,
wofür er persönlich in Wien seinen Dank erstattete.
Doch von dem zur Zeit in der Reichshauptstadt
grassirenden Fleckfieber ergriffen, starb er am
II. December 1595 zu Linz.
In der Vorrede wird als Leitgrund der Ab-
fassung dieses Dramas angegeben der Zweck,
„dass die des Calaminus Führung in der Schule an-
vertrauten Jünglinge durch dieses Schauspiel zum
eindringlicheren Studium der ihnen so nothwendigen
Geschichtswissenschaft angeeifert werden sollen",