XV. Bd. Nr. 6
Herausgeber:
Dr. Wilhelm Lauser.
WIEN.
^— Zweites Märzheft
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ALLGEMEINE
1 KUNST-CHRONIK
Jll^rirle Zeitschrift t Kunst, ^tp^, Musik, Theater and Literatur.
Mozart-Entwürfe.
esterreichs größtemSohne,
Mozart, in Wien, der mu-
sikalischen Hauptstadt
Europas, ein Denkmal
aufzuführen, diese Auf-
gabe musste einen un-
widerstehlichen Anreiz
für die Mehrzahl unserer
Bildhauer haben. So hat
denn auch der zweite zu
diesem Zweck ausgeschriebene Wettbewerb wieder
der Zahl und Beschaffenheit nach gute Ergebnisse
herbeigeführt. Bei Beurtheilung dieser letzteren
muss aber vor Allem an zwei Hauptbedingungen er-
innert werden, welche das Preisgericht den Künst-
lern gestellt hatte. Es war verlangt worden, dass
jeder Künstler neben seinem Entwürfe noch in ver-
größertem Maßstabe Mozart's Gestalt aufstelle,
damit über die unmittelbare Ausführbarkeit der-
selben entschieden werden könne. Ein nicht
minder großes Gewicht war ferner darauf gelegt,
dass das Denkmal unbedingt auf den Albrechts-
platz passe, den einzigen Platz, der nach langem
Suchen zur Verfügung stand und für dessen Eig-
nung seinerzeit der seitdem aus dem Preisgerichte
durch den Tod geschiedene Dombaumeister Schmidt
im großen Mozart-Ausschüsse mit aller Entschieden-
heit eingetreten war.
Das Preisgericht, bestehend aus den Herren
Dumba, Eisenmenger, Felix, Haerdtl, Hasenauer,
Matzenauer, Streit, Tautenhayn, 1 renkwald, hat
nun E. Hellmer mit dem ersten Preise von 3000 fl.,
V. Tilgner mit dem zweiten von 1000 fl., R. Weyr
mit dem dritten von 500 fl., Hans Bitterlich, O. König,
Hans Rathausky und Stephan Schwartz mit „ehren-
voller Anerkennung" ausgezeichnet. Und wenn sein
Urtheil heute in Künstler-, Kunstschriftsteller- und
Laienkreisen einige Anfechtung erfährt, so ge-
schieht dies besonders, weil man glaubt, die vor-
gelegten Arbeiten hätten nicht sowol vom Gesichts-
punkte der für dieselben aufgestellten Bedingungen
als von demjenigen des allgemeinen Geschmackes
oder der Vorliebe für Art und Namen dieses
oder jenes Künstlers ihre Würdigung gefunden.
Von bestrickendem poetischen Reiz ist der
preisgekrönte Entwurf H e'llmer's, und seinen Ur-
heber mag wol ebenso wie der Preis selber das
Lobschreiben gefreut haben, das ein im Wett-
bewerbe gegen ihn unterlegener Genosse voll
selbstloser Begeisterung an ihn richtete. Hellmer's
Werk scheint freilich eher für das Grün eines Park-
wäldchens als den stets menschenerfüllten Albrechts-
platz gedacht; und seine Mozartgestalt würde sich
erheblichen Änderungen unterziehen müssen.
In einem Halbkreise vier korinthischer Säulen,
deren Gebälk mit einer Lyra gekrönt und mit ver-
schiedenem Lorbeergewinde überstreut ist, steht ein
Halbtempel zur Aufnahme Mozart's bestimmt, der
am Spinette sitzt, höheren Eingebungen lauschend,
in der Rechten die Feder haltend, die Linke auf
den von einem weiten Mantel umhüllten Schenkel
stützend. Der Künstler ist offenbar mehr darauf
ausgegangen, die innere Sammlung als die äussere
Erscheinung Mozarts zu charakterisiren. Die
Bildnisähnlichkeit wird denn auch stark an-
gefochten, und nicht gut wirken die weit ausge-
spreizten Beine. Reizend, wie alles Beiwerk, z. B.
die bekränzten Masken an den Säulenfüssen, die
Gewinde zwischen den Säulen und Anderes, sind
die beiden Engelchen, die unten an den fünf zum
Säulenplatze führenden Stufen sitzen und Lorbeer-
kränze und Blumengewinde ausbreiten.
Mit einer weiten Barock-Balustrade fasst
V. Tilgner sein Mozart-Denkmal ein, eine wol-