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Allgemeine Kunst-Chronik.
Literatur-Nachrichten,
Wien. Professor Franz Ritter v. Miklosich, der
hervorragendste Kenner der slavischen Sprachen und
Literaturen in Österreich, ist im Alter von 76 Jahren
gestorben. 1815 zu Radmescak bei Luttenberg geboren,
erhielt derselbe schon im Alter von 22 Jahren die Lehr-
kanzel der Philosophie an der Grazer Universität. Durch
Kopitar's Vermittlung erlangte Miklosich zwei Jahre
darauf eine Anstellung an der Wiener Hofbibliothek und
konnte sich nun ganz seinem Lieblingsstudium, der
Sprachforschung, widmen. 1848 wurde er zum außer-
ordentlichen, 1850 zum ordentlichen Professor der slavi-
schen Sprachen an der Wiener Universität ernannt. Im
Jahre 1848 wurde er aus seiner Heimat in's Parlament
gewählt, legte sein Mandat aber bald zurück. Unter
Schmerling wurde er als Hofrath und Referent für Uni-
versitätsangelegenheiten in's Unterrichtsministerium be-
rufen und bald darauf zum Herrenhausmitgliede ernannt,
als welches er stets treu zur Verfassungspartei gestanden
hat. Sein Ausspruch: „Was uns verbindet, ist, abgesehen
von dem Faktor, dem dieses große Reich sein Dasein
verdankt, die Geschichte und die deutsche Sprache, eine
Sprache, welche Staatssprache sein muss, sie mag durch
ein Gesetz dazu ernannt werden oder nicht" — das war
im Februar 1882 — wurde ihm von den Slovenen lange
nachgetragen. Er war der bedeutendste, vielleicht der
einzige bedeutende Gelehrte, den die „slovenische Nation"
je hervorgebracht hat. Im Jahre 1886 erschien sein Haupt-
werk, das etymologische Wörterbuch der slavischen
Sprachen. Im Jahre 1885 war Miklosich als Siebzigjähriger
vom Lehramte zurückgetreten.
— Die alte Reichsstadt Heilbronn, die Heimat
Ludwig Pfa u's, gedenkt getreulich des 25. August 1891,
des Tages, an dem der schwäbische Dichter und Denker
sein 70. Lebensjahr vollenden wird. Die dortigen Freunde
erinnern sich zugleich wehmüthig des Loses, das dem
Siebzigjährigen das Licht des einen Auges raubte und
ihn dem Berufe des Schriftstellers vollständig zu ent-
ziehen droht, dem er auch im Alter weder entsagen will,
noch entsagen kann. Reich und vielfältig wie bei
Wenigen ist der Kreis seines geistigen Wirkens: ein
Dichter, in dessen Liedern die ganze Tiefe schwäbischen
Gemüths, der ganze Wollaut der Muttersprache und der
ganze Männerstolz seiner Jugendjahre wiederklingt; ein
Denker, der in dem Werke seiner „Freien Studien" alle
Höhen und Tiefen des menschlichen Gedankens mit
seltener Klarheit erfasst und die Folgerungen daraus
für Staat und Gesellschaft mit unerschrockener Schärfe
gezogen; ein Kenner der Kunst, der alle Wechsel-
beziehungen ihres geistigen Gehalts und ihrer stofflichen
Mittel erkannt und gewürdigt, der durch sein Wort
klärend und befruchtend auf die Jünger der Kunst ein-
gewirkt und als der Ersten einer dem Kunstgewerbe
seine schönen und reichen Bahnen gewiesen; ein Mann
der Kritik, der wolmeinend, aber unbestechlich jede
geistige Schöpfung an dem Maßstab wirklichen Wertes
mit sicherer Kenntnis zu messen weiß; ein Meister des
Stils, der die Bildsamkeit und Kraft der deutschen
Sprache zu vollster Entfaltung bringt; ein Politiker und
Bürger endlich, der sein ganzes Leben unwandelbar in
den Dienst jener freien Gesinnung gestellt, welche ihm
seine Vaterlandsliebe eingegeben hat — ein solcher
Mann, den die kommenden Zeiten als einen der Besten
erkennen werden, soll eines Zeichens dankbarer An-
erkennung schon heute nicht entbehren. In dem gemein-
samen Gefühle der Verehrung haben die Heilbronner
Freunde Ludwig Pfau's in glücklicher Weise den Ge-
danken angeregt, dem verdienten Manne zum 70. Ge-
burtstage eine Freundesgabe zu überreichen, welche ihn
emporhebt über die Sorgen des Greisenalters. Zur Em-
pfangnahme von Beiträgen erklärt sich die Schriftleitung
der „Allgemeinen Kunst-Chronik" bereit, indem sie zu-
gleich erinnert, dass Ludwig Pfau auch Ehrenmitglied
der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens ist.
Bücher und Zeitschriften,
„Die österreichisch-ungarische Monarchie in
Wort und Bild." Lieferung 126, erstes Heft des vom
Küstenlande und von Dalmatien handelnden IX. Bandes,
reich illustrirt von Alfred Zoff, Hugo Charlemont und
Eduard von Lichtenfels. Ferner Lieferung 127
(20. Heft des II. Bandes von Ungarn) mit Illustrationen
von Ignaz Roskovics, Karl Csern a, Theodor Dörre
und Anton Szirmai.
„Archiv für Brakteatenkunde." Herausgegeben
von Rudolf v. Höfken. II. Bd., H. 2 und 3.
„Das Kupferstichwerk des Wilhelm Hondius."
Mit alphabetischem und chronologischem Register sowie
mit Reproduktionen nach des Künstlers besten Stichen.
Herausgegeben von J. C. Block. (Danzig, A. W.
Kafemann.)
„Jermias Falck," sein Leben und seine Werke,
mit vollständigem alphabetischen und chronologischen
Register sämmtlicher Blätter sowie Reproduktionen nach
des Künstlers besten Stichen. Herausgegeben von J. C.
Block. (Danzig, A. W. Kafemann.)
„Dathaus Zweifel." Ein alttestamentliches Trauer-
spiel in fünf Aufzügen von Georg Ruseler. (Varel
a. d. Jade. J. W. Acquistapace, 189Q
„Die Bibel nach Luther's Übersetzung, mit
Bildern der Meister christlicher Kunst." Heraus-
gegeben von Dr. R. Pfleiderer-Ulm, Verlag des
Süddeutschen Verlags-Institutes in Stuttgart. Lieferung
31—35.
„Der Bundessehwur." Lustspiel von Richard
Hugo. (Zürich, Orell Füssli & Co.)
„Außerhalb der Gesellschaft." Schauspiel von
Arthur Zapp. (Berlin, Richard Eckstein's Nachfolger.)
„Theodor Fontane's gesammelte Romane und
Erzählungen." (Berlin, Deutsches Verlagshaus.) Die
L:eferungen 18—26 enthalten: „Cecile", „Grete
Minde" und „Vor dem Sturm".
„Aus fremden Zungen." (Stuttgart, Deutsche
Verlagsanstalt.) Das dritte Heft der von Josef Kürschner
herausgegebenen Zeitschrift bringt außer der Fortsetzung
der Romane von Zola, Ouida und Tolstoj einen be-
merkenswerten Aufsatz „Deutsche Kultur in englischer
Beleuchtung" von S. Whitman.
„Die Hausindustrie auf der land- und forst-
wirthschaftlichen Ausstellung." Von Heinrich Graf
von Attems. Ist als Separatabdruclc aus „Das Goldene
Buch der Land- und Forstwirthschaft in Österreich-
Ungarn" erschienen.
„Münchener Flugschriften." Herausgegeben von
Dr. M. G. Conrad. (Gesellschaft für modernes Leben.)
I. „Die Moderne", Vortrag des Herausgebers. II. „Deutsche
Lyrili von heute", Vortrag von 0. J. Bierbaum, mit einem
Anhang: Über die von der Gesellschaft geplanten
Sonderausstellungen von Werken der bildenden Kunst.
Die „Bayerische Gewerbezeitung", redigirt von
Dr.J. Stockbauer (bayerisches Gewerbemuseum), bringt
in der letzten Nummer einen beachtenswerten reich-
illustrirten Artikel: „Die k. B. Hofglasmalerei F. X.
Zettler in München."
Allgemeine Kunst-Chronik.
Literatur-Nachrichten,
Wien. Professor Franz Ritter v. Miklosich, der
hervorragendste Kenner der slavischen Sprachen und
Literaturen in Österreich, ist im Alter von 76 Jahren
gestorben. 1815 zu Radmescak bei Luttenberg geboren,
erhielt derselbe schon im Alter von 22 Jahren die Lehr-
kanzel der Philosophie an der Grazer Universität. Durch
Kopitar's Vermittlung erlangte Miklosich zwei Jahre
darauf eine Anstellung an der Wiener Hofbibliothek und
konnte sich nun ganz seinem Lieblingsstudium, der
Sprachforschung, widmen. 1848 wurde er zum außer-
ordentlichen, 1850 zum ordentlichen Professor der slavi-
schen Sprachen an der Wiener Universität ernannt. Im
Jahre 1848 wurde er aus seiner Heimat in's Parlament
gewählt, legte sein Mandat aber bald zurück. Unter
Schmerling wurde er als Hofrath und Referent für Uni-
versitätsangelegenheiten in's Unterrichtsministerium be-
rufen und bald darauf zum Herrenhausmitgliede ernannt,
als welches er stets treu zur Verfassungspartei gestanden
hat. Sein Ausspruch: „Was uns verbindet, ist, abgesehen
von dem Faktor, dem dieses große Reich sein Dasein
verdankt, die Geschichte und die deutsche Sprache, eine
Sprache, welche Staatssprache sein muss, sie mag durch
ein Gesetz dazu ernannt werden oder nicht" — das war
im Februar 1882 — wurde ihm von den Slovenen lange
nachgetragen. Er war der bedeutendste, vielleicht der
einzige bedeutende Gelehrte, den die „slovenische Nation"
je hervorgebracht hat. Im Jahre 1886 erschien sein Haupt-
werk, das etymologische Wörterbuch der slavischen
Sprachen. Im Jahre 1885 war Miklosich als Siebzigjähriger
vom Lehramte zurückgetreten.
— Die alte Reichsstadt Heilbronn, die Heimat
Ludwig Pfa u's, gedenkt getreulich des 25. August 1891,
des Tages, an dem der schwäbische Dichter und Denker
sein 70. Lebensjahr vollenden wird. Die dortigen Freunde
erinnern sich zugleich wehmüthig des Loses, das dem
Siebzigjährigen das Licht des einen Auges raubte und
ihn dem Berufe des Schriftstellers vollständig zu ent-
ziehen droht, dem er auch im Alter weder entsagen will,
noch entsagen kann. Reich und vielfältig wie bei
Wenigen ist der Kreis seines geistigen Wirkens: ein
Dichter, in dessen Liedern die ganze Tiefe schwäbischen
Gemüths, der ganze Wollaut der Muttersprache und der
ganze Männerstolz seiner Jugendjahre wiederklingt; ein
Denker, der in dem Werke seiner „Freien Studien" alle
Höhen und Tiefen des menschlichen Gedankens mit
seltener Klarheit erfasst und die Folgerungen daraus
für Staat und Gesellschaft mit unerschrockener Schärfe
gezogen; ein Kenner der Kunst, der alle Wechsel-
beziehungen ihres geistigen Gehalts und ihrer stofflichen
Mittel erkannt und gewürdigt, der durch sein Wort
klärend und befruchtend auf die Jünger der Kunst ein-
gewirkt und als der Ersten einer dem Kunstgewerbe
seine schönen und reichen Bahnen gewiesen; ein Mann
der Kritik, der wolmeinend, aber unbestechlich jede
geistige Schöpfung an dem Maßstab wirklichen Wertes
mit sicherer Kenntnis zu messen weiß; ein Meister des
Stils, der die Bildsamkeit und Kraft der deutschen
Sprache zu vollster Entfaltung bringt; ein Politiker und
Bürger endlich, der sein ganzes Leben unwandelbar in
den Dienst jener freien Gesinnung gestellt, welche ihm
seine Vaterlandsliebe eingegeben hat — ein solcher
Mann, den die kommenden Zeiten als einen der Besten
erkennen werden, soll eines Zeichens dankbarer An-
erkennung schon heute nicht entbehren. In dem gemein-
samen Gefühle der Verehrung haben die Heilbronner
Freunde Ludwig Pfau's in glücklicher Weise den Ge-
danken angeregt, dem verdienten Manne zum 70. Ge-
burtstage eine Freundesgabe zu überreichen, welche ihn
emporhebt über die Sorgen des Greisenalters. Zur Em-
pfangnahme von Beiträgen erklärt sich die Schriftleitung
der „Allgemeinen Kunst-Chronik" bereit, indem sie zu-
gleich erinnert, dass Ludwig Pfau auch Ehrenmitglied
der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens ist.
Bücher und Zeitschriften,
„Die österreichisch-ungarische Monarchie in
Wort und Bild." Lieferung 126, erstes Heft des vom
Küstenlande und von Dalmatien handelnden IX. Bandes,
reich illustrirt von Alfred Zoff, Hugo Charlemont und
Eduard von Lichtenfels. Ferner Lieferung 127
(20. Heft des II. Bandes von Ungarn) mit Illustrationen
von Ignaz Roskovics, Karl Csern a, Theodor Dörre
und Anton Szirmai.
„Archiv für Brakteatenkunde." Herausgegeben
von Rudolf v. Höfken. II. Bd., H. 2 und 3.
„Das Kupferstichwerk des Wilhelm Hondius."
Mit alphabetischem und chronologischem Register sowie
mit Reproduktionen nach des Künstlers besten Stichen.
Herausgegeben von J. C. Block. (Danzig, A. W.
Kafemann.)
„Jermias Falck," sein Leben und seine Werke,
mit vollständigem alphabetischen und chronologischen
Register sämmtlicher Blätter sowie Reproduktionen nach
des Künstlers besten Stichen. Herausgegeben von J. C.
Block. (Danzig, A. W. Kafemann.)
„Dathaus Zweifel." Ein alttestamentliches Trauer-
spiel in fünf Aufzügen von Georg Ruseler. (Varel
a. d. Jade. J. W. Acquistapace, 189Q
„Die Bibel nach Luther's Übersetzung, mit
Bildern der Meister christlicher Kunst." Heraus-
gegeben von Dr. R. Pfleiderer-Ulm, Verlag des
Süddeutschen Verlags-Institutes in Stuttgart. Lieferung
31—35.
„Der Bundessehwur." Lustspiel von Richard
Hugo. (Zürich, Orell Füssli & Co.)
„Außerhalb der Gesellschaft." Schauspiel von
Arthur Zapp. (Berlin, Richard Eckstein's Nachfolger.)
„Theodor Fontane's gesammelte Romane und
Erzählungen." (Berlin, Deutsches Verlagshaus.) Die
L:eferungen 18—26 enthalten: „Cecile", „Grete
Minde" und „Vor dem Sturm".
„Aus fremden Zungen." (Stuttgart, Deutsche
Verlagsanstalt.) Das dritte Heft der von Josef Kürschner
herausgegebenen Zeitschrift bringt außer der Fortsetzung
der Romane von Zola, Ouida und Tolstoj einen be-
merkenswerten Aufsatz „Deutsche Kultur in englischer
Beleuchtung" von S. Whitman.
„Die Hausindustrie auf der land- und forst-
wirthschaftlichen Ausstellung." Von Heinrich Graf
von Attems. Ist als Separatabdruclc aus „Das Goldene
Buch der Land- und Forstwirthschaft in Österreich-
Ungarn" erschienen.
„Münchener Flugschriften." Herausgegeben von
Dr. M. G. Conrad. (Gesellschaft für modernes Leben.)
I. „Die Moderne", Vortrag des Herausgebers. II. „Deutsche
Lyrili von heute", Vortrag von 0. J. Bierbaum, mit einem
Anhang: Über die von der Gesellschaft geplanten
Sonderausstellungen von Werken der bildenden Kunst.
Die „Bayerische Gewerbezeitung", redigirt von
Dr.J. Stockbauer (bayerisches Gewerbemuseum), bringt
in der letzten Nummer einen beachtenswerten reich-
illustrirten Artikel: „Die k. B. Hofglasmalerei F. X.
Zettler in München."