Allgemeine Kunst-Chronik.
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Ortschaft, Namens Castri, zu gut erkannt hatten oder
sich zu einer Übersiedelung nicht entschließen konnten.
Seit nun Deutschland mit allerdings viel erheblicheren
Kosten O'ynpia ausgegraben hat, haben die Franzosen
eine Art Ehrensache darin gesehen, ihre Hand auf
Delphi zu legen. Der neugeschlossene Vertrag unter-
scheidet sich von dem, welchen damals Deutschland
einging, namentlich hinsichtlich der Bestimmung des
Ausgrabungsgebiets, für welches, wie man sieht, den.
Franzosen nicht so freie Hand gelassen ist. Man will sie,
aus berechtigten wissenschaftlichen Gründen, zwingen,
systematisch vorzugehen und das antike Gebiet über-
haupt freizulegen, anstatt nur, wie sie es in Delos
gemacht, bald hier, bald dort nach interessanten Einzel-
funden, wie Inschriften und Skulpturen, zu suchen. Die
E nsicht des jetzigen Direktors Homolle würde diesen
Fehler wahrscheinlich ohnehin vermieden haben, aber nach
den gemachten Erfahrungen kann man der griechischen Mu-
seumsverwaltung und ihren Rathgebern die jetzige Vor-
sicht nicht verdenken. Mit dem Abbruch der Häuser
wird nächstens begonnen werden.
Zu unseren Bildern.
Seit Eugen v. Biaas' „Ninetta" viel besprochen
wie in Nachbildungen gesehen wurde und der Künstler
alljährlich wieder mit neuen Auflagen derselben unter
anderen Namen hervortritt, dürfte es sich empfehlen,
daran zu erinnern — vor Allem den Künstler selbst, —
dass er vor „Ninetta" Besseres geschaffen. In diesem
Sinne bringt das heutige Heft eines seiner besten Bilder
aus der Vor-Ninetta-Periode: „Eine zu viel."
Wir bringen in diesem Hefte die Wiedergabe des
gelungenen Reliefbildnisses von Otto Hausner, dem
am 27. Februar v. J. verstorbenen bekannten Politiker
und Schriftsteller. Dasselbe, ist im Auftrage der Familie
für das Grabdenkmal des Verblichenen in Lemberg —
ein zweites Exemplar ist im Besitze des Sohnes, des
Ministerialsecretärs Witold Hausner — von dem Bild-
hauer Leon Mieczysfaw Zawiejski ausgeführt. Dieser
junge Künstler, ein Schüler der Wiener Akademie, hat
bereits durch mehrere gelungene, theils in Marmor, theils
in anderem Materiale gearbeitete Porträts sowol in seiner
engeren Heimat als auch im Auslande die Aufmerk-
samkeit auf sich gelenkt. Zawiejski, der sein prächtig in mau-
rischem Style gehaltenes Atelier in Florenz aufgeschlagen,
macht stets große.Studienreisen; auf seiner letzten in
Aegypten traf er mit Sienkiewicz zusammen, welcher sich
dort zur Herausgabe eines großen Werkes über Aegypten
vorbereitet. Von anderen Arbeiten Zawiejski's sind uns
noch das im letzten Pariser Salon beifällig aufgenommene
„Danse du ventre" und die oft reproduzirte Phantasie-
Büste „Carmen" bekannt.
Wir haben schon mehrfach auf die fast uner-
schöpfliche Quelle des Genusses und der B elehrung auf-
merksam gemacht, welche uns mit der Ausstellung
orientalischer Teppiche im k. k. österr.
Handelrmuseum geboten ist. Nicht bloß der eigentliche
•Kenner und ernstere Kunstfreund, sondern jeder findet
.hier Anregung und Befriedigung, der sich Rechenschalt
über Herkunft und charakteristische Eigenthümlichkeit
der Hauptzierat geben will, die man nachgerade in
jedem Bürgerhaus antrifft. Wer die Ausstellung mit dem
Katalog in der Hand durchwandert, welcher uns in
anziehendster, übersichtlichster Weise auf dem Gebiete
der Teppiche orientirt, der kann namentlich mit Hilfe
der trefflichen Holzschnitte binnen wenigen Stunden
sich die Kenntnis erwerben, deren Mangel ihm oft
schon Verdruss bereitet haben mochte. Aus dem großen
Vorrathe dieser Holzschnitte legen wir heute denjen igen
des prächtigen a1tsyrischenTeppichs vor, der
sich im Besitze des k. k. österr. Handelsmuseums be-
findet. Namentlich für das Stu lium der „antiken"
Teppiche — antik heißt hier, was ein Alter von mehr
als hundert Jahren aufweist — bietet ja diese Ausstellung
überhaupt außerordentlich erwünschte Gelegenheit. Der
Khorassan-Teppich (von L. & N. Zacchiri) ist
besonders bemerkenswert durch seine eigenthümliche
Knüpfungsart und die für seine Gattung typische Bor-
düre. Der Karadagh-Teppich (von Jakob Adutt)
zeigt uns innen ein rautenförmiges Mittelstück und
vier dreieckige Eckstücke mit Herati-Mirter auf b'a 1-
schwarzem Grunde; der übrige Raum mit hakenberän-
derten Rauten in sechseckigen Netzmaschen auf creme-
farbigem Grunde. Auf dem BokharischenTeppich
(von Jakob Adutt) sehen wir innen versetzte Reihen
von Sechsecken und Rauten, gefüllt mit sehr charakteri-
stischen in's Kreuz gestellten großen Blüthenmotiven, die
Rauten vorwiegend mit konzentrisch in einander gesetz-
ten Rautenbändern; bunt, vorwiegend indischroth.
Zu unserer Besprechung über das Buch von Rosegger
„Persönliche Erinnerungen an Robert Hamer-
ling" geben wir das dem Buche entnommene Bildnis
Hamerling's hier wieder, welches den Dichter in seinen
letzten Lebensjahren zeigt.
Die Kunstbeilage bildet die Heliogravüre
„Bauernmädchen" von K. Bodasch.
Ausstellungen.
Berlin, 29. Mai. Die österreichische Aus-
stellung ist nunmehr auch fertig geworden, und dank
der Mühe und dem' Geschmacke der Wiener, Franz Roth,
Felix, Friedländer u. A. stellt sich dieselbe aufs günstigste
dar in ihrem abgeschlossenen, vornehmen Charakter. Eine
zahlreiche Gesellschaft Wiener Freunde, wie k. Rath
Walz, Joh. Benk, Merode, Bernatzik, Fr. Wisinger-Florian,
haben noch in letzter Stunde Pathendienste bei der Spät-
geburt der Ausstellung geleistet. Mit großer Spannung
Wartet man in diesem Kreise auf die Entscheidung über
die Ehrenauszeichnungen. Zwanzig große Goldmünzen
sind im Ganzen für die Künstlerschaft aus aller Herren
Ländern ausgesetzt. Das ist recht wenig, und man weiß
ja, welche diplomatischen Künste bei solchen Gelegen-
heiten aufgeboten werden, um nicht allzuviel Segen auf
ein einzelnes Land fallen und um nicht ein anderes ganz
leer ausgehen zu lassen. Das Schicksal der Ehrenauszeich-
nungen ist hier aber umsomehr unbestimmt, als der Kaiser
sich gar nicht an das Urtheil der Preisrichter zu halten
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Ortschaft, Namens Castri, zu gut erkannt hatten oder
sich zu einer Übersiedelung nicht entschließen konnten.
Seit nun Deutschland mit allerdings viel erheblicheren
Kosten O'ynpia ausgegraben hat, haben die Franzosen
eine Art Ehrensache darin gesehen, ihre Hand auf
Delphi zu legen. Der neugeschlossene Vertrag unter-
scheidet sich von dem, welchen damals Deutschland
einging, namentlich hinsichtlich der Bestimmung des
Ausgrabungsgebiets, für welches, wie man sieht, den.
Franzosen nicht so freie Hand gelassen ist. Man will sie,
aus berechtigten wissenschaftlichen Gründen, zwingen,
systematisch vorzugehen und das antike Gebiet über-
haupt freizulegen, anstatt nur, wie sie es in Delos
gemacht, bald hier, bald dort nach interessanten Einzel-
funden, wie Inschriften und Skulpturen, zu suchen. Die
E nsicht des jetzigen Direktors Homolle würde diesen
Fehler wahrscheinlich ohnehin vermieden haben, aber nach
den gemachten Erfahrungen kann man der griechischen Mu-
seumsverwaltung und ihren Rathgebern die jetzige Vor-
sicht nicht verdenken. Mit dem Abbruch der Häuser
wird nächstens begonnen werden.
Zu unseren Bildern.
Seit Eugen v. Biaas' „Ninetta" viel besprochen
wie in Nachbildungen gesehen wurde und der Künstler
alljährlich wieder mit neuen Auflagen derselben unter
anderen Namen hervortritt, dürfte es sich empfehlen,
daran zu erinnern — vor Allem den Künstler selbst, —
dass er vor „Ninetta" Besseres geschaffen. In diesem
Sinne bringt das heutige Heft eines seiner besten Bilder
aus der Vor-Ninetta-Periode: „Eine zu viel."
Wir bringen in diesem Hefte die Wiedergabe des
gelungenen Reliefbildnisses von Otto Hausner, dem
am 27. Februar v. J. verstorbenen bekannten Politiker
und Schriftsteller. Dasselbe, ist im Auftrage der Familie
für das Grabdenkmal des Verblichenen in Lemberg —
ein zweites Exemplar ist im Besitze des Sohnes, des
Ministerialsecretärs Witold Hausner — von dem Bild-
hauer Leon Mieczysfaw Zawiejski ausgeführt. Dieser
junge Künstler, ein Schüler der Wiener Akademie, hat
bereits durch mehrere gelungene, theils in Marmor, theils
in anderem Materiale gearbeitete Porträts sowol in seiner
engeren Heimat als auch im Auslande die Aufmerk-
samkeit auf sich gelenkt. Zawiejski, der sein prächtig in mau-
rischem Style gehaltenes Atelier in Florenz aufgeschlagen,
macht stets große.Studienreisen; auf seiner letzten in
Aegypten traf er mit Sienkiewicz zusammen, welcher sich
dort zur Herausgabe eines großen Werkes über Aegypten
vorbereitet. Von anderen Arbeiten Zawiejski's sind uns
noch das im letzten Pariser Salon beifällig aufgenommene
„Danse du ventre" und die oft reproduzirte Phantasie-
Büste „Carmen" bekannt.
Wir haben schon mehrfach auf die fast uner-
schöpfliche Quelle des Genusses und der B elehrung auf-
merksam gemacht, welche uns mit der Ausstellung
orientalischer Teppiche im k. k. österr.
Handelrmuseum geboten ist. Nicht bloß der eigentliche
•Kenner und ernstere Kunstfreund, sondern jeder findet
.hier Anregung und Befriedigung, der sich Rechenschalt
über Herkunft und charakteristische Eigenthümlichkeit
der Hauptzierat geben will, die man nachgerade in
jedem Bürgerhaus antrifft. Wer die Ausstellung mit dem
Katalog in der Hand durchwandert, welcher uns in
anziehendster, übersichtlichster Weise auf dem Gebiete
der Teppiche orientirt, der kann namentlich mit Hilfe
der trefflichen Holzschnitte binnen wenigen Stunden
sich die Kenntnis erwerben, deren Mangel ihm oft
schon Verdruss bereitet haben mochte. Aus dem großen
Vorrathe dieser Holzschnitte legen wir heute denjen igen
des prächtigen a1tsyrischenTeppichs vor, der
sich im Besitze des k. k. österr. Handelsmuseums be-
findet. Namentlich für das Stu lium der „antiken"
Teppiche — antik heißt hier, was ein Alter von mehr
als hundert Jahren aufweist — bietet ja diese Ausstellung
überhaupt außerordentlich erwünschte Gelegenheit. Der
Khorassan-Teppich (von L. & N. Zacchiri) ist
besonders bemerkenswert durch seine eigenthümliche
Knüpfungsart und die für seine Gattung typische Bor-
düre. Der Karadagh-Teppich (von Jakob Adutt)
zeigt uns innen ein rautenförmiges Mittelstück und
vier dreieckige Eckstücke mit Herati-Mirter auf b'a 1-
schwarzem Grunde; der übrige Raum mit hakenberän-
derten Rauten in sechseckigen Netzmaschen auf creme-
farbigem Grunde. Auf dem BokharischenTeppich
(von Jakob Adutt) sehen wir innen versetzte Reihen
von Sechsecken und Rauten, gefüllt mit sehr charakteri-
stischen in's Kreuz gestellten großen Blüthenmotiven, die
Rauten vorwiegend mit konzentrisch in einander gesetz-
ten Rautenbändern; bunt, vorwiegend indischroth.
Zu unserer Besprechung über das Buch von Rosegger
„Persönliche Erinnerungen an Robert Hamer-
ling" geben wir das dem Buche entnommene Bildnis
Hamerling's hier wieder, welches den Dichter in seinen
letzten Lebensjahren zeigt.
Die Kunstbeilage bildet die Heliogravüre
„Bauernmädchen" von K. Bodasch.
Ausstellungen.
Berlin, 29. Mai. Die österreichische Aus-
stellung ist nunmehr auch fertig geworden, und dank
der Mühe und dem' Geschmacke der Wiener, Franz Roth,
Felix, Friedländer u. A. stellt sich dieselbe aufs günstigste
dar in ihrem abgeschlossenen, vornehmen Charakter. Eine
zahlreiche Gesellschaft Wiener Freunde, wie k. Rath
Walz, Joh. Benk, Merode, Bernatzik, Fr. Wisinger-Florian,
haben noch in letzter Stunde Pathendienste bei der Spät-
geburt der Ausstellung geleistet. Mit großer Spannung
Wartet man in diesem Kreise auf die Entscheidung über
die Ehrenauszeichnungen. Zwanzig große Goldmünzen
sind im Ganzen für die Künstlerschaft aus aller Herren
Ländern ausgesetzt. Das ist recht wenig, und man weiß
ja, welche diplomatischen Künste bei solchen Gelegen-
heiten aufgeboten werden, um nicht allzuviel Segen auf
ein einzelnes Land fallen und um nicht ein anderes ganz
leer ausgehen zu lassen. Das Schicksal der Ehrenauszeich-
nungen ist hier aber umsomehr unbestimmt, als der Kaiser
sich gar nicht an das Urtheil der Preisrichter zu halten