Allgemeine Kunst-Chronik. 701
kraft seine Stoffe auszustatten weiß. Auch Arnz,
v. B ernuth, A. Schweitzer und C. Schultze
waren in den verschiedenen Ausstellungen mit be-
merkenswerten Werken vertreten. T,
Konzerte.
Die Ehrung Mozart's stand auch in den letzten
Tagen auf der Tagesordnung. Allen voran beeilte
sich die Gesellschaft der Musikfreunde, den Manen
des „unstreitig größten aller Tonsetzer", wie ihn
Grillparzer geheißen, ein würdiges musikalisches
Opfer darzubringen. Im ersten Konzert wurden
zwei der wirkungsvollsten, wenn auch an Umfang
grundverschiedenen Schöpfungen des milden Meisters
aufgeführt. Das herrliche Ave verum durchflutete mit
seinen selig verklärten Klängen den Saal; daran
reihte sich nach einer schwungvollen und gedanken-
tiefen Ansprache des Herrn Krastel das Requiem,
jener Schwanengesang, den sein Verfasser — für
sich selbst geschrieben. Unwillkürlich musste man
daran denken, wie der todkranke Mozart an seinem
letzten Nachmittag ein paar Freunde bei sich ver-
sammelte, um mit ihnen sein neues Werk durchzu-
singen, aber beim wunderschönen Lacr,mosa ange-
langt, von Rührung überwältigt, die Partitur
weglegt, während Thränen seine Stimme ersticken.
Wenige Stunden später war seine Seele aus dem
siechen Körper entflohen und Süßmayer die Auf-
gabe zugefallen, nach den Anordnungen des Ver-
blichenen das noch Fehlende zu ergänzen. Das
großartige Werk ward unter Gericke's Leitung
sorgfältig aufgeführt. Unter den Solisten heben
wir insbesondere Frau Ehrenstein und den unver-
gleichlichen Herrn Walter hervor. Beide fanden,
gleich Frau Körner und Herrn Grengg, für ihre
gediegene Leistung allgemeine Anerkennung.
Bei weitem weniger glücklich war das Pro-
gramm des zweiten Konzertes zusammengesetzt.
Neben vollwichtigen Früchten des Mozart'schen
Genius begegnete man auch minderwertigen Ton-
sätzen, deren innere Bedeutung zu dem feierlichen
Anlass in keinerlei Beziehung stand. Lebhaft sprach
die von Herrn Richter schwunghaft dirigirte
Ouvertüre zur „Zauberflöte" an, ferner das von
Herrn Guido Peters zart und fein gespielte D-moll-
Konzert sowie eine von Herrn Gustav Walter
köstlich gesungene Arie aus „Cosi fan tutte". Doch
damit ist die Liste des Guten nnd Vortrefflichen
auch bereits erschöpft. Was sonst noch gebracht
ward, hätte füglich unterbleiben können. Wir meinen
da in erster Linie die konzertante Symphonie für
Violine und Viola, ein an wolfeilen Wolklängen
reiches, verstaubtes Stück, das liedertafelartige
Abendlied, das übrigens gar nicht von Mozart her-
rührt, und die Symphonie (in Ouverturenform) in
G-dur, eine hübsche, muntere, ziemlich anspruchs-
lose Arbeit, deren Ersetzung durch ein gewichti-
geres und inhaltsreicheres Produkt derselben
Gattung ganz am Platze gewesen wäre.
Von kleineren Konzerten ist zunächst das der
blutjungen, aber nichtsdestoweniger schon rühm-
lich bekannten Violonistin Fräulein Mathilde
Neuffer zu erwähnen, welche im Bösendorfer-Saale
vor einem zahlreichen Publikum neue Proben ihres
tüchtigen Talentes ablegte. Schon der geschmack-
volle Vortrag der Kreutzer-Sonate von Beethoven
nahm die Zuhörer für sie ein. Noch größeren Ein-
druck übte ihre technisch sichere und dabei durch-
geistigte Wiedergabe des Rubinstein'schen Violin-
konzerts, in dessen Außensätzen ihre Fertigkeit
glänzte, während sie in dem innig betonten Andante
herzbestrickende Töne ihrer Geige entlockte. Es
klang das wie ein ergreifender Monolog eines
schönen Schauspiels. Solche lyrische Ergüsse bilden
den Triumph des Solospielers, der da in feiner
Schattirung den angebornen Adel seiner Künstler-
schaft zeigt und in ausdrucksreicher Nuancirung
das Feld für eine volle Entfaltung seines indivi-
duellen Empfindens findet. Recht gelungen war
auch der Vortrag eines polnischen Nationaltanzes
von Scharwenka, der, frischzügig gespielt, be-
deutende äußere Wirkung erzielte. Die Zwischen-
pausen füllte ein jugendlicher Sänger, Herr Viktor
Krawani aus, der anfangs des Lampenfiebers
halber recht zaghaft sang, bald aber mehr Muth ge-
wann, die Schüchternheit abstreifte, seine schönen,
echt baritonalen Stimmmittel nun ungescheut her-
vorkehrte und damit Kleinigkeiten von Kremser,
Meyer-Helmund und namentlich einem Liedchen
des Löwen des Tages — Pietro Mascagni's „Ent-
sagung" zum Siege verhalf.
Auch die Singakademie hatte sicli mit ihrem
ersten Konzert eingestellt. Das Programm bot ein
buntes Vielerlei. Alte a cafeeHa-Chöre, moderne
Chornummern, Violinstücke, Sologesänge und kleine
Kantaten erklangen da nacheinander. Es war also
bestens dafür gesorgt, dass jeder das ihm Passende
finde. Die Aufführung der Chöre unter der Leitung
Max v. Weinzierl's war trefflich. Nach einem klang-
vollen Chor von Arrey v. Dommer erfreute eine
frisch gestimmte Gagliarda von dem altdeutschen
Tonsetzer Hans Leo Hasler, desgleichen ein
hübscher Volkschor von Daniel Friederici mit
eigenthümlicher Schlusswendung. Eine Neuheit ward
in den Weihnachtsliedern von Peter Cornelius
aufgetischt. Ab und zu tauchen anmuthige Stellen
auf, leider aber ist die Komposition in jener un-
glücklichen modischen Manier verfasst, die den
Textworten ängstlich nachhinkt, ihnen sklavisch
nachlallt und übergenügsam dabei auf selbständige
musikalische Schönheit Verzicht leistet. Herr August
Duesberg entzückte durch ausdrucksreichen und
fein detaillirten Vortrag von Tonsätzen Bach's,
Beethoven's und namentlich der Meistersinger-
Paraphrase. Fräulein Friederike Mayer wusste
einige Lieder, worunter das „Vergiss mein nicht"
von Mozart, „An Sylvia" von Schubert, reizvoll
zur Geltung zu bringen. Eine Hymne von Felix
Mendelssohn beschloss würdig den genussreichen
Abend. Dr. Max Diet^.
kraft seine Stoffe auszustatten weiß. Auch Arnz,
v. B ernuth, A. Schweitzer und C. Schultze
waren in den verschiedenen Ausstellungen mit be-
merkenswerten Werken vertreten. T,
Konzerte.
Die Ehrung Mozart's stand auch in den letzten
Tagen auf der Tagesordnung. Allen voran beeilte
sich die Gesellschaft der Musikfreunde, den Manen
des „unstreitig größten aller Tonsetzer", wie ihn
Grillparzer geheißen, ein würdiges musikalisches
Opfer darzubringen. Im ersten Konzert wurden
zwei der wirkungsvollsten, wenn auch an Umfang
grundverschiedenen Schöpfungen des milden Meisters
aufgeführt. Das herrliche Ave verum durchflutete mit
seinen selig verklärten Klängen den Saal; daran
reihte sich nach einer schwungvollen und gedanken-
tiefen Ansprache des Herrn Krastel das Requiem,
jener Schwanengesang, den sein Verfasser — für
sich selbst geschrieben. Unwillkürlich musste man
daran denken, wie der todkranke Mozart an seinem
letzten Nachmittag ein paar Freunde bei sich ver-
sammelte, um mit ihnen sein neues Werk durchzu-
singen, aber beim wunderschönen Lacr,mosa ange-
langt, von Rührung überwältigt, die Partitur
weglegt, während Thränen seine Stimme ersticken.
Wenige Stunden später war seine Seele aus dem
siechen Körper entflohen und Süßmayer die Auf-
gabe zugefallen, nach den Anordnungen des Ver-
blichenen das noch Fehlende zu ergänzen. Das
großartige Werk ward unter Gericke's Leitung
sorgfältig aufgeführt. Unter den Solisten heben
wir insbesondere Frau Ehrenstein und den unver-
gleichlichen Herrn Walter hervor. Beide fanden,
gleich Frau Körner und Herrn Grengg, für ihre
gediegene Leistung allgemeine Anerkennung.
Bei weitem weniger glücklich war das Pro-
gramm des zweiten Konzertes zusammengesetzt.
Neben vollwichtigen Früchten des Mozart'schen
Genius begegnete man auch minderwertigen Ton-
sätzen, deren innere Bedeutung zu dem feierlichen
Anlass in keinerlei Beziehung stand. Lebhaft sprach
die von Herrn Richter schwunghaft dirigirte
Ouvertüre zur „Zauberflöte" an, ferner das von
Herrn Guido Peters zart und fein gespielte D-moll-
Konzert sowie eine von Herrn Gustav Walter
köstlich gesungene Arie aus „Cosi fan tutte". Doch
damit ist die Liste des Guten nnd Vortrefflichen
auch bereits erschöpft. Was sonst noch gebracht
ward, hätte füglich unterbleiben können. Wir meinen
da in erster Linie die konzertante Symphonie für
Violine und Viola, ein an wolfeilen Wolklängen
reiches, verstaubtes Stück, das liedertafelartige
Abendlied, das übrigens gar nicht von Mozart her-
rührt, und die Symphonie (in Ouverturenform) in
G-dur, eine hübsche, muntere, ziemlich anspruchs-
lose Arbeit, deren Ersetzung durch ein gewichti-
geres und inhaltsreicheres Produkt derselben
Gattung ganz am Platze gewesen wäre.
Von kleineren Konzerten ist zunächst das der
blutjungen, aber nichtsdestoweniger schon rühm-
lich bekannten Violonistin Fräulein Mathilde
Neuffer zu erwähnen, welche im Bösendorfer-Saale
vor einem zahlreichen Publikum neue Proben ihres
tüchtigen Talentes ablegte. Schon der geschmack-
volle Vortrag der Kreutzer-Sonate von Beethoven
nahm die Zuhörer für sie ein. Noch größeren Ein-
druck übte ihre technisch sichere und dabei durch-
geistigte Wiedergabe des Rubinstein'schen Violin-
konzerts, in dessen Außensätzen ihre Fertigkeit
glänzte, während sie in dem innig betonten Andante
herzbestrickende Töne ihrer Geige entlockte. Es
klang das wie ein ergreifender Monolog eines
schönen Schauspiels. Solche lyrische Ergüsse bilden
den Triumph des Solospielers, der da in feiner
Schattirung den angebornen Adel seiner Künstler-
schaft zeigt und in ausdrucksreicher Nuancirung
das Feld für eine volle Entfaltung seines indivi-
duellen Empfindens findet. Recht gelungen war
auch der Vortrag eines polnischen Nationaltanzes
von Scharwenka, der, frischzügig gespielt, be-
deutende äußere Wirkung erzielte. Die Zwischen-
pausen füllte ein jugendlicher Sänger, Herr Viktor
Krawani aus, der anfangs des Lampenfiebers
halber recht zaghaft sang, bald aber mehr Muth ge-
wann, die Schüchternheit abstreifte, seine schönen,
echt baritonalen Stimmmittel nun ungescheut her-
vorkehrte und damit Kleinigkeiten von Kremser,
Meyer-Helmund und namentlich einem Liedchen
des Löwen des Tages — Pietro Mascagni's „Ent-
sagung" zum Siege verhalf.
Auch die Singakademie hatte sicli mit ihrem
ersten Konzert eingestellt. Das Programm bot ein
buntes Vielerlei. Alte a cafeeHa-Chöre, moderne
Chornummern, Violinstücke, Sologesänge und kleine
Kantaten erklangen da nacheinander. Es war also
bestens dafür gesorgt, dass jeder das ihm Passende
finde. Die Aufführung der Chöre unter der Leitung
Max v. Weinzierl's war trefflich. Nach einem klang-
vollen Chor von Arrey v. Dommer erfreute eine
frisch gestimmte Gagliarda von dem altdeutschen
Tonsetzer Hans Leo Hasler, desgleichen ein
hübscher Volkschor von Daniel Friederici mit
eigenthümlicher Schlusswendung. Eine Neuheit ward
in den Weihnachtsliedern von Peter Cornelius
aufgetischt. Ab und zu tauchen anmuthige Stellen
auf, leider aber ist die Komposition in jener un-
glücklichen modischen Manier verfasst, die den
Textworten ängstlich nachhinkt, ihnen sklavisch
nachlallt und übergenügsam dabei auf selbständige
musikalische Schönheit Verzicht leistet. Herr August
Duesberg entzückte durch ausdrucksreichen und
fein detaillirten Vortrag von Tonsätzen Bach's,
Beethoven's und namentlich der Meistersinger-
Paraphrase. Fräulein Friederike Mayer wusste
einige Lieder, worunter das „Vergiss mein nicht"
von Mozart, „An Sylvia" von Schubert, reizvoll
zur Geltung zu bringen. Eine Hymne von Felix
Mendelssohn beschloss würdig den genussreichen
Abend. Dr. Max Diet^.