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Allgemeine Kunstchronik: ill. Zeitschr. für Kunst, Kunstgewerbe, Musik, Theater u. Litteratur — 15.1891

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Allgemeine Kunst-Chronik. XV. Band Nr. 26
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https://doi.org/10.11588/diglit.73795#0773
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Allgemeine Kunst-Chronik.

715

Auch an jenen Kraftworten, wie sie in einer Szene
zwischen den beiden Kontrastfiguren des Stückes in die
Galerie hinaufgeschrien werden, an jenen hohlen, aufge-
lesenen Banalitäten, welche man „zündende Schlager"
nennt, fehlt es gleichfalls nicht, und die Galerie dankte
denn auch mit Beifallsalven und hellem Jubel. Der
Darstellung lässt sich nicht viel nachrühmen, bloß^ Herr
Kadelburg, der den Ehemann zu einer lebendigen Gestalt
verkörperte, verdient Erwähnung.
Giovanni Verga's einaktiges Drama „Cavalleria
rusticana" wurde in der Übersetzung von Otto Eiben-
schütz am Lessing-Theater gegeben, und es fand sich,
dass dieses Stück auch ohne die leidenschaftlich hin-
reißende Musik Mascagni's Bühnenwirksamkeit genug
besitzt, um einen bedeutenden Erfolg zu erringen, Was
umsomehr gilt, als ja die Handlung vom Opernhause her
bekannt war und also das Interesse einigermaßen ab-
gestumpft sein musste. Jedoch wirkte die Ursprünglich-
keit und die erdkräftige Leidenschaft dieses Dramas,
losgelöst vom opernhaften Gestus, frisch und un-
mittelbar. Es machte sich ganz hübsch und eigenartig,
diesen viel natürlicheren Menschen, als sie in der Oper
sind, gegenüberzusitzen und zu all den Vorgängen auf
der Bühne immer jene prachtvolle Musik ganz leise im
Kopfe summen zu hören.
Am Residenztheater errang die französische Posse
„Mangodin" einen stürmischen Heiterkeitserfolg. Auf
eine Kritik des Stückes gehe ich weiter nicht ein. Es
ist lustig, man lacht sich halbkrank und hat die Em-
pfindung, dass eine Kritik hier nicht am Platze wäre.
Die Feier des hundertjährigen Todestages von
Mozart wurde auch hier in würdiger Weise begangen.
Von den zahlreichen Veranstaltungen hebe ich den
Mozart-Zyklus im königlichen Opernhause hervor, der
mit „Idomeneus" begann, welchem „Die Entführung aus
dem Serail", „Figaro's Hochzeit", „Don Juan", „Cosi
fan tutte", „Titus" und die „Zauberflöte" folgten. Standen
auch die Aufführungen nur theilweise auf der Höhe, so
muss doch der gute Wille, der einem zu diesen Vor-
stellungen verhalf, rückhaltslos anerkannt werden.
F D.
*
Düsseldorf, im Dezember.
Das Stadttheater wurde mit dem Beginn der
Saison von Herrn Stägemann übernommen, und es lässt
sich nicht verkennen, dass derselbe bezüglich des Schau-
spiels eine erhebliche Verbesserung geschaffen hat. Die
Aufführungen haben durchwegs bewiesen, was eine gute
Regie zu leisten vermag, denn die Kräfte stehen im
allgemeinen kaum höher als in den früheren Jahren.
Herr Stägemann hat mit großen Opfern manche Ver-
besserungen gebracht, die alle Aneikennung verdienen.
In der Wahl der Neuheiten hatte der neue Direktor
weniger Glück. Wildenbruch's „Neuer Herr" hatte
keine dauernde Zügle? aft und dessen „Haubenlerche" wurde
eher abgelehnt als günstig aufgenommen. Blumenthal's
„Große Glocke" und „Zweites Gesicht" können sich
gleichfalls keiner günstigen Aufnahme rühmen, obgleich
die Aufführungen mustergiltig waren.
Um auch von der Oper zu reden, so ist es H.rrn
Stägemann nicht gelungen, ein Ensemble zu erreichen,

wie dies zu wünschen gewesen wäre. Die Damen Frank,
B. Schindler, Krammer, wie auch Fräulein Gradl,
welche alle sich groß: Schätzung erworben haben, können
die Mängel nicht ersetzen, die sich bei den Herren gel-
tend machen. Herr Vilmar erwies sich als ein fertiger
und verlässlicher Sänger, dem auch ein gutes Spiel zur
Seite steht. Herr Marian Alma erfüllt diese letztere
Anforderung nur zum Theile. So fehlt denn manches,
um eine befriedigende Aufführung großer Opern zu er-
möglichen. T.

Lächeln lerne,
Lächeln lerne; wie der Himmel,
Der, von Leid und Groll bewegt,
Nachts im Sternenlichtgewimmel
Tausend goldne Träume hegt.
Hat's gestöhnt, vom Sturm zerrissen,
Ruht das Meer im Abendschein,
Und auf rosenrothen Kissen
Schläft die leise Welle ein.
Lichtgedanke war dein Flügel
Nach der Wal;rheit Götterbild,
Hochgefühl dein goldner Zügel,
Muth dein Schwert und Kraft dein Schild.
Warst von reiner Glut durchdrungen,
Hast gekämpft, geharrt, gewacht,
Liegst nun auf den Sand gerungen
Von des Zweifels finstrer Macht.
Lächeln lerne. Ob auch höhnend
Dich umringt des Pöbels Chor,
Trag', mit Erdendunst versöhnend,
Der Gedanke dich emp)r;
Lerne fern von ihren Bahnen
Deinem Herzen stolz vertra/n,
Lächeln lern' und selig ahnen,
Was die Augen nimmer schau'n.
Franz Herold.

Dramen,
„Francesca da Rimini." Tragödie in fünf Akten
von Martin Greif. '(Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt,
1892.) Dieser neuesten Schöpfung des fruchtbaren Schrift-
stellers ließen sich mancherlei Vorzüge nachrühmen, vor
allem rasch pulsirendes dramatisches Leben und eine in
rhythmischem Wollaut tönende Sprache, welche nur ganz
im Anfang nicht leicht genug fließt. Greif's „Francesca"
ist nicht die Dante'sche und ersetzt sie ,uns nicht. Wir
wollen es nicht missen, wie sie mit dem Geliebten an
jener Stelle des Buches nicht weiter liest, schuldig wird
und dafür mit ihm in der Dante'schen Hölle schmort.
Die „Francesca" Greif's ist schuldlos wie ein neugeborenes
Kind, die nicht verdient, zu leiden und glücklos zu
sterben und noch weniger in die Hölle zu kommen. Die
Rolle der tragischen Schuld übernimmt hier die Rache
eines Vaters für die Entehrung der Tochter durch Lan-
ciotto vor seiner Verheiratung mit Francesca, Die ent-
 
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