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L. DEUBNER
sie, ihre Lippen giessen Speichel aus, sie brüllt wie ein Löwe,
sie heult wie ein SchakaL (Zeitschrift für Assyriologie 1902,
148). Dieterich hat die Darstellung auf der Amphora des
Louvre zitiert (S. 88, 4), aber nicht gesehen, dass der Leidener
Papyrus Milchhöfers Deutung auf das schlagendste bestätigt:
der Phobos der Kosmogonie ist καθωπλισμενος, der Phobos
Milchhöfers trägt einen Brustpanzer. Die Einzelheit ist um so
bemerkenswerter, als die beiden Zeugnisse durch einen Zeit-
raum von mindestens 600 Jahren getrennt sind. Der Vasen-
darstellung tritt ein Münzbild zur Seite : ein Stater von Kyzikos
(Head Historia numm. 452, 276 = Head - Svoronos πίν. κδ' 6)
zeigt eine geschwänzte männliche Flügelfigur, den Löwenkopf
zurückgewendet, im Knielauf nach links eilend, den Thunfisch
in der Rechten1. Die Analogie des Vasenbildes veranlasste
Imhoof-Blumer schon in seinen Monnaies grecques 242 zu Nr. 71
die Deutung auf Phobos auszusprechen 2.
Es ist der Götter Schicksal, dass sie Gespenster werden, wo
Glaube in Aberglauben sich wandelt. Der Gott des Krieges
sinkt herab zum gestaltlos huschenden Schreckbild der Nacht.
So nennt Selene, die zauberische Göttin des Mondlichts, bei
dessen Schein Schweigen und Schlaf über Erde und Menschen
kommen und die Geister der Nacht sich regen, in der Κόρη
κόσμου des Hermes Trismegistos (Stob. 1, 49, 44. S. 393, 15
Wachsm.) Phobos, Sige und Hypnos unter ihren Kindern. So
wird in den orphischen Hymnen Nyx gebeten : φόβους δ’ άπό-
πεμπε νυχαυγεις (III 14)) so nennen sie den Korybanten φόβων
αποπαΰστορα δεινών (XXXIX 3), so wird ebenda Pan angerufen:
φαντασιών έπαρώγέ φόβων τ’ εκπαγλε βροτείων (XI 7)· Vor den
bösen Geistern musste der Zauber schützen, darum grub man
in einen Amulettstein die Worte προς δαίμονα[ς] κα'ι φόβους3.
Die Vorschrift zur Bereitung eines Zaubermittels hat der Papy-
rus CXXIV des Britischen Museums erhalten. Wir lesen bei Wes-
1 Milani a. a. 0. 72 sieht in dem Thunfisch ein Wassergefäss und im Löwen-
schwanz ein Pedum ; darum gehört der Dämon in den dionysischen Kreis. Noch
Seltsameres ist auf S. 82 über das Vasenbild zu lesen.
2 Vgl. auch Imhoof-Blumer und Otto Keller Tier-und Pflanzenbilder auf
Münzen und Gemmen, Taf. XII 23.
3 IGSicIt 2413, 8. Vgl. Dieterich Abraxas S. 89.
L. DEUBNER
sie, ihre Lippen giessen Speichel aus, sie brüllt wie ein Löwe,
sie heult wie ein SchakaL (Zeitschrift für Assyriologie 1902,
148). Dieterich hat die Darstellung auf der Amphora des
Louvre zitiert (S. 88, 4), aber nicht gesehen, dass der Leidener
Papyrus Milchhöfers Deutung auf das schlagendste bestätigt:
der Phobos der Kosmogonie ist καθωπλισμενος, der Phobos
Milchhöfers trägt einen Brustpanzer. Die Einzelheit ist um so
bemerkenswerter, als die beiden Zeugnisse durch einen Zeit-
raum von mindestens 600 Jahren getrennt sind. Der Vasen-
darstellung tritt ein Münzbild zur Seite : ein Stater von Kyzikos
(Head Historia numm. 452, 276 = Head - Svoronos πίν. κδ' 6)
zeigt eine geschwänzte männliche Flügelfigur, den Löwenkopf
zurückgewendet, im Knielauf nach links eilend, den Thunfisch
in der Rechten1. Die Analogie des Vasenbildes veranlasste
Imhoof-Blumer schon in seinen Monnaies grecques 242 zu Nr. 71
die Deutung auf Phobos auszusprechen 2.
Es ist der Götter Schicksal, dass sie Gespenster werden, wo
Glaube in Aberglauben sich wandelt. Der Gott des Krieges
sinkt herab zum gestaltlos huschenden Schreckbild der Nacht.
So nennt Selene, die zauberische Göttin des Mondlichts, bei
dessen Schein Schweigen und Schlaf über Erde und Menschen
kommen und die Geister der Nacht sich regen, in der Κόρη
κόσμου des Hermes Trismegistos (Stob. 1, 49, 44. S. 393, 15
Wachsm.) Phobos, Sige und Hypnos unter ihren Kindern. So
wird in den orphischen Hymnen Nyx gebeten : φόβους δ’ άπό-
πεμπε νυχαυγεις (III 14)) so nennen sie den Korybanten φόβων
αποπαΰστορα δεινών (XXXIX 3), so wird ebenda Pan angerufen:
φαντασιών έπαρώγέ φόβων τ’ εκπαγλε βροτείων (XI 7)· Vor den
bösen Geistern musste der Zauber schützen, darum grub man
in einen Amulettstein die Worte προς δαίμονα[ς] κα'ι φόβους3.
Die Vorschrift zur Bereitung eines Zaubermittels hat der Papy-
rus CXXIV des Britischen Museums erhalten. Wir lesen bei Wes-
1 Milani a. a. 0. 72 sieht in dem Thunfisch ein Wassergefäss und im Löwen-
schwanz ein Pedum ; darum gehört der Dämon in den dionysischen Kreis. Noch
Seltsameres ist auf S. 82 über das Vasenbild zu lesen.
2 Vgl. auch Imhoof-Blumer und Otto Keller Tier-und Pflanzenbilder auf
Münzen und Gemmen, Taf. XII 23.
3 IGSicIt 2413, 8. Vgl. Dieterich Abraxas S. 89.